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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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aber davon hätte sie sicherlich etwas gemerkt.
    Von Zeit zu Zeit überlegte sie, ob Milan wirklich Milan hieß. Er hatte Papiere auf den Namen, das wusste sie, weil er sie ihr gezeigt hatte. Und er hatte ihr einmal eine Visitenkarte gezeigt. ‚Milan Jezildic’, Projektentwickler und Projektmanager hatte darauf gestanden.
    Sie hatte nach dem Namen im Internet gesucht, sie hatte auch die polizeilichen Fahndungsseiten aller Bundesländer durchforstet, aber Milan war nirgends aufgetaucht. Auch nicht in Bilderkarteien, unter anderem Namen. Eigentlich hätte sie erleichtert sein müssen, weil ihren eigenen Aktivitäten eine zusätzliche Belastung durch einen polizeilich erfassten und gesuchten Begleiter nicht gut bekamen. Die Gefahr, dass auch sie überprüft worden wäre, wäre zu hoch gewesen.
    Andererseits musste er etwas Illegales tun, das wusste sie und er hatte es ihr auch erzählt. Dass er Teil einer Gemeinschaft wäre, einer größeren Firma, die verschiedene europäische Projekte bearbeitete. Aber er hatte nie erzählt, was sie genau taten.
    Er wollte nie, dass irgendjemand davon Kenntnis nahm, dass er sie besuchte. Er telefonierte heimlich, während sie in der Küche Essen für sie vorbereitete und er arbeitete tagsüber viel an seinem Laptop. Sie versuchte dann und wann heimlich einen Blick auf den Bildschirm zu werfen, aber außer Kolonnen von kryptischen Zahlen und Buchstabenfolgen konnte sie nichts sehen. Er grinste, wenn er ihre Versuche bemerkte und sie wusste, dass er sich sicher fühlte. Sie verstand nichts von dem, was der Bildschirm ihr zeigte.
    Wenn er seine Arbeit unterbrach, stellte er sofort einen Bildschirmschoner ein, der nur mit einem Passwort zu lösen war. Sie schaffte es nie, seinen schnellen Fingern zu folgen und das Passwort zu erspähen.
    Sie verließen während seiner Anwesenheit so gut wie nie das Haus und er achtete darauf, immer erst in der Nacht anzukommen. Sein Auto parkte er ohne Ausnahme in der verschlossenen Garage und er verließ sie auch grundsätzlich erst in der späten Nacht. Meist zwischen zwei und drei Uhr. Sie wusste nie, wo er hinfuhr und auch nie, wann er wiederkam. Es war ihr egal, solange er in der Zeit, die er bei ihr verbrachte, ihr half, Hannes und seine Frauen im Griff zu behalten.
    Sie hatte ihre Pläne mit ihm besprochen. Und er fragte sie auf Bulgarisch: „Was hat dir dieser Mann getan, dass du dich so rächen willst?“ Sie antwortete ihm in der gleichen Sprache: „Er hat mir meine Ehre gestohlen.“
    Er hatte höhnisch gelacht. „Du hast Ehre?“
    Sein Deutsch war im Verlauf seiner Besuche hier wesentlich besser geworden. „Du hast keine Ehre!“ Seine Hände hatten sich brutal in ihren langen blonden Haaren vergraben und ihren Kopf in seinen Schritt gedrückt.
    „Du hast Körper, aber keine Ehre!“ Und sie hatte seiner deutlichen Aufforderung Folge geleistet.
    Verbittert rieb sie den Spiegel im Badezimmer sauber. Auch daran war nur Hannes schuld. Wie eine Hure musste sie sich benutzen lassen. Sie verlor die Geduld mit ihm. Seit Wochen versuchte sie vorsichtig, ganz vorsichtig, mit ihm in Kontakt zu kommen. Einmal hätte es fast geklappt. Einmal, auf Caros Gartenparty hätte sie fast wieder mit ihm sprechen können. Aber sie wurde von ihm weg geschickt. Und alle anderen Versuche waren gescheitert. Seitdem er Alexandra kannte. Sollte er doch verrecken. Und sie auch.

5. Kapitel: August
     
    Bis zur Eröffnung waren es noch vier Wochen. Caro war noch einige Tage im Urlaub und Alexandra machte die Verarbeitung des Brandes sehr zu schaffen. Sie sehnte die Rückkehr ihrer Cousine herbei. Nachts weinte sie häufig und haderte mit dem Schicksal, das ihr in dem letzten Jahr zu viel zugemutet hatte.
    Wolfgang war noch zweimal bei ihr erschienen und hatte sie um verschiedene Aussagen gebeten. Hannes war nicht dabei, glücklicherweise. Sie hatte sich sehr zurückgezogen und Hannes schien diesen Rückzug zu respektieren.
    Caro war nach der Rückkehr aus dem Urlaub sofort zu ihr gekommen und zusammen hatten sie den Brandort besucht. Noch immer war das Gelände mit Flatterband abgesperrt. Das hinderte jedoch Kinder und neugierige Jugendliche nicht daran, sich auf dem Grundstück aufzuhalten. Alexandra hatte wegen der Einsturzgefahr ein Unternehmen beauftragen müssen, das die Ruinenreste abtragen konnte und befestigte ein Schild „Betreten verboten“ am provisorischen Zaun. Ganz wohl fühlte sie sich jedoch nicht bei dem Gedanken, dass sich Unbefugte auf ihrem

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