Rheingau-Roulette
hervorbrachte:
„Sympathy for the devil. Bist du sicher, dass du bei der Kirche in der richtigen Abteilung angeheuert hast?“
Sie spürte das Lächeln auf seinen Lippen.
„Und du? Bist du sicher, dass körperliche Anziehung nicht doch ein gutes Basislager für weitere Erkundungen ist?“
Und das war bis auf weiteres das letzte, was sie mit Thessmann sprach.
Gluthitze schwebte über dem Ort. Kein Lufthauch war zu spüren und die samstägliche Geräuschkulisse von Rasenmähern, Motorradfahrern und landwirtschaftlichen Fahrzeugen wurde nur von kreischend aufjaulenden Krankenwagensirenen durchbrochen, die kollabierte Altenheimbewohner oder übermütige Schwimmbadbesucher in das nahe gelegene Krankenhaus brachten. Kinderschreie tönten durch die Luft und die rege Betriebsamkeit des Ortes stand im seltsamen Gegensatz zu der Hitze, die eher zu einer langen, schattigen Siesta einlud.
Alexandra war ungeduldig und sie schimpfte laut vor sich hin.
„Verdammt noch mal.“
Warum ging auf einmal alles schief? Erst der Anruf ihrer Maklerin, dass die Renovierung und der Umbau länger als geplant dauerten. Sie würde die Praxis erst im Juli einrichten können. Und dann das unbefriedigende Telefonat mit dem Sachbearbeiter der Krankenkasse.
Dieser Blödmann. Ihr ursprünglicher Sachbearbeiter hatte ihr mündlich bereits grünes Licht gegeben und jetzt fiel seiner Vertretung plötzlich auf, dass ihre Praxis nur über eine schmale Treppe erreichbar ist und deshalb nicht behindertengerecht wäre. Und außerdem wären die Räume nicht groß genug. So ein Arsch. Zu blöd, einen Grundriss zu berechnen.
Sie riss wütend die Haustür auf und stand vor Caro.
„Ooops.“
„Selber. Was ist los, Küken? Du siehst sauer aus!“
„Sauer ist kein Ausdruck. Ich bin stinkwütend. Ich bin so wütend, ich könnte irgendwas zusammenschlagen.“ Zornig trat sie gegen die Tür.
„Muss schlimm sein. So kenn ich dich gar nicht. Was ist passiert?“ Caro zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
„Ärger mit der brandenburgischen Bauernkasse. Wenn eine Krankenkasse schon so heißt! Ich muss meine Praxis neu anmelden, weil ich von einem Bundesland ins nächste gezogen bin. Und um die Kassenzulassung der Ersatzkassen zu bekommen, musste ich den Umzug nicht nur anmelden, sondern die Praxis neu genehmigen lassen.“
Caro grinste. „Ärger mit der Krankenkasse ist doch nichts Neues. Du schimpfst doch immer über die.“
„Ich schimpfe nur über die Bauernkasse aus Brandenburg. Jedes Mal, wenn dieser eine blöde Sack von Sachbearbeiter am Telefon ist, gibt´s Ärger mit denen. Das ist so ‘n Hundertprozentiger. Alles genau nach Statuten.“ Alexandra ereiferte sich. „Deutsche Kleinstaaterei. Wir leben in Europa! Und in Deutschland ist ein Praxiswechsel in ein anderes Bundesland so kompliziert, wie ein Umzug nach China niemals sein würde.“
„Sei froh, dass du noch keine Kinder hast. Wenn du nämlich erst mal so weit bist, dass deine schulpflichtigen Kinder von einem Bundesland in ein anderes umziehen müssen, dann hast du erst richtig Spaß.“
Ironisch sagte Alexandra: „Dann ist es ja ein Glück für mich, dass ich nur eine Praxis umziehe, an der meine wirtschaftliche Existenz hängt.“ Neugierig sah sie ihre Cousine an. „Wieso bist du eigentlich hier? Wolltest du nicht heute zum Arzt?“
„War ich schon. Alles schick im Genick. Immerhin. Eigentlich bin ich gekommen, um mich auszukotzen. Ich bin nämlich auch wütend.“
„Weshalb bist du denn angefressen?“
„Weil mein Göttergatte mir heute eröffnet hat, dass er mit Dieter eine Fahrradtour macht. Und zwar genau dann, wenn wir Urlaub haben. Familienurlaub wohlgemerkt. Dann sitze ich an der Ostsee in einem Ferienhaus mit drei hysterischen Mädels, die das ganze Jahr auf Urlaub mit Papa warten, und mein Mann haut für eine Woche ab. Nur, um mit seinem liebeskranken Freund eine Fahrradtour zu machen, die er genauso gut zu jedem anderen Zeitpunkt machen könnte. Dieser Depp. Dreimal habe ich mit ihm die Urlaubsplanung durchgesprochen. Dreimal! Dann haben wir Termine festgelegt und ich habe das Haus gebucht. Und jetzt, auf den letzten Metern fällt ihm ein, dass er zu dem Zeitpunkt schon vergeben ist. Ich kann nichts rückgängig machen und er angeblich auch nicht.“
Caro sah ihre Cousine empört an.
„Ich bin so sauer, dass ich ihm gerade gesagt habe, er soll bleiben, wo der Pfeffer wächst, mit seinem schwulen Freund seinen Jahresurlaub
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