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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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Vorgesetzten ein Gespräch gegeben hatte, aber mehr auch nicht. Ihre innere Haltung war noch immer gespalten, ständig zwischen schlechtem Gewissen und der, wie sie fand, berechtigten Kritik an Hannes’ Vorgehensweise.
    Gut, sie hätte nicht gleich zu seinem Chef rennen müssen. Auch eine weitere Aussprache mit Hannes selbst hätte vermutlich den Knoten gelöst. Aber so wie es war, war es nun mal. Die innere Verteidigungs- und Gegenrede löste ihr Dilemma, die Funkstille, die seitdem de facto zwischen ihr und Hannes herrschte, nicht. Und das Bedauern, das sie darüber empfand, löste sich trotz aller Bekräftigungsversuche, dass er selbst an der Situation Schuld sei, nicht.
    Sie trocknete sich ab und zog sich an. Für die Praxiseröffnung hatte sie einen sommerlich leichten blauen Leinenanzug ausgesucht, den sie mit einem hellen Spitzentop kombinierte. Sie sah leger und trotzdem offiziell angezogen aus. Einzig die Schuhe waren ein Problem. Die meisten ihrer sommerlichen Outfits waren verbrannt, ebenso wie ihre Sommerschuhe und Sandaletten. Sie hatte sich lauter neue Sachen zum Anziehen kaufen müssen und leider gefiel ihr die aktuelle Schuhmode überhaupt nicht. Aus Verzweiflung hatte sie sich ein paar Sandaletten gekauft, die zwar zu ihrem Anzug passten, die sie aber unbequem fand.
    Den Verlust ihrer Garderobe empfand sie nicht als sehr schmerzhaft. Es waren ersetzbare Dinge und bei all der Misere war ihr sehr bewusst, dass sie bei dem Brand insgesamt großes Glück hatte. Ihre Erinnerungen standen eingepackt in Umzugskisten bei Hannes sicher im Stall und ihre wichtigsten Papiere ebenfalls. Gut, sie hatte lieb gewordenen Modeschmuck und auch ein paar wertvollere Schmuckstücke verloren, die in der Hitze des Brandes zu kleinen unauffindbaren Metallklumpen zusammen geschmolzen waren. Aber es waren keine Erbstücke darunter. Immerhin. Das einzige, was sie nach dem Schock und den ersten Wochen der inneren Verarbeitung wirklich als Verlust empfand, waren Liesels Kristallgläser und die Fliederbäume im Garten. Traurig starrte sie auf die Haarbürste in der Hand.
    „Schluss jetzt!“
    Mit einem Knall schmiss sie die Bürste auf die Ablage. Sie hatte jetzt einfach keine Zeit für ihre trüben Gedanken an Liesel und Hannes. Sie musste sich fertig machen und dann losfahren, um die letzten Dinge für das Fest zu erledigen. Rasch schminkte sie sich, zog sich ein paar neu erstandene Ohrringe an und sammelte die Sachen, die sie noch mitnehmen wollte, ein. Eilig rannte sie über den Hof zu ihrem Auto. Als Erstes würde sie zum Blumenladen fahren und die bestellten Tischdekorationen abholen.
    Alexandra seufzte genervt, als sie aus dem Blumenladen kam, und wählte Doros Nummer. Es war bereits nach neun Uhr und die Inhaberin war noch nicht fertig mit den Gestecken. Sie hatte ihr versprochen, die Blumen bis spätestens zehn Uhr vorbei zu bringen. Ansonsten fehlte ihr die Übersicht über das, was noch zu tun war. Doro hatte ihr sehr geholfen und die Listen, die sie zur Vorbereitung für die Party erstellt hatten, waren noch bei ihr. Sie hatten sich um halb zehn in der Praxis verabredet, um den Räumen den letzten Schliff zu geben.
    Als Alexandra vor der Praxis parkte, nahm sie erleichtert wahr, dass es weder vor der Tür, noch innerhalb der Praxis tote oder lebendige Ratten gab. Als sie Doro und Janine von dem Albtraum berichtete, lachten beide.
    „Du scheinst wirklich unter Hochspannung zu stehen. Aber glaube mir, alles wird gut.“ Doro lächelte Alexandra aufmunternd an und zeigte ihr die abgearbeiteten Listen. „Schau. Alles im Lot. Wir brauchen nur noch auf die Blumen und das Catering zu warten und Kaffee aufzusetzen. Die Getränke sind kaltgestellt und alles andere ist da, wo es sein soll. Nachher kommt Caro mit dem Kuchen und mehr ist nicht zu tun. Hast du dein Schminktäschchen dabei? Dann pudere dir noch mal die Nase und sonst brauchst du nur adrett die Gäste zu empfangen.“
    Doro flüsterte ihrer Tochter rasch etwas zu und räumte dann weiter Gläser und Tassen hin und her. Dabei trällerte sie ein Lied nach dem anderen und Janine verschwand für eine halbe Stunde, um dann mit den Blumengestecken zurückzukommen. Schnell und mit beträchtlichem Geschick dekorierte Janine die Tische. Erleichtert bemerkte Alexandra, dass sie wirklich eine große Hilfe war.
     
    Es war elf Uhr vormittags, als Alexandra plaudernd inmitten ihrer Gäste stand. Es waren noch nicht alle Eingeladenen gekommen, aber es waren auch noch keine

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