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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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auf, strich Rufina wie zufällig über die kurzen, wirren Haare und richtete ihr dann schweigend das Lager.
    Rufina hatte nicht geglaubt, einschlafen zu können, doch kaum hatte sie sich auf dem Felllager ausgestreckt, war sie in tiefen, traumlosen Schlummer versunken.
    Wolfrune aber befragte noch einmal die Zeichen und betrachtete dann lange nachdenklich ihr stilles Gesicht.
     
    Als sie aufgewacht war, schien eine unbekannte, neue Kraft sie zu durchströmen. Es war nicht nur die Nahrung und der erholsame Schlaf, nicht nur die Erleichterung, ohne Angst dem Morgen begegnen zu können. Rufina hatte das Gefühl, als sei über Nacht in ihr ein Pflänzchen gekeimt, das nun austrieb, kräftig und bestrebt, zur Sonne zu gelangen. Es schien ihr auch, als ob ihre Trauer plötzlich erträglicher geworden wäre, und als sie noch einmal die Augen schloss, sah sie Maurus’ Gesicht so deutlich vor sich, als säße er neben ihr auf dem Lager. Sie wunderte sich nur über den dicken Fellumhang, den er trug. Dann verschwand das Bild, und sie stand auf.
    Als sie aus der Hütte trat, fand sie sich alleine. Der Nieselregen hatte sich in der Nacht verzogen, und über den Baumwipfeln ging eine rote Sonne auf. Rufina folgte dem ausgetretenen Pfad hinter das Haus und hörte ein melodisches Singen, doch die Stimme war rau und tief. Gleich darauf entdeckte sie Wolfrune, die sich in der Quellfassung eines der vielen klaren Bächlein des Waldes wusch. Sie war nackt, und ihr muskulöser Körper schimmerte im Licht der Morgensonne golden. Sie war vielleicht nach römischen Maßstäben keine schöne Frau, aber es umgab sie eine Aura vibrierender Vitalität.
    Rufina lächelte ihr zu.
    »Ich betreibe eine Therme in der Colonia. Wenn du einmal ein wirklich luxuriöses Bad nehmen willst, dann bist du herzlich eingeladen, Wolfrune.«
    Wolfrune lachte auf und meinte: »Ich komme nicht in die Stadt, doch ich danke dir. Hier habe ich allen Luxus, den ich brauche. Komm her!«
    Rufina trat an die von einigen unbehauenen Steinen eingefasste Quelle, die so ein Becken bildete. Ein Sonnenstrahl beleuchtete den Grund, und es blitzten tausend Funken auf. Der Boden war über und über bedeckt mit Goldflimmer.
    »Ja, das kann ich mir vorstellen.« Rufina war fasziniert von dem Bild, aber sie wagte nicht, ihre Hand ins Wasser zu tauchen. Befriedigt betrachtete Wolfrune sie und nickte.
    »Ich erfreue mich daran, aber ich lasse es, wo es ist.«
    »Das würde ich auch tun. Es ist schön, so wie es ist.« Dann fügte sie mit einem kleinen Lächeln hinzu: »Du erinnerst mich sehr an Fulcinia. Sie ist meine Freundin, und auch sie findet Genüge an den kleinen Dingen.«
    Wolfrune zog ihre Tunika über den feuchten Körper.
    »Fulcinia muss eine weise Frau sein.«
    »Eine sehr weise. Ich wünschte...« Rufina sann plötzlich über eine eigenwillige Verbindung nach. »Ja, ich wünschte, ihr beide würdet euch kennen lernen.«
    »Was sein soll, wird geschehen.«
    »Es ist seltsam, ihr seid einander ansonsten überhaupt nicht ähnlich, und doch gleicht ihr euch.«
    Zum ersten Mal zeigte Wolfrune eine Spur von Neugier.
    »Worin?«
    »Sie war eine der vestalischen Jungfrauen. Und sie behauptet, sie sei es noch.«
    Mit kaum unterdrückter Verblüffung sah die Germanin Rufina an. »Du machst dir recht außergewöhnliche Freunde, Füchsin. Die eine hütet das Feuer, die andere das Wasser.« Dann aber bemerkte sie mit einem seltsamen Unterton: »Na ja, eine Jungfrau bin ich allerdings nicht.«
    »Nein, auch du hast Kinder geboren.« Ein Blick auf Wolfrunes Bauch hatte ihr diese Vermutung eingegeben.
    »Ja, zwei, mehr wollte ich nicht.«
    Rufina schüttelte den Kopf.
    »Mehr wolltest du nicht?«
    Wolfrune begann zu lachen.
    »Komm mit, ich kann dir wenigstens dafür deutlichere Weisung geben, als den geraunten Rat der Runen.«
    Die Wölfin kam aus dem Unterholz herbei und legte Wolfrune einen Hasen vor die Füße. Die Frau murmelte einige Worte, die wie Lob klangen, dann sah sie hoch.
    »Du wirst jetzt noch etwas essen. Dann machst du dich auf den Weg.«
    »Ja, das sollte ich wohl.«
    Wolfrune hatte am Abend Körner in den Rest der Suppe geworfen, die nun zu einem dicken, schmackhaften Brei aufgequollen waren. Sie erschien an diesem Morgen viel weniger geheimnisvoll. Sie war eine Frau von großen Kenntnissen, was Kräuter und Pflanzen anbelangte, und auch was den weiblichen Körper und seinen mit dem Mond verbundenen Rhythmus betraf. Rufina hörte ihr mit Wissbegierde zu und lernte

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