Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
Vom Netzwerk:
Bücher standen, schwebte halterlos im Raum und trennte die untere Wandfläche von der Oberen. Direkt neben dem Bett lief das Metallbrett mit einem s-förmigen Schwung in eine Ablage aus. Der obere Teil der Wände war elfenbeinfarbig und mit Schlagmetall belegt, die Decke war dunkelblau und mit verwischten goldenen Sprenkeln versehen. Es gab keine Deckenlampe, nur einen großen, alt aussehenden Ventilator, der langsam mit leisem Summton unter der Decke rotierte. „Schwapp, schwapp, schwapp“ drehten sich die großen Paddel im Kreis und hinterließen einen zarten Luftzug.
    Links von der Tür stand ein verspiegelter Schrank, der fast die gesamte Wand einnahm und dessen Korpus im gleichen blau-goldenen Ton wie die Decke schimmerte. Das dem Schrank gegenüberliegende breite Bett aus dunklem Holz fügte sich mit seinem schnörkellosen Design trotz seiner Größe unauffällig in das Zimmer. Einzig das zerwühlte dunkelblau glänzende Bettzeug ließ darauf schließen, dass das Zimmer benutzt wurde, ansonsten waren keine Gebrauchsspuren zu erkennen. Leise klassische Musik aus unsichtbaren Lautsprechern erfüllte den Raum. Alexandra sah sich um und schluckte. Dieser Raum war Verführung. Die Fenster gegenüber der Tür, die die gesamte  Seite des Raumes einnahmen, gingen bis zum Boden und waren mit dunkelbraunen Lamellenjalousien versehen, die das hereinstrahlende gleißende Sonnenlicht dämpften und deren Schatten auf dem Bett ein Muster aus dunklen und hellen Streifen abbildeten. Das Zimmer verströmte einen Duft, der an Sandelholz und Zedern erinnerte. Und an einen Mann.
    Alexandra hörte ein Geräusch hinter sich und drehte sich um. Hannes. Er drückte die Tür hinter sich zu und begann sich das Hemd aufzuknöpfen.
    „Was tust du da?“
    Alexandra schaute überrascht auf Hannes’ Hände, die sich zielstrebig die Knopfleiste nach unten arbeiteten und am Hosengürtel angekommen, die beiden Hemdzipfel aus der Jeans zogen. Dann öffnete er seinen Gürtel.
    „Nach was sieht es denn aus?“ Hannes schaute sie auffordernd an. „Na los, du auch, zieh dich aus!“
    „Wie bitte?“
    Alexandra war perplex. Hatte sie ihn eben richtig verstanden?
    „Was hast du gesagt?“
    „Ich sagte: Zieh dich aus!“
    Hannes streifte sich das Hemd von den Schultern und warf es auf den Boden. Mit einem „Rrratsch“ zog er den Gürtel aus der Hose und ließ ihn fallen. Irritiert blickte Alexandra auf seinen nackten Oberkörper und bemerkte das Tattoo auf seiner linken Schulter. Groß und keltisch zog es sich über die Schulter bis auf den Oberarm. Warum ist ihr dieses Tattoo bisher noch nie aufgefallen?
    „Warum sollte ich mich ausziehen?“
    Sie fühlte sich plötzlich heiser. Hastig wandte sie sich zur Tür. Bevor sie die Hand an den Griff legen konnte, war Hannes hinter ihr, legte ihr die Hand auf die Schulter und drehte sie zu sich um.
    „Wie alt bist du, Alex?“
    Sie roch seine warme Haut und sein Rasierwasser. Der dunkle süße Ton, der die Verlockung des Zimmers spiegelte. Sie trat einen Schritt zurück und nahm vorsichtig seine Hand von ihrer Schulter. „Zweiunddreißig.“
    „Dann solltest du wissen, was es bedeutet, wenn du mit einem Mann im Schlafzimmer, in seinem Schlafzimmer bist und er sagt zieh dich aus, oder?“ Er lächelte. Selbstbewusst und so, als ob er es gewohnt wäre, Zustimmung zu erhalten. Hannes machte einen weiteren Schritt auf sie zu und stand dicht vor ihr. Sie musste zurückweichen, wenn sie nicht mit ihm zusammenstoßen wollte. Mit dem Rücken an die Wand gelehnt schaute sie ihn nachdenklich an.
    „Wer bist du Hannes Bergner, dass du glaubst, ich will mit dir ins Bett? Wer oder was sagt dir das?“
    Hannes blickte auf einen Punkt an der Wand neben ihrer Schulter und trat dabei noch einen Schritt näher an sie heran. Leise an ihr Ohr neigend wisperte er: „Menschenkenntnis. Das sagt mir meine Menschenkenntnis.“  Er legte seine Hände zart um ihre Taille und schob provozierend seinen Fuß zwischen ihre Füße.  „Und die Erinnerung an einen Kuss an einem Freitagabend.“
    Scheiße. Der Rheingau-Roulette-Nachmittag. Sie erinnerte sich nicht. Hatte sie ihn wirklich geküsst? Er hatte ihr immer noch nicht erzählt, was sie genau an diesem Abend gemacht hatte.
    Er stand dicht vor ihr, so dass noch etwas der elektrisierenden Luft zwischen ihnen Platz hatte, Luft, die im Gleichtakt mit ihrem Puls zu vibrieren schien. Und Alexandra war unfähig, irgendetwas dagegen zu tun. Oder wollte sie das gar

Weitere Kostenlose Bücher