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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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gerade seinen Verband festgewickelt, hätte Eghild wohl protestiert, so aber murrte sie nur leise. Immerhin half ihr die Bandage, sich aufzusetzen und gestützt auf Rufina zum Wohnhaus hinüberzugehen. Als sie auf dem Bett lag, setzte sich Rufina zu ihr und fragte noch einmal nach: »Was für Probleme hast du? Mit einem Mann?«
    Eghild schüttelte den Kopf.
    »Bist du überfallen worden?«
    »Kümmere dich nicht darum.«
    Doch Rufina, die sich in den letzten Tagen sehr viele Gedanken gemacht hatte, blieb hartnäckig. Was, wenn auch diese Gewaltanwendung etwas mit dem zu tun hatte, was ihr selbst widerfahren war?
    »Eghild, ich habe dich, kurz bevor ich entführt wurde, nach einigen Leuten gefragt. Hat es damit zu tun?«
    »Nein. Es ging um meinen Bruder.«
    »Den Seilmacher? Hat er...«
    »Er ist ein Dummkopf. Er weiß, die Nächte sind viel zu kurz.«
    »Er hat etwas Verbotenes getan?« Plötzlich hatte Rufina eine Vision. Sie grinste Eghild an: »Hat er im Rhein Felle gewaschen?«
    Wider Erwarten grinste Eghild zurück.
    »Schon gut, ich verrate das niemandem.«
    »Er macht es manchmal. Seile bringen nicht viel Geld. Er wollte eine Kuh für mich kaufen.«
    »Was ist passiert? Haben ihn die Legionäre erwischt?«
    »Nein. Es gibt ein paar Männer. Leben in den Wäldern. Wissen von den Fellen und nehmen sich, was sie finden. Er versucht, sie zu hindern. Sie schlagen ihn. Ich schlage die Männer. Sie laufen weg, aber Felle verloren.«
    »Eine Räuberbande im Wald! Was für Männer sind das? Von deinem Stamm?«
    »Alle Möglichen, auch Römer und Gallier. Wir können nichts gegen sie tun. Sie sind grausam. Stehlen Vieh, überfallen Reisende, holen Gold. Manchmal auch junge Mädchen.«
    »Habt ihr oft unter diesen Überfällen zu leiden?«
    »Wir zahlen regelmäßig Tribut an sie. Sie kommen selten, wir sind zu arm. Wir wohnen zu dicht an der Stadt. Wir sind vorsichtig. Nur mein Bruder, der Dummkopf, nicht.«
    »Er hat es wohl gut gemeint, wenn er dir doch eine Kuh kaufen wollte. Ist er auch verletzt?«
    »Nicht sehr, nur ein Zahn ausgeschlagen. Und ein blaues Auge.«
    »Ruh dich aus, Eghild. Ich komme um die Mittagsstunde zurück, und dann sehen wir weiter.«
    Eghild musste sich wohl doch schlechter fühlen, als sie zugab - sie gehorchte, ohne weiter zu murren. Rufina ging ihren Pflichten nach, aber die Geschichte mit den im Wald lebenden Vaganten stimmte sie kritisch. Auch Silvian hatte ihr von den Strauchdieben berichtet. Sie hatte wohl wahrhaftig mehr Glück als Verstand gehabt, als sie ihren Entführern entwischt war.
     
    Zwei Sänftenträger warteten vor dem Haus, und kurz nachdem der Gong den Beginn der Männerbadezeit angekündigt hatte, halfen sie Eghild auf den Sitz.
    »Ich begleite dich ein Stück, ich möchte an den Gräbern vorbeigehen.«
    »Nichts dergleichen wirst du tun, Patrona«, ließ sich Burrus vernehmen, der pünktlich seinen Dienst antrat.
    »Aber Burrus, es ist heller Tag. Es ist nicht weit, und die Gräber liegen an einer belebten Straße.«
    »Eben drum.«
    »Dann komm eben mit.«
    Begeistert sah der alte Gladiator nicht aus, aber Eghild, deren Wohlbefinden sich durch ein paar Stunden Ruhe merklich erhöht hatte, bedachte ihn mit einer ätzenden Bemerkung. Also schloss er sich dem kleinen Trupp an, nicht ohne seiner Widersacherin ein paar verächtliche Kommentare zu Gehör zu bringen. Sie bezogen sich vornehmlich auf die Bequemlichkeit zimperlicher Damen, die sich in Sänften tragen ließen. Rufina unterließ es, ihn über den Sachverhalt aufzuklären. Zu sehr genossen die beiden Streithähne ihr Gespräch.
    Sie wanderten zum Südtor hinaus, durch das die breite Straße aus Richtung Bonna führte. Wie in allen römischen Städten üblich, zogen sich am Rand dieser Straße die Grabfelder hin, deren Gedenksteine vom Ruhm der Verstorbenen kündeten. Oder zumindest von ihren Verdiensten oder Verdienstmöglichkeiten. Die meisten waren gut gepflegt, die Lemuria hatten erst vor gut einer Woche ihr Ende gefunden, und noch lagen Blumenkränze und kleine Opfergaben an den Stelen und Statuen. Das Grab, das Rufina besuchen wollte, befand sich etwa eine halbe Meile vor den Mauern der Stadt. Es war ein junges Grab, und es enthielt nicht viel mehr als eine Urne mit ein paar blutigen Kleidungsfetzen.
    Je näher sie der Stätte kamen, desto stiller und in sich gekehrter wurde sie. Es hatte keine große Beisetzung gegeben, damals im Februar. Crassus war noch nicht bei ihnen gewesen, sie war mit Fulcinia, den

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