Rheingau-Roulette
zubereitete, hatte sie im kleinen Garten den Tisch gedeckt. Hannes brachte eine Anti-Mücken-Kerze aus der Küche mit, stellte sie auf die kleinen Stufen, die in den Garten führten, und zündete sie an.
„Damit wir nach dem Wein den Weg ins Haus finden!“
Alexandra nickte, leicht verunsichert. Wieso ins Haus? Sie könnte auf dem Rückweg auch direkt aus dem Garten über den Hof zu ihrem Fahrrad gehen. Er reichte ihr einen Teller und kam mit seinem die Treppe herab.
„Setz dich doch. Ich hole noch etwas Brot.“
Als er mit dem schmalen Brotkorb in der Hand wiederkam, saß Alexandra bereits am Tisch. Hannes nahm gegenüber Platz und goss den Wein ein.
„Prost!“, er hob sein Glas. „Auf einen netten Abend!“
Alexandra erwiderte seine Geste mit ihrem Glas. „Guten Appetit. Und vielen Dank für die spontane Einladung zum Essen!“
Als sie die ersten Bissen im Mund hatte, reichte er ihr den Brotkorb und fragte ganz beiläufig:
„Wo möchtest du denn mit dem Nacktputzen nachher beginnen?“
Sie verschluckte sich und begann heftig zu husten. Hannes lachte laut und herzlich. Er sah sie über den Tisch hinweg an und grinste ihr zu.
„Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich den ganzen Abend darauf gewartet, dich das zu fragen.“
Alexandra spürte die Hitze im Gesicht. Sie war bestimmt knallrot. Sie legte die Serviette neben den Teller und entschied sich für den Angriff.
„Also schön. Was habe ich an diesem Abend gemacht? Bin ich dir zu nahe getreten? Tut mir leid, war nicht so gemeint.“
„Nicht?“ Er kaute und genoss offensichtlich ihre Verlegenheit.
„Nein, es war nicht so gemeint und ich schäme mich.“
Sie schob das Weinglas zur Seite. Hannes grinste noch mehr.
„Du kannst ruhig noch ein Glas trinken. Dann putzt es sich besser. Zumindest hast du das behauptet...”
„Ich muss noch fahren.“
„Der Dorfpolizist ist in dieser Woche nicht unterwegs. Er hat Urlaub. Außerdem werden Fahrradfahrer nicht kontrolliert, wenn sie durch den Waldweg fahren, da verirrt sich nie eine Streife hin.“
„Nein danke. Ich brauche meinen Führerschein und durch den Wald fahre ich heute Abend lieber nicht.“
„Du brauchst hier keine Angst im Wald zu haben. Außer ein paar neugierigen Füchsen läuft da nachts niemand rum.“
„Ihr habt Füchse?“ Sie schöpfte Hoffnung auf ein anderes Gesprächsthema, was Hannes mit seiner nächsten Bemerkung aber sofort zunichtemachte.
„Schade.“ Er lächelte. „Also schade, dass du nichts mehr trinken magst. Ich hatte mich auf eine Fortsetzung des Tabledance gefreut. Ich habe sogar extra einen Besen für dich gekauft!“ Er goss sich noch mal Wein nach. Das Brot, das er ihr reichte, lehnte sie dankend mit einer kleinen Handbewegung ab. „Da hinten in der Ecke steht er. Mit Teleskopstil, so wie du es dir gewünscht hast!“
Alexandra schob verzweifelt die letzten Scampi auf ihrem Teller hin und her. Fast wünschte sie sich die Angst des Nachmittags zurück, selbst dieses Gefühl erschien ihr jetzt besser als die peinliche Empfindung der Scham, die sie gerade eben erlebte.
„Und rot ist er außerdem. Du wolltest es ja passend zu deinem besonderen Outfit. Apropos, trägst du das heute eigentlich?“ Seine Stimme war in einem freundlichen Plauderton, so als würden sie sich über das Wetter unterhalten und nicht über diesen schrecklich versoffenen Nachmittag, an dessen Ende sie sich nicht mehr erinnern konnte.
„Oh, bitte Hannes! Können wir nicht das Thema wechseln? Es ist mir so unsagbar peinlich!“ Alexandras Wangen glühten.
„Ich hätte gar nicht gedacht, dass du so leicht in Verlegenheit zu bringen bist.“ Er genoss es. Er genoss jeden Moment, das war ihm anzusehen. Alexandra überlegte fieberhaft, wie sie einen Themenwechsel erreichen könnte. „Ich ...“
Er stützte die Arme auf und sah sie über den Tisch hinweg an.
„Du warst süß als Tabledancerin.“
„Wie bitte?“ Sie hatte sich verhört.
„Ich sagte, du warst süß als Tabledancerin. Sehr süß.“
In ihrem Bauch tanzten plötzlich die Scampi Samba. Was sagte er da eben?
„Und“, er stand auf und kam zu ihr, „und du hast nichts getan, was ich nicht auch wollte.“ Er zog sie vom Stuhl hoch.
Flucht. Sie würde flüchten müssen. Erst die Peinlichkeit des Tabledance und jetzt hatte sie auch noch etwas getan, was er auch wollte? Er legte ihr den Arm um die Taille, so, als wolle er mit ihr zu den leisen Klängen der Radiomusik tanzen, die aus der Küche zu ihnen nach
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