Rheines Gold
geprägte, natürlich. Ich achtete darauf, sie von dem Wechsler zu erhalten. Es ist nicht leicht, solche wenig abgenutzten Exemplare in die Finger zu bekommen.«
»Wer ist das? Die habe ich noch nie gesehen.«
»Der derzeitige Kaiser, Traianus.«
Der Goldschmied nickte zufrieden und nahm auch davon einen Abdruck.
»Und nun das Rohmaterial!«
Ein Ledersäckchen wurde auf den Tisch gelegt, der glitzernde Inhalt in eine Waagschale geschüttet. Der Handwerker rechnete mit flinken Fingern auf dem Rechenbrett die Anzahl der daraus zu prägenden Münzen aus und nannte dem Kunden eine stattliche Summe.
»Zwanzig Prozent für mich, Meister.«
»Wucher!«, fauchte der ihn an. »Bisher hast du zwölf Prozent genommen.«
»Du vergisst das Risiko! Seit letztem Winter haben mich seine Ädilen schon zweimal aufgesucht. Wenn die bei mir die Prägestöcke finden, bin ich dran.« Dann zeigte er ein zahnlückiges Grinsen. »Und du auch, Meister!«
Ehe er sich’s versah, hatte der Kunde ihn an der Gurgel gepackt und drückte zu.
»Wenn aus dir ein einziges Wort herauskommt, du Barbarenhund, dann werden meine Leute dir das Fell bei lebendigem Leib abziehen.«
Das Grinsen war gänzlich aus des Goldschmieds Gesicht verschwunden, er schnappte keuchend nach Luft, und als der Mann ihn losließ, fiel er gegen seinen Arbeitstisch. Leise klirrten die Goldmünzen. Die Drohung war nicht zu unterschätzen. Er wusste, wer die harthändigen Männer seines Auftraggebers waren, und er hatte schon Resultate ihrer Behandlungsmethoden gesehen. Außerordentlich unterwürfig stammelte er eine Entschuldigung und erklärte seine Bereitschaft, in jedem Fall zu schweigen. Er war auch mit einem Anteil von zwölf Prozent einverstanden. Immerhin hatte er ja zwei sehr exakte Münzstempel durch diesen Kunden erhalten, und es gab noch andere, die verstohlen mit ihren goldgefüllten Beutelchen zu ihm kamen. Vor allem jetzt, da das Tauwetter eingesetzt hatte und die Bäche fröhlich plätscherten.
Mochte er auch darüber zufrieden gestellt sein - sein jetziger Kunde war es nicht, und für seinen nächsten Auftrag suchte er einen anderen Goldschmied auf, mit dem er schon zuvor einige Geschäfte abgewickelt hatte. Doch sie waren anderer Art, denn seine Spezialität war die Herstellung zierlicher Götterstatuen und eleganten Schmucks, mit dem man die Herzen der Frauen erobern konnte. Oder wenigstens ihr Bett.
Da er sich ohnehin in der Stadt aufhielt, besuchte er anschließend auch noch die Therme, wo er ein ausgiebiges und entspannendes Bad genoss.
8. Kapitel
Bewerber
Besonders wenn er gepflegt ist
und mit dem Spiegel auf freundschaftlichem Fuß steht,
wird er glauben, dass selbst Göttinnen von Liebe
zu ihm ergriffen werden können.
OVID, ARS AMATORIA
Das Esszimmer des Wohntraktes war von mehreren Öllampen erhellt, die in einem eisernen Leuchterkranz von der Decke hingen. Noch drang die blaue Dämmerung durch die offenen Fenster, und die Vögel füllten flötend und tirilierend den Raum mit ihrem Abendgesang. Es war ein herrschaftliches Gemach, die Wände rot getüncht und von aufgemalten schwarzen Säulen in gleichmäßige Rechtecke unterteilt. Oben, unter der Decke, lief ein sorgfältig gearbeiteter Palmettenfries entlang. Der Boden hingegen war mit einem geometrischen schwarz-weißen Mosaik belegt. Um einen niedrigen quadratischen Tisch standen drei gepolsterte Liegebänke, die jeweils Platz für zwei Personen boten. Crassus lag den beiden Frauen gegenüber, die sich die zweite Kline teilten. Früher hatten Maurus und Rufina gemeinsam darauf gelagert, und Fulcinia hatte die für Gäste bestimmte dritte Liege benutzt. Diese Bank war jetzt unbesetzt, denn seit einigen Wochen lag sie nun beim Essen hinter Rufina, und diese war ihr dankbar dafür.
Sie speisten nicht jeden Tag in der aufwändigen Art, doch das Ende der Floralia hatte Rufina zum Anlass genommen, Irene ein kleines Festmahl für die Familie bereiten zu lassen. Früher hatten sie zu derartigen Essen auch Gäste eingeladen, vor allem Maurus’ Freunde und Bekannte. Doch seit dem Februar hatten sie ein zurückgezogenes Leben geführt. Immerhin unterhielt Crassus die beiden Frauen mit den Neuigkeiten aus der Stadt. Da er ein passionierter Besucher des Forums und der dort befindlichen Tavernen und Gasthäuser war und sich ausgiebig an den Gesprächen der Männer beteiligte, wusste er bestens Bescheid über die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in der Colonia.
»Die Wahlen
Weitere Kostenlose Bücher