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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Männer vertrauen mir, und keiner von ihnen ist so stark wie ich. Ich weiß nicht, was sie aushalten können.«
    »Du mauserst dich zum Helden«, brummte Regin. »Und es sind nur Männer... allerdings Männer, die einem Helden folgen wollen, wohin er sie führt. Laß dich nicht auf ihre Schwächen und Ängste ein, und sie werden mehr zu dem, was sie sein wollen. Warte ab, der Tag wird kommen, wenn nichts einen Mann stolzer macht, als wenn er sich rühmen kann: ›Ich bin mit Sigfrid, dem Drachentöter, ausgezogen‹«
    »Weshalb kommst du dann nicht mit mir?« »Weil ich kein Mensch, sondern ein Zwerg bin und mit meinen Taten nicht prahlen muß.
    Nun geh. Tu das, was du tun mußt, und dann leg dich schlafen.«
    Regin drehte sich um und richtete den Drachenkopf auf; das leise Klopfen des Hammers markierte die Pausen zwischen den Worten, die er bei seiner Arbeit flüsterte. Sigfrid sah ihm ein paar Augenblicke beunruhigt zu. Aber dann machte er sich an seine Aufgabe und überprüfte gewissenhaft ein Schiff nach dem anderen. Die Taue waren dick und stark, keines sah aus, als könne es sich durchscheuern, und die Knoten waren festgezogen. Die Fässer mit gesalzenem Fisch und trockenem Brot, mit Dünnbier und leichtem Wein waren sorgsam verstaut, so daß sie bei hohem Seegang nicht durcheinanderfallen würden. Bei den Fässern lagen auch gut befestigte Bündel von Speeren und Pfeilen, deren Spitzen gegen Rost und Salz dick eingefettet waren. Die Schiffsrümpfe waren so stark und leicht, wie Regins Geschick und das Können der besten alemannischen Handwerker sie hatten machen können. Ihre sauberen geraden Linien und die schmalen Kiele überraschten Sigfrid, der an die flachen Flußkähne immer noch gewöhnt war. Rennpferde, anstelle von Zugpferden, dachte er und strich unwillkürlich mit der Hand über die glatten Planken des Flaggschiffs. Über ihm hing das Banner schlaff am Mast. Seine Mutter hatte es ihm gegeben. Im schwachen Mondlicht war es so dunkel wie die gefalteten Schwingen eines schlafenden Raben.

    *

    Sigfrid stand breitbeinig auf den Planken seines Flaggschiffs, hob das Horn seines Vaters, holte tief Luft und ließ dreimal den Ruf zum Aufbruch erschallen, der laut und dumpf durch den weißen Nebel über dem morgendlichen Fluß hallte. Es dauerte nicht lange, und er sah die dunklen Schatten der Männer, die durch den Dunst näherkamen; aber im Nebel verschwammen die vertrauten Gesichter und bekannten Gestalten, und plötzlich glaubte er, Feinde vor sich haben. Er hörte ihr Kampfgeschrei und sah die grimmig verzerrten Gesichter. Das Blut hämmerte in seinen Schläfen. Er glaubte sich verraten und griff zornig zum Schwert. Ein roter Schleier wilder Kampfeswut erfaßte ihn, aber dann hörte er, wie die Männer riefen: »Es lebe Sigfrid!« Das Feuer des Zorns erlosch, und er legte benommen die Hand vor die Augen. Mit einem Satz stand er auf der Bordwand neben Regins Drachenkopf und sprang in den Schlamm am Ufer. Er half seinen Männern die letzten Dinge auf die Schiffe zu verteilen und einzuladen. Jedes Schiff hatte eine Besatzung von zwanzig jungen Männern und vier der älteren Gefolgsleute, die mit Alprecht im Norden gewesen waren.
    Eine frische Brise kam auf, und der Nebel über dem Fluß lichtete sich. Endlich konnte Sigfrid in der zunehmenden Helligkeit alle seine Schiffe deutlich sehen. Sein Banner entrollte sich, und bald wehte der leuchtend rote Apfel der Wälsungen auf weißem Grund im aufkommenden Wind. Sigfrid holte den Anker ein. Als das auf den anderen Schiffen ebenfalls geschehen war, ging er zur Bordwand und löste die Taue. »Für Wotans Rache und den Sieg!« rief er, und das Schiff legte ab. Hinter ihm wurde knarrend das große Segel gehißt. Als der Wind hineinfuhr, hatten die Männer Mühe, es festzuhalten. Herwodis und ihre Frauen hatten es mit aufwendigen Stickereien geschmückt; rote und goldene Fäden zogen sich durch die gewebten Wollstreifen. In der aufgehenden Sonne bauschte es sich majestätisch und wölbte sich so prächtig, daß Sigfrid bei diesem Anblick, der seine kühnsten Träume übertraf, ehrfürchtig staunte. »SIGFRID!« hörte er Adalprant, den Kapitän des zweiten Schiffes, das nach dem Flaggschiff ablegte, rufen. Kunitrut, Paltwin und Anshelm folgten Adalprants Beispiel. Diese erfahrenen Männer hatten nach Alprechts Willen das Kommando über je ein Schiff übernommen. Sigfrid wollte fragen, was die Kapitäne von ihm wollten, aber dann begriff er, daß sein Name für sie

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