Rheingau-Roulette
ich tun. Es wird dir nur nicht viel nutzen. Er heißt Herbert Nußbaum und arbeitet normalerweise nur für die Großindustrie. Es ist ein alter Freund von mir, der einzige Grund, warum er sich auf das Projekt Hof-umbau eingelassen hat.“
„Schade“, seufzend sah sich Alexandra auf der abgelebten Terrasse um, „wenn ich nur wüsste, was ich mit dem Haus hier machen soll!“
„Nun, du solltest auf jeden Fall mit einem auf alte Gemäuer spezialisierten Architekten darüber sprechen.“ Hannes gähnte. „Tut mir leid, ich hatte einen wirklich langen Tag und muss ins Bett. Mein Arbeitgeber will mich morgen mal wieder sehen.“
Er warf Alexandra einen fragenden Blick zu. „Bist du so weit okay? Kann ich dich allein lassen, oder soll ich Caro anrufen?“
„Danke. Ich bin okay.“ Sie grinste etwas schief. „Ich überlege nur die ganze Zeit, welcher Polizist ein Auge auf mich geworfen haben könnte. Ich werde auf jeden Fall morgen Anzeige erstatten.“
Hannes nickte müde. „Mach das. Die Erfahrung zeigt zwar, dass es nicht viel Sinn hat. Trotzdem solltest du es tun. Bei den anderen im Dorf hörte es von allein auf, aber der oder die Täter wurden nicht gefasst. Sieh zu, dass du die nächste Zeit nicht allein bist.“
Alexandra spürte ihre Wut zurückkehren. „Auch das noch. Ich kann mir doch keinen Bodyguard mieten.“
„Nein, das sicher nicht. Aber vielleicht kannst du dich, so oft es geht, in Begleitung zeigen. Am besten in männlicher ...“
Alexandra guckte ihn flüchtig an. Er meinte doch wohl nicht in seiner Begleitung? In seiner Miene war nichts dergleichen zu erkennen. Er gähnte und wirkte eher müde und gelangweilt als an einem Flirt interessiert.
„Bei Andi und Carola hat es jedenfalls gewirkt. Ich muss los. Sonst schlafe ich auf dem Heimweg ein. Komme ich durch den Garten auf die Straße?“
Sie nickte. „Gleich hier links um die Ecke. Der kleine Pfad führt nach vorn zum Gartentor. Warte, ich zeig es dir.“
„Danke, ich finde allein raus. Sieh zu, dass du die Terrassentür ordentlich zu machst, heute Abend. Wir sehen uns, spätestens in zwei Wochen bei Doro und Fritz, vermute ich?“
Bei Doro war das nächste Grillfest geplant. Die Einladung hatte sie heute Morgen in der Post gefunden.
„Wenn nichts dazwischen kommt, schon. Caro hat angekündigt, mich zu allen stattfindenden Partys mitzuschleifen. Ob ich will oder nicht. Wahrscheinlich hat noch nicht mal der Gastgeber Einfluss darauf ...“
Hannes lächelte. „Vermutlich nicht. Also dann. Schönen Abend noch!“
Er ging um die Ecke und kurze Zeit später hörte Alexandra die Autotür klappen. Der Wagen sprang an und das Geräusch eines anfahrenden Autos entfernte sich und erstarb nach ein paar Minuten gänzlich. Stille. Alexandra sah in ihren Garten, der wie ein verwunschener Schlossgarten auf Erlösung zu warten schien. Sie seufzte. Der Tag war anstrengend. Und die letzte halbe Stunde mit Hannes war trotz der fiesen Ratte netter als erwartet. Sie nahm sich vor, mindestens fünf der Weinkartons zu öffnen und den Inhalt zu katalogisieren. Die Wahrscheinlichkeit, darunter eine Kiste zu finden, die einen anständigen Wein beinhalten würde, den man Gästen anbieten könnte, war gar nicht schlecht. Leise rauschte ein zarter Wind durch den Garten und brachte belaubte Äste von Büschen und Bäumen in Bewegung. Alexandra dehnte sich und räumte den Tisch ab. Zeit ins Bett zu gehen. Sie warf einen letzten Blick in den Garten und vergewisserte sich, dass sie die Terrassentür ordentlich verriegelt hatte. Schließlich hatte ihr Hannes das empfohlen.
Rechts, links, rechts links ...
Alexandra lief um ihr Leben. Der Weg führte entlang der Straße auf einem kombinierten Fahrrad- und Fußweg. Die Vegetation auf der rechten Seite waren üppige Büsche, die in voller Blüte standen. Hier und da traf sie der Duft wilder Heckenrosen, die ihre rosa Köpfchen in die Luft streckten. Auf der anderen Seite wurde der Weg durch einen dichten Wald aus Fichten und anderen Nadelbäumen flankiert. Aus dem Baumbestand kam ein erstaunlich kühler Luftzug, den Alexandra als angenehme Abkühlung genoss. Die Bundesstraße, an der sie entlang lief, war zu dieser Tageszeit kaum befahren. Wenn Autos kamen, waren es meist kleine Transporter, die in höllischem Tempo an ihr vorbei rasten. Mehr als einmal fragte sie sich, ob der Fahrer die nächste Kurve schaffen würde, ohne die Kontrolle über das Auto zu verlieren.
Sie hatte ihre gewöhnliche Laufstrecke um
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