Rheines Gold
die näher?«
»Die so protzigen Schmuck trägt?«
»Genau die meine ich.«
»Nein, sie scheint mit Camilla befreundet zu sein, die hat sie zumindest zu den Floralia mitgebracht. Warum fragst du nach ihr, Rufina?«
Rufina zuckte mit den Schultern.
»Eine winzige kleine Verbindung - weil wir von Germanen entführt werden.«
»Was sollte die Frau für ein Interesse an uns haben?«
»Sie vielleicht nicht selbst. Aber ich hörte, sie hat einen reichen Gönner. Ich wüsste gerne, wer das ist.«
»Keine Ahnung. Ich mag die Frau nicht, sie sieht mich immer so hochmütig an. Dabei bin ich die Gattin des Statthalters.«
»Tja, sie fühlt sich sehr wichtig. Na gut. Wer wird dich als Erstes vermisst haben, als du um die Mittagszeit nicht nach Hause gekommen bist, Sabina?«
»Die Köchin vielleicht?«
»Dein Gemahl?«
»Er natürlich. Aber er ist letzte Woche nach Novaesium 6 aufgebrochen.«
Nach weiteren Befragungen konnte sich Rufina ungefähr ein Bild davon machen, was im Haushalt des Statthalters passieren würde, wenn Sabina Gallina nicht von ihrem morgendlichen Bad zurückkehrte. Einigermaßen zuverlässig schien der Haushofmeister zu sein, und wenn die aufgeregten Dienerinnen das Verschwinden ihrer Herrin gemeldet hatten, würde er wohl einen reitenden Boten seinem Herren hinterherschicken. Ob er aber selbst die Suche einleiten würde, war wohl fraglich. Mit Sicherheit aber würde er die Therme aufsuchen und dort auf Crassus und Fulcinia treffen.
Sabina war inzwischen doch ihrer Erschöpfung erlegen und hatte sich unter der Decke zusammengerollt. Ihr gleichmäßiger Atem ließ auf einen tiefen Schlaf schließen. Rufina hätte es ihr gerne gleichgetan, war aber inzwischen hellwach, und ihre Gedanken ratterten wie Kutschräder in ihrem Kopf.
Ja, auch in ihrem Haus würde man sie spätestens am Nachmittag vermissen - wenn die Kinder von ihren Lektionen zurückkehrten. Sie fragte sich, wie ihre Mitbewohner wohl reagieren würden. Crassus, vermutete sie, würde versuchen, sich einzureden, sie sei einfach nur eine Bekannte besuchen gegangen und habe nach Frauenart die Zeit verschwatzt. Irene, die Köchin, würde lustvoll Schreckensszenarien entwerfen. Hoffentlich nicht vor den Ohren von Maura und Crispus. Die beiden würden vermutlich darauf vertrauen, sie würde am Abend wieder zurück sein. Rufina tat das Herz weh, als sie an ihre beiden Kinder dachte. Sie hatten den Tod ihres Vaters noch immer nicht verkraftet. Nach wie vor glaubten sie fest daran, er sei nur auf eine lange Reise gegangen, wie schon so oft zuvor. Sie erwarteten, ihn eines Tages mit Geschenken beladen wieder in der Türe stehen zu sehen. Nur Maura hatte hin und wieder einen seltsamen Blick in den Augen, wenn sie von ihm sprach. Rufina nahm an, sie könne allmählich an ihrer Überzeugung zu zweifeln beginnen. Nun war auch sie so ohne Abschied verschwunden - mochten die Götter wissen, welche Ängste und Zweifel ihre Tochter und ihren Sohn nun beutelten. Fulcinia war vermutlich die Einzige, die sich realistische Gedanken machen würde. Sie würde auch die Kinder trösten. Und sie würde ebenfalls anfangen, Fragen zu stellen. Was würde sie zu hören bekommen, überlegte Rufina und ließ die letzten Momente in der Therme in ihrer Erinnerung entstehen.
Mit Erla hatte sie zuletzt an diesem Morgen gesprochen. Die Salbenhändlerin wusste von ihrer Absicht, Sabina massieren zu wollen. Erla - irgendetwas hatte mit ihr nicht gestimmt. Ihre Tochter, die ansonsten die Aufgabe als Masseurin übernommen hatte, war nicht zur Arbeit erschienen. Konnte das Absicht gewesen sein? Oder war es Zufall? Wenn es Absicht war, dann hatte derjenige, der Sabina entführen wollte, auch sie selbst haben wollen. Aber das war doch absurd! Nein, hier lag ein seltsamer Zufall vor. Wer immer Sabina aus der Therme verschleppen wollte, hatte auf einen Augenblick gewartet, in dem sie möglichst alleine war. Das war eben gewöhnlich der Fall, wenn sie sich massieren ließ. Wäre Erlas Tochter da gewesen, hätte man vermutlich sie mitgeschleppt. Oder einfach bewusstlos liegen lassen? Nein, wahrscheinlich nicht. Sie wäre zu schnell aufgewacht und hätte Alarm geschlagen.
Das warf die nächste Frage auf - wer hatte sie überwältigt? Rufina konnte sich nicht vorstellen, wie einer der vier Germanen unbeobachtet in die Therme hatte eindringen können. Nicht vormittags, wenn das Bad den Frauen vorbehalten war. Andererseits hielt sie sich selbst für durchaus in der Lage, sowohl
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