Rheines Gold
ein, ein bisschen hilft es.« Dann lächelte er sie herausfordernd an: »Oder soll ich es für dich tun?«
Rufina grinste zurück.
»Wir würden ein hübsches Schauspiel für die Passanten bieten.«
Er nickte, und sie verschwand hinter ein paar Büschen, um sich zu verarzten. Als sie zurückkam, lag Silvian auf dem Rücken und kaute auf einem Grashalm. Sie setzte sich zu ihm und kitzelte ihn mit einer Löwenzahnblüte an der Nase.
»Wie weit ist es noch bis zur Colonia?«
»Fünfzehn oder sechzehn Meilen. Wir sind ziemlich genau auf halber Strecke. Hältst du es noch durch?«
»Ich denke schon.«
»Wir ruhen uns hier noch ein Weilchen aus. Dann reiten wir zu Halvors Dorf, und dort werden wir eine weitere Rast machen.«
Rufina streckte sich neben ihm im warmen Gras aus, und er schob seinen Arm unter ihren Nacken. Dankbar döste Rufina vor sich hin, bis Silvian sie weckte. Die Sonne hatte den Zenit überschritten, und er meinte: »Die Pferde müssten jetzt ausgeruht sein. Machen wir uns wieder auf den Weg.«
Sie erreichten das Germanendorf am frühen Nachmittag. Es war eine ländliche Ansiedlung mit strohgedeckten Häusern, Kleintierpferchen, Heuschobern und einigen Handwerkerhütten. Ein Töpfer hatte seine Schüsseln und Krüge zum Trocknen in die Sonne gestellt, an einer Leine hingen frisch gefärbte Leinentücher, ein Mann schnitzte an einer Heugabel, zwei Frauen rupften Hühner, Kinder balgten sich mit Johlen und Geschrei, eine Alte flocht, im Schatten sitzend, eine Binsenmatte. Sie alle sahen auf, als die beiden Reiter eintrafen. Silvian schien bekannt zu sein, es flogen Grußworte hin und her, und eines der Kinder rannte los, um Halvor zu holen.
»Wir haben Glück, Rufina, er ist heute von der Jagd gekommen.«
Rufina stieg vom Pferd und fühlte sich steifbeinig. Sie bewegte sich wohl auch so, denn mit einem mitfühlenden und merklich erstaunten Blick begrüßte sie der hochgewachsene Germane.
»Welch unerwarteter Besuch! Ein beschwerlicher Ritt, kleine Domina?«
»Eine ungewohnte Fortbewegungsart. Doch lange nicht so unbequem wie in einem Tragekorb!«
»Ja, ich hörte es. Doch du hast offensichtlich eine Möglichkeit gefunden, deinen Häschern zu entkommen. Erstaunlich! Ist das der Grund, warum ihr hier seid?«
»Ja, Halvor.«
»Dann kommt mit in mein Haus, eine Erfrischung wird euch gut tun.«
Er führte sie in eines der größeren Häuser und wies ihnen den Platz auf den hölzernen Bänken an. Ein sehr junges Mädchen brachte ihnen Becher und einen Krug voll Met.
»Du hast sie gefunden, Silvian?«
»Umgekehrt, Rufina hat mich gefunden. Am besten erzählt sie dir selbst, was passiert ist. Und stellt ihre Fragen.«
Halvor nickte und hörte dann konzentriert zu.
»Ja, ich war vor zwei Tagen in der Colonia. Man sprach von fast nichts anderem als von der Entführung der Frau des Statthalters. Und mit ihr die Patrona der Therme.«
»Mehr hast du nicht gehört?«
»Nein. Aber ich hatte auch Geschäfte zu erledigen, das Geschwätz in den Gassen kümmert mich wenig.«
»Sabina Gallina ist befreit, die vier Männer sind dabei umgebracht worden.«
Halvor starrte Rufina einen Moment lang an.
»Das wusste ich nicht.«
Sie holte Erkmars Fibel aus der Tasche und legte sie auf den Tisch vor sich.
»Kennst du den Träger dieser Fibel?«
Er besah sie sich sehr genau, schüttelte dann aber den Kopf.
»Möglich. Es ist eine eindrucksvolle Arbeit, sehr schwer und sehr kostbar. Ihr Träger muss vermögend gewesen sein.«
»An Gold.«
»Worauf willst du hinaus, Silvian?«
»Das weißt du sehr wohl.«
Halvor schüttelte den Kopf. »Ich kenne ihn nicht.«
»Erkmar, Holdger, Aswin und Thorolf hießen sie, und sie stammen aus einem kleinen Dorf bei Belgica.«
»Nicht mein Gebiet, Silvian, das weißt du ganz genau. Mir tut es Leid, dass sie sich zu dieser Sache entschlossen haben. Es tut mir ebenfalls Leid, dass du dadurch solchen Beschwernissen ausgesetzt warst, Aurelia Rufina. Aber ich kann dir nicht helfen.«
»Kennst du den Statthalter?«
»Ich habe einmal mit ihm gesprochen. Wegen der Tributzahlungen.«
»Hat er dir zugehört?«
»Er hat versprochen, sich um die Angelegenheit zu kümmern.«
»Glaubst du, er tut es?«
»Er schien mir ein gerechter Mann zu sein. Wenn du vermutest, ich hegte einen Groll gegen ihn und hätte deshalb sein Weib entführen lassen, irrst du, kleine Domina.«
»Aswin hat sich mit deiner Tochter getroffen.«
»Meine Tochter trifft sich mit vielen Männern. Mit
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