Rheines Gold
mir nicht mehr!«
Das klang sehr endgültig, und Rufina ahnte, sie würde an dieser Stelle keine weitere Auskunft erhalten. Es musste wohl einen erbitterten Streit zwischen Vater und Tochter gegeben haben. Sie wechselte das Thema.
»Silvian, zeig ihm den Ring.«
Silvian nickte und verließ den Raum, um den Sklavenring zu holen.
»Es gab einen weiteren Toten im Wald. Ich habe seine Überreste gefunden. Er hat schon eine ganze Weile dort gelegen.«
»Du hast eine schlimme Zeit hinter dir.«
Rufina zuckte mit den Schultern. Silvian kam zurück und legte den eisernen Ring vor Halvor.
»Ein Sklave Acacius, von einem Herren namens Antonius Sextus. Hast du von ihm schon mal was gehört?«
»Umgang mit Herren, die Sklaven halten, habe ich nicht. Nein, weder der Tote noch sein Besitzer sind mir bekannt. Sklaven entlaufen, sie tun gut daran. Aber der Wald kann mörderisch sein, wenn man sich nicht auskennt. Du hast es selbst erlebt, Aurelia Rufina.«
»Das habe ich mir auch gesagt. Es war ein Versuch. Vielleicht sogar ein törichter. Eine andere Frage, Halvor. An dem Tag, als wir uns im Wasserkastell getroffen haben, da ist in der Nacht ein Mann in den Kanal gestiegen oder geworfen worden. Erinnerst du dich?«
»Ja, Regulus, ein Diener des Statthalters. Glaubst du, es gibt eine Verbindung zwischen der Entführung und seinem Tod?«
»Könnte es nicht sein? Erst der Diener des Statthalters, dann seine Gattin... Habt ihr in der Nacht nichts bemerkt?«
Der Germane sah sie lange nachdenklich an.
»Warum, Aurelia Rufina?«
»Weil mein Mann ebenfalls in dieser Gegend zu Tode gekommen ist.«
»Wir machen Jagd auf Wildschweine, Rehe, gelegentlich auf Wölfe - nie auf Menschen, wenn du das meinst.«
Sie sah ihm gerade in die Augen, und er hielt ihrem Blick stand.
»Und andere?«
»Nicht meine Leute.«
»Und andere?«
Halvor seufzte.
»Du bist ein hartnäckiges Weib, Aurelia Rufina. Also gut. Ja, wir haben etwas gesehen. Nicht ich selbst, aber zwei meiner Männer, die vom Rhein zurückkamen.«
»Schwer mit Fellen beladen?«
Er hob die Schultern. »Jedenfalls haben sie Geräusche gehört und sich wohlweislich verborgen. Es gab einen Kampf, das ist richtig. Ein Mann wurde von zwei anderen verfolgt, es blitzten Messer. Der Verfolgte schien gewandt, er entkam und verbarg sich hinter dem Einstiegsschacht am Kanal. Er muss ihn wohl geprüft und festgestellt haben, dass der Kanal trockengefallen war, denn als sich die Verfolger näherten, kletterte er hinunter. Die beiden sahen seine Spuren, berieten sich kurz, dann öffneten sie das Wehr.«
»Wer war es?«
»Keine Ahnung, Silvian. Meine beiden Leute kannten sie nicht. Buschräuber? Diebe der Landstraße? Persönliche Feinde von Regulus?«
»Immerhin, Silvian, ich habe Recht gehabt. Es war Mord!«
»Ja, Rufina. Aber was nützt es uns, das zu wissen?«
»Es bestätigt meinen Verdacht. Auch Maurus wurde ermordet.«
»Dein Mann ist ein Opfer der Wölfe geworden!«, sagte Halvor mit Bestimmtheit. »Du glaubst besser nichts anderes. Und das, was ich dir eben erzählt habe, vergisst du auch am besten.«
»Ich kann und will nicht vergessen. Ich will die Wahrheit wissen.«
»Du solltest doch gewarnt sein, kleine Domina.«
»Die Entführung galt nicht mir.«
»Aurelia Rufina, stell keine Fragen mehr!«
»Warum nicht?«
Halvor sah sie kopfschüttelnd an. Silvian aber legte ihr den Arm um die Schultern.
»Warum hörst du nicht auf einen Rat, wenn man ihn dir gibt?«
Rufina rückte von dem Baumeister ab und fragte noch einmal mit unsagbar trauriger Stimme: »Was ist Maurus passiert, Halvor?«
»Er ist von Wölfen angefallen worden. Und nun, Aurelia Rufina, werde ich für einen Wagen sorgen, der dich in die Stadt bringt. Deine Familie wird glücklich sein, dich wiederzusehen.«
Er erhob sich und verließ den Raum.
»Silvian, er weiß etwas.«
»Das nehme ich auch an. Aber er wird nichts sagen. Halvor ist ein Mann, der Verantwortung nicht auf die leichte Schulter nimmt. Wenn er jemanden schützen will, dann tut er es.«
»Er schützt den Mörder meines Mannes!«
»Wenn das so ist, dann hat er einen guten Grund dafür. Wahrscheinlich will er damit auch dich schützen.«
Verzweifelt barg Rufina das Gesicht in den Händen.
Ein Eselskarren stand bereit, als Halvor sie aus dem Haus bat. Rufina war mehr als bereit, neben dem vierschrötigen jungen Mann Platz zu nehmen. Ihre Beine schmerzten nach der Rast nur umso mehr. Doch als sie sich von dem Germanen verabschiedete,
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