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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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sprachlos. Da war sie wieder, diese unbändige Schwäche, die sie erfasste, wenn dieser Kerl sie berührte oder ihr zu nahe kam. Wenn es nicht so banal wäre, könnte er sie jetzt wie eine reife Frucht vom Baum schütteln. Nein, es war noch viel schlimmer. Wenn sie ehrlich war, wünschte sie sich nichts mehr, als von ihm vom Baum geschüttelt zu werden.
    „Hannes ...“ Ihre Stimme war rau. Das fehlte noch. Ihre Stimme verselbstständigte sich, gehorchte ihren motorischen und sensorischen Befehlen nicht mehr und produzierte nur noch stimmlichen Ausschuss. Wie immer in solchen Situationen. Aber es rettete sie auch. Oder was hätte sie ihm gesagt? Nimm mich? Gleich hier auf der Treppe? Alexandra schüttelte ihren Kopf. Sie war verknallt in ein Arschloch und diesem Zustand würde sie erst nachgeben, wenn sie völlig den Verstand verloren hätte. Er stand regungslos vor ihr und wartete offensichtlich darauf, dass sie ihren Satz vervollständigte.
    „Ah, ihr seid auch schon da!“ Caro, bildschön anzusehen in einem rosa Sommerkleid, stieg aus dem Auto. Arno erschien hinter ihr, während das Auto wegfuhr.
    „Wer hat euch gebracht?“, fragte Alexandra mit kratziger Stimme, dankbar über die Rettung aus einer Situation, über deren Zustandekommen sie nicht weiter nachdenken wollte.
    „Schwiegervater!“, sagte Caro fröhlich. „Opa und Oma haben sich unsere drei Mädels fürs Wochenende geholt, führen sie ins Kino aus und wir haben sturmfreie Bude.“
    Sie klingelten. Die Tür wurde aufgerissen und Sändis Haushälterin, eine Frau mittleren Alters. stand vor ihnen.
    „Guten Abend. Kommen Sie herein, schön, dass Sie es einrichten konnten. Sie werden schon erwartet. Hier entlang bitte.“ Atemlos, ohne Pause ratterte sie ihr Sprüchlein wie ein Automat ab. Sie führte die Ankömmlinge in einen kleinen, aber geräumigen Raum, der als Garderobe diente. „Sie können hier ablegen.“ Es klingelte erneut. „Entschuldigung, ich muss öffnen. Wenn Sie abgelegt haben, können Sie durch den Flur nach links gehen, dort geht es durch den Wintergarten auf die Terrasse.“ Die Frau verschwand zur Haustür.
    Caro kicherte. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, Sändi hat ihrer Putzfrau einen billigen Volkshochschulkurs in Benehmen gegenüber Gästen gesponsert.“
    Alexandra war abwesend und reagierte nicht auf Caros Lästereien.
    Caro stupste Alexandra an. „Hallo? Jemand zu Hause?“ Ihr fragender Blick ruhte auf einen Moment auf Alexandra. „Ist was passiert?“
    Hannes ironische Stimme erklang aus dem hinteren Teil des Raumes: „Nichts Besonderes. Alex hat nur angekündigt, dass sie heute Abend zickig und eingeschnappt sein wird.“
    „Wie schade.“
    „Lass dir nichts von ihm erzählen!“ Alexandra hatte sich wieder gefangen. Hannes erotische Attacke war vorüber und unter Leuten war die Gefahr, sich seiner körperlichen Anziehung auszusetzen, geringer. Sie würde Abstand waren.
    Caro zog amüsiert die Augenbrauen hoch. „Du willst zickig sein? Dabei ist heute Abend Wolfgang da, habe ich gehört.“
    Alexandra verdrehte nur die Augen. „Caro, ich brauche gerade keinen Mann. Jedenfalls nicht aus der romantischen Sparte. Ich brauche Gärtner, Handwerker und einen Architekten. Ist Wolfgang Architekt?“
    „Nein, aber er kennt einen, der einen kennt ...“ Caro lachte. „Komm Letzie, du sollst nicht verkuppelt werden. Nur ein bisschen flirten, damit du nicht ganz aus der Übung kommst. Und Wolfgang ist wirklich ein sehr Netter.“
    Hannes grinste spitzbübisch. „Komm schon, Letzie, du bist wirklich aus der Übung, was das Flirten angeht! Du kannst ein paar Auffrischungseinheiten  gebrauchen!“
    Alexandra drehte sich zu ihm um und blitzte ihn an. „Halt du bloß die Klappe!“
    Unbeeindruckt von ihrer Reaktion stichelte er weiter. „Wolfgang sucht ne neue Frau. Die letzten drei sind ihm immer kurz vorm Standesamt abgehauen. Wär das nichts für dich?“
    Eine tiefe Stimme ertönte durch den Flur. „Hannes, du alter Sack, was erzählst du da über mich?“
    „Nur das Beste, Sherlock, nur das Beste!“ Erfreut begrüßte Hannes einen großen, braun gebrannten, dunkelhaarigen Mann, der mit fröhlichem Grinsen auf Alexandra blickte.
    „Hallo, ich bin Wolfgang.“
    Das ganze Gesicht war ein strahlendes Lächeln. Der breite Mund entblößte schöne regelmäßige Zähne, seine Wangen zeigten Grübchen und seine grauen Augen hatten verschmitzte Falten an den Seiten.
    „Alexandra. Genannt Alex.

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