Rheingau-Roulette
verbringen und mich in Ruhe lassen.“
Caro hatte sich in Rage geredet. Alexandra musste grinsen. Es war selten, dass Caro so wütend wurde. Sie setzten sich auf die Vordertreppe, die in der Sonne lag, und lehnten sich mit den Rücken an die Haustür an.
„Männer!“
Alexandra seufzte. „Man muss sie verbrauchen, wie sie sind. Das wusstest du doch, bevor du ihn geheiratet hast.“
Caro stöhnte. „Ich weiß. Nur manchmal vergesse ich es. Und dann finde ich die Kerle so überflüssig wie einen Kropf. Ganz besonders meinen Mann.“
Alexandra drehte, die Augen geschlossen, das Gesicht der Sonne zu und sinnierte. „Was machen wir jetzt mit unserer Wut im Bauch?“
Caro zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Irgendwas.“
„Ich hab vor Ärger Schaum vorm Mund.“
„Dafür siehst du aber ganz schön entspannt aus!“ Caro schob ihr Gesicht ebenfalls in die Sonne.
„Das täuscht. Aber die Hitze macht einen schwach. Selbst Ärger kann diesem Wetter nicht standhalten.“ Alexandra leckte sich über die Lippen. „Mein Mund ist innen wie ausgetrocknet. Ich muss mir erst mal was zu trinken holen. Möchtest du auch ein Wasser?“
„Gern. Groß und kalt bitte!“
„Damit kann ich leider nicht dienen. Also mit kalt.“ Alexandra ächzte beim Aufstehen. „Omas Kühlschrank hat den Geist aufgegeben. Ich muss mir einen Neuen kaufen. Bis dahin gibt´s nur küchenkaltes Wasser. Und küchenkalt bedeutet bei der Hitze lauwarm.“
Caro sah sie mitleidig an. „Du bist ne arme Sau. Nur lauwarmes Wasser, kein Kühlschrank, Omas Boiler ... vollgemüllte Zimmer. Willst du die Bude nicht doch abreißen lassen?“
Alexandra seufzte. „Keine Ahnung. Wird vermutlich darauf hinauslaufen. Aber das wird teuer, glaube ich ... Also küchenkaltes Wasser?“
„Yep“, Caro nickte ergeben. „Wenn´s nicht anders geht. Und nach Hause gehe ich erst mal nicht. Soll doch der Mann sehen, wie es ist, wenn man drei Zicken beschäftigen muss.“
Alexandra holte das Wasser und in stiller Eintracht saßen die beiden Cousinen auf der Treppe und hingen träge ihren Gedanken nach. Caro ärgerte sich immer noch über ihren Mann.
„Dieser Blödmann. Dabei hätte er nur in seinen Terminkalender gucken müssen. Als ob er bei der Besprechung nicht dabei gewesen wäre.“ Sie schüttelte immer noch wütend den Kopf. „Ich brauche einen Schnaps. Sonst beruhige ich mich nicht. Irgendwas, das mir hilft, die Galle, die mir dauernd hoch kommt, besser zu verdauen.“
„Sorry, Schwester, ich habe nur Wein.“
Caro überlegte einen Moment.
„Egal. Her damit. Hauptsache Alkohol. Ich bin in einem Alter, da dient jeder Tropfen der Konservierung.“
Alexandra grinste ihre Cousine an. „Also dann. Lust auf ein Spielchen?“
„Ein Spielchen? Eigentlich hat mein Mann heute genug Spielchen mit mir getrieben.“ Sie räkelte sich in der Sonne.
„Also gut. Was für eins?“
„Ein Glücksspiel. Rheingau-Roulette.“
„Wie geht das?“
„Ich hole eine 12er-Weinkiste aus irgendeiner der großen Umzugkartons. Ich gucke nicht, was drin ist und egal, was ich rausziehe: Es wird getrunken!“
Caro grinste zurück. „Boah. Du bist brutal! Okay, das ist jetzt genau das Richtige für mich. Volles Risiko!“
Alexandra holte eine Kiste aus der oberen Etage und schleppte sie keuchend in den kleinen schäbigen Hausflur.
„Also los, Caro, du hast den ersten Schuss. Augen zu und ran.“
Caro schloss die Augen, tastete die Flaschen ab und entschied sich für eine Flasche vom rechten Rand. „Und, was trinken wir?“
Alexandra stöhnte. „Übel. Ganz übel. Ich sag nur: Mosel!“
„Das hört sich gemein an.“
„Dessertwein.“
„Hundsgemein. Zeig mal.“ Caro nahm Alexandra die Flasche aus der Hand und sah sich das Etikett an. „Hm. Könnte sogar gehen. Riesling Auslese, Marienburg. Kenn ich nicht, aber du kannst ja schon mal Korkenzieher und Gläser holen.“
Alexandra bereitete in der Küche ein Tablett vor, auf das sie mehrere Gläser, ein Korkenzieher, Servietten, Brötchen und eine kleine Platte mit Käse packte. Sie balancierte es vorsichtig durch den dunklen Flur und stellte es neben sich auf den Treppenabsatz.
Caro guckte kritisch auf die Zusammenstellung. „Meinst du, der Käse passt?“
„Keine Ahnung, aber anderen habe ich nicht. Und als Ablenkung, wenn der Wein schlimmer als gedacht ist. Hast du dir die anderen Flaschen angeguckt?“
„Nein, um Himmelswillen. Ich bin doch keine Spielverderberin. Vielleicht spielen wir ja
Weitere Kostenlose Bücher