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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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gehen und Sabina Gallina retten?«
    Silvian hob die Arme in den Nacken und verschränkte die Finger hinter dem Kopf.
    »Schwer zu sagen. Aus eigenem Antrieb werden sie die Frau des Statthalters von Niedergermanien nicht entführt haben. Das halte auch ich, genau wie du, für unwahrscheinlich. Aber es könnte trotzdem möglich sein. Dann werden sie sie nicht kampflos freigeben. Auf einen Kampf mit ihnen möchte ich es aber lieber nicht ankommen lassen.«
    »Das verstehe ich.«
    Rufina wurde von einem ausgedehnten Gähnen gepackt, und Silvian stand auf, um zu ihr zu gehen.
    »Du musst todmüde sein, Rufina!«, sagte er mit sanfter Stimme. »Ich denke, du legst dich am besten in mein Bett. Ich werde heute Nacht ein anderes Lager finden.«
    »Du kannst mir eine Decke geben. Der Boden reicht mir. Ich bin nicht mehr besonders anspruchsvoll.«
    »Kommt nicht in Frage.«
    Sie war zu erschöpft, um lange zu diskutieren; wenig später lag sie in Silvians Bett und bekam kaum noch mit, wie er die Lichter löschte.

17. Kapitel
    Runenrat: Mannaz
    Kannst du diese Hand anfassen,
die einem Menschen das Leben nahm?
    OVID, AMORES
     
    Es war schon heller Tag, als sie wieder erwachte. Sie war alleine, und die Geräusche, die von draußen hereinklangen, meldeten ihr, dass es geschäftiges Arbeiten gab. Interessanterweise hatte sich dieses Gefühl wieder eingestellt, das sie auch am Morgen zuvor gespürt hatte. Eine wachsende Kraft in ihr, die sie mit einem ruhigen Gleichmut auf die Belastungen der vergangenen Tage reagieren ließ. Sie erhob sich und fand auf dem Hocker neben dem Bett saubere Kleidung. Männerkleidung allerdings. Sie lächelte. Ihre Meinung über Baumeister Silvian hatte eine Wandlung erfahren. Er mochte zwar ungeschliffen sein und gelegentlich ein rechter Polterer, aber er hatte sich am gestrigen Tag wirklich als Freund erwiesen. Sie konnte nicht umhin, ihn mit Maurus zu vergleichen. Er war gewiss das ausgemachte Gegenteil zu ihrem leichtherzigen, redegewandten Mann, der mit schnellem Witz und bezaubernder Unverbindlichkeit die Herzen gewann. Wenn er sich ärgerte, merkte man es ihm selten an, nur einmal hatte sie erlebt, wie er seinem Unmut in ein paar ausgesucht verletzenden Worten Luft verschaffte. Auch das allerdings leise und höflich. Aber vernichtend. Silvian war bedächtig, wenn er nicht gerade in Wut geriet. Er war aufrichtig und fürsorglich. Weder das eine noch das andere konnte Rufina von dem Mann sagen, von dem sie inzwischen mehr und mehr den Eindruck gewann, er habe beständig eine Maske getragen. Auch ihr gegenüber.
    Aber sie schüttelte die Erinnerungen ab und zog sich an. Als sie die leinenen Beinkleider mit dem Strick in der Taille befestigt, die weite Tunika übergezogen hatte und in die weichen Lederstiefel geschlüpft war, stellte sie mit gewisser Heiterkeit fest, darin Wolfrune gar nicht so unähnlich zu sehen. Aber auch, dass diese Art von Bekleidung durchaus Vorteile bot.
    Ein Junge saß vor der Hütte und grinste sie breit mit einer Zahnlücke an.
    »Ich bin Quintus. Der Baumeister hat gesagt, ich soll auf dich aufpassen.«
    »Hat er gesagt? Und wo ist der Baumeister?«
    »Mit zwei Arbeitern zum Dolmen gegangen. Willst du essen?«
    »Das wäre keine schlechte Idee.«
    »Dann komm mit.«
    Bald danach kam Silvian zurück und betrachtete sie mit einem leisen Lachen.
    »Du siehst aus, als wolltest du als Botenjunge bei mir anfangen.«
    »Wenn ich schon eine Therme führen kann, dann ist das wohl auch noch drin.«
    Aber dann wurde Silvians Miene ernst.
    »Wir haben die Leiche gefunden und untersucht. Schau, was in der Nähe gelegen hat.«
    Er zeigte ihr einen eisernen Reif, in den einige Worte eingraviert waren.
    »Ein Sklavenring«, stellte Rufina erstaunt fest. »Ein entlaufener Sklave, der im Wald den Tod gefunden hat?«
    »So wie es aussieht, ja. Vor mindestens einem Monat. Der Wald kann mörderisch sein.«
    »Ich weiß. Geht aus dem Ring hervor, wer er war?«
    »Ja, er hieß Acacius und gehörte einem Antonius Sextus.«
    »Kennst du einen Mann dieses Namens?«
    »Nein, aber das muss nichts heißen. Es gibt viele Römer, die in der Umgebung ihre Güter haben. Wer weiß, von wo er ausgerissen ist.«
    »Es gibt hier aber nur wenige Römer, die Sklaven halten.«
    »Das ist richtig. Ich werde mich beim Magistrat erkundigen.«
    Aber der Baumeister blieb nachdenklich.
    »Was ist, Silvian? Hast du noch einen anderen Verdacht?«
    »Das nicht. Es macht mich nur nervös, jetzt schon den dritten Toten in

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