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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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durch die Finger. Ihre Stimme klang so ruhig wie immer, aber Sigfrid hörte, daß sie sich Sorgen machte. »Ich nehme an, er ist nach Norden, ins fränkische Land geritten. Früher oder später wird ihm jemand sagen, was er wissen muß. Dann kommt er kleinlaut zurück. Er wird sich dafür entschuldigen, daß er uns allen einen Schreck eingejagt hat, und versprechen, so etwas nie wieder zu tun. Ha! Eins ist sicher. Er wird in Zukunft nicht mehr nach toten Verwandten suchen.«
    Sigfrid sah, daß Alprecht den Kopf schüttelte. »Er ist einfach aus der Halle gelaufen, ohne sich nach irgendwelchen Einzelheiten zu erkundigen. Vielleicht hätten wir ihn zu einem anderen König schicken sollen, solange er noch jünger war. Ich weiß nicht, was wir mit ihm machen sollen, wenn er zurückkommt.« Sigfrid drückte sich tiefer in die Schatten und hielt den Atem an, als Regin den Blick finster durch die Halle schweifen ließ. Falls er Sigfrid entdeckt hatte, so ließ er sich nichts anmerken. »Er hat eine Pflicht zu erfüllen!« stieß der Zwerg hervor. »Er ist alt genug, und ich...«, er hustete gereizt und erklärte dann etwas ruhiger, »wir haben lange genug darauf gewartet, daß er tut, wozu er erzogen worden ist. Behalte ihn über Winter hier, aber laß ihn ziehen, wenn der Sommer kommt. Auf ihn wartet eine Aufgabe, und er ist verpflichtet, sie zu erledigen.«
    »Aber wenn Mittsommer kommt, muß ich sie bereits erledigt haben!« rief Sigfrid. Drei Köpfe fuhren herum, als er in den Feuerschein trat. »Was meinst du damit?« fragte Herwodis, ehe Alprecht etwas sagen konnte. »Was mußt du getan haben?«
    »Ich muß König Sigmund rächen...«
    Herwodis nickte langsam, und an der Art, wie sie den Kopf hielt, glaubte Sigfrid zu erkennen, daß sie lächelte.
    »Wie um alles in der Welt kommst du denn darauf, Sigfrid?« fragte Alprecht. »Hast du eine Vorstellung davon, was das bedeutet?«
    »Ich muß in den Norden segeln... so schnell wie möglich, bevor das Meer zu rauh ist. Ich muß gegen die Sachsen kämpfen, bis König Lingwe tot ist.« Sigfrid kniete vor dem König nieder. »Ich muß es tun, mein Drichten. Ich habe Gunter versprochen, daß ich mich bis Mittsommer in der Schlacht bewährt habe und dann nach Worms kommen werde, um Gudrun zu heiraten.«
    Herwodis seufzte, und Regin stöhnte. Alprecht schloß die Augen, als habe er Schmerzen. »Warum hast du das getan, Sigfrid?« fragte Alprecht. »Sind denn Schwierigkeiten mit den Burgundern nicht das Letzte, was wir brauchen?«
    »Ja... aber ich hatte hier nie die Möglichkeit, mich zu bewähren. In diesem Land herrscht schon solange ich lebe Frieden. Hagen ist ein halbes Jahr jünger als ich, und er ist seit Jahren ein berühmter Held. Selbst der letzte von Gunters Kriegern hat mehr gekämpft als ich. Die Leute sagen, Sigfrid ist ein großer nutzloser Dummkopf, dem es nicht in den Sinn kommt, den Tod seines Vaters zu rächen.«
    »Ich glaube, da übertreibst du«, sagte Herwodis ruhig, »wo hast du das gehört?«
    »Hagen hat es mir gesagt.«
    Regin, Alprecht und Herwodis sahen sich an. »Wo bist du mit den Gebikungen zusammengetroffen?« fragte Herwodis. »Bitte erzähle uns, was geschehen ist.«
    »Ich bin zu Gripirs Grab geritten. Auf dem Rückweg bin ich Gunter und seinen Kriegern begegnet.« Sigfrid erzählte den dreien, was er und die Burgunder gesagt und getan hatten.
    »Krimhild hatte also nichts damit zu tun?« fragte Regin. »Es war nur so ein Einfall von Gunter?«
    »Soweit ich weiß, ja.« Sigfrid sah seinen Stiefvater flehend an. »Bitte hilf mir! Ich war so lange hier und schulde dir viel für die Liebe und die Ehre, die du mir geschenkt hast. Aber jetzt muß ich das Land verlassen und gegen Hundings Söhne kämpfen. Sie sollen wissen, daß nicht alle Wälsungen tot sind. Und für diese Aufgabe bitte ich um deine Hilfe und um deinen Segen.«
    Alprecht wich Sigfrids Blick aus. Der König rieb sich gedankenverloren den Rücken, als seien die Schmerzen, über die er öfter klagte, stärker geworden. »Er hat Sigmunds Schatz«, sagte Herwodis leise. »Und wir wissen schon eine ganze Weile, daß wir ihn nicht viel länger hier behalten können.«
    »Ja«, sagte Alprecht und stützte den Kopf auf die Hand. »Aber noch in diesem Jahr? Sigfrid, du bist noch nie im Leben auf dem Meer gewesen. Du kannst dir die Nordsee im Winter nicht vorstellen. Sie ist im Sommer so rauh, daß meine Schiffe beim ersten Raubzug in den Norden beinahe gekentert wären. Warte wenigstens bis

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