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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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sammele im Moment für ein Altenheim in Shabla in Bulgarien. Mein Keller ist schon fast voll, dann kann der Transport bald losgehen. Sind auch Schuhe dabei? Oder Brillen?“
    „Nein, tut mir leid. Schuhe und Brillen habe ich keine gefunden, nur Kleidung. Hat denn Oma Liesel auch gesammelt? Oder wissen Sie, woher die Sachen kommen?“
    Die Gärtnerfrau lächelte. „Ja, doch, Liesel hat auch gesammelt. Da kam immer mal ein junger Mann bei ihr vorbei, der die Sachen seiner Großeltern brachte. Muss wohl entfernte Verwandtschaft von den Nachbarn gewesen sein.“
    Als Alexandra nach dem schweißtreibenden Abtransport der Säcke, der den ganzen Nachmittag in Anspruch genommen hatte, wieder in ihr altes Haus kam, hatte sie den Eindruck, dass der Geruch sich verändert hat. Sie setzte sich müde auf das alte Sofa, schnappte sich ein Glas und goss sich den Rest des Höllenpfades in das Glas.
    „Prost Oma. Hoffentlich wandelst du nicht auf Höllenpfaden, sondern schwebst im Himmel.“ Erschöpft sank sie zurück und dachte über ihre nächsten Schritte nach. Eins nach dem anderen. Morgen früh würde sie überlegen, wie es mit ihrer Praxis weitergehen sollte. Morgen.             
     
    Die erste Maklerin, mit der sie telefonierte, offerierte ihr gleich mehrere Wohnungen, die einen Praxisbetrieb erlaubten. Sie verabredete sich schon für den kommenden Tag mit der Frau, um sich zwei Objekte anzuschauen. Auf ihrer Liste stand als Nächstes die Beschaffung von Kleinmaterialien und so rief sie bei Caro an und fragte, ob sie sie zum Einkaufen begleiten wollte. Sie verabredeten sich für den frühen Nachmittag, Caro würde Alexandra mit dem Auto abholen.
    „Sag mal, solltest du das nicht besser im Großmarkt einkaufen? Da ist es doch billiger, und du bist doch Gewerbetreibende.“ Caro leckte an ihrem Eis, das sie in der kleinen Einkaufspassage gekauft hatte.
    „Ich bin Freiberuflerin, das ist ein steuerlicher Unterschied, der nicht unerheblich ist – frag deinen Mann. Aber abgesehen davon – für die paar Dinge, die ich für den Anfang brauche, lohnt es sich nicht, in einen Großmarkt zu fahren.“
    Alexandra setzte sich auf eine Bank in der Passage und biss in ihr Eishörnchen. „Außerdem kann man hier besser Leute  angucken, das Eis ist besser und der Weg nach Hause ist auch nicht so weit.“
    „Als ob das so wichtig wäre.“ Caro winkte plötzlich heftig mit der Hand. „Ach, sieh mal da, wer dahinten kommt. Dein Zukünftiger.“
    „Caro, hör auf mit dem Scheiß.“
    „Und wen hat er da im Schlepptau? Ich fasse es nicht. Sääääändi!“
    Caro zog die Lippen bei Sändi ganz breit auseinander und schubste Alexandra an. „Du kennst Sääääändi noch nicht. Die Frau reizt mein Lästergen bis zum Letzten aus. Wenn ich gewusst hätte, dass sie dabei ist, hätte ich nicht gewunken.“
    Neben Thessmann ging eine große, grobknochige Blondine. Sie trug moderne Markenkleidung und hielt ihre Hermestasche wie eine Trophäe am Arm. Ihre langen blonden Haare hatte sie zu einem wippenden Pferdeschwanz gebunden.
    „Hallo Schätzchen.“
    Sändi beugte sich zu Caro und küsste sie auf die Wange. „Na, wolltet ihr dem Pöbel in der Einkaufspassage mal ‚Guten Tag’ sagen?“
    Sie nickte kurz grüßend zu Alexandra.
    „Oder euch zumindest diese billige Ladenzeile hier anschauen, die die Dorfbevölkerung hier für eine Einkaufsmeile hält?“
    Caro lächelte herzlich. „Ja nun, wir dachten, wir treffen dich hier bei der Schnäppchenjagd.“
    Touché, Alexandra musste grinsen und drehte den Kopf zur Seite, damit Sändi ihr Gesicht nicht sah. Sie sah zu Thessmann, dessen Augen erstaunt zwischen den beiden Frauen hin und her flogen. Er zog lässig eine Braue nach oben und sein irritierter Blick traf auf Alexandras amüsierte Miene. Er kommentierte weder Sändis noch Caros Äußerungen und bemühte sich offensichtlich um einen entspannten Gesichtsausdruck.
    „Ich muss nur eben das Catering für unsere Party in Auftrag geben. Damit ihr endlich mal was Ordentliches zu essen bekommt.“ Sändi sagte es so, als ob ihr anständiges Essen außer auf ihren eigenen Partys noch nirgendwo sonst begegnet wäre.
    „Ach. Ich wusste gar nicht, dass der schmierige Dorfmetzger hier einen Catering Service hat? Kann der mehr als Pommes rot-weiß mit Currywurst?“
    Caro riss harmlos die Augen auf, während sich Alexandra verstohlen auf die Lippen biss, um das Prusten zu unterdrücken. Stutenbissigkeit vom Feinsten. Thessmann

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