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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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dran!« Er hob die Hand und gab das verabredete Zeichen. Sofort begann unter Gejohle und Geschrei das Rennen durch das schlammige Gras, denn jeder versuchte, den anderen zum Ufer zu drängen. Sigfrid wußte sehr wohl, daß er alle überholen konnte, aber er hielt sich zurück und lief neben Gunter her.
    Bald hatten die Bräutigame und ihre Krieger die Frauen bis auf Brünhild hinter sich gelassen. Trotz des langen Gewands lief sie noch vor den Männern her.
    »Los, überhol sie!« keuchte Gunter. »Du mußt als erster die Halle erreichen... laß sie auf keinen Fall hinein!«
    Sigfrid kannte dies auch als alemannische Sitte. Ein Bräutigam mußte den Eingang versperren und seine Braut über die Schwelle geleiten, damit sie nicht stolperte. Mühelos holte er Brünhild ein und rannte an ihr vorbei. Er traute sich nicht, den Kopf zu wenden und sie anzusehen. In seiner Ohnmacht lief er verzweifelt über das schreckliche Wissen blindlings durch den Regen.
    Als Sigfrid die Halle erreicht hatte, zog er Gram, stellte sich vor das Tor und setzte die Schwertspitze auf die Schwelle, als sei er ein grimmiger Wächter.
    Brünhild atmete schnell, als sie das Tor erreichte. Das bleiche Gesicht überzog ein rosa Schimmer, und ihre Augen funkelten hell. »Bist du Gunters Knecht? Bist du sein Sklave?« fragte sie mit beißender Stimme. »Oder willst du mich in die Halle führen?« Sigfrids Hände lagen zitternd um den Schwertgriff. Er wollte sie in die Arme nehmen, sie an sich drücken. Er dachte an ihre Kraft, an die Leichtigkeit ihres Körpers, und heiße Tränen stiegen ihm in die Augen und mischten sich mit dem Regen, der ihm über das Gesicht floß.
    Die Männer lachten, als Gunter sie durch den Garten um die Halle zum Tor führte und rief: »He, Sigfrid, hast du gewonnen? Oder werden wir heute abend unsere Gäste bedienen?«
    »Komm, Gunter, führe deine Braut in die Halle. Ich kann sie nicht länger warten lassen«, erwiderte Sigfrid mit verzerrten Lippen und gepreßter Stimme.
    Der Burgunderkönig ging die letzten Schritte zur Halle langsam und feierlich. Sigfrid machte ihm Platz. Er überquerte die Schwelle, drehte sich um und stand kurz mit nach unten gerichtetem Schwert im Eingang. Sigfrid sah nicht, wie Gunter die Hand seiner Braut nahm, aber er hörte, wie sein Blutsbruder sagte: »Komm, Geliebte, komm in die Halle, wo du Königin sein wirst.« Als sie plötzlich wie nach Luft rang, drehte sich Sigfrid überrascht um und sah, wie Gunter sie auf den Arm nahm und über die Schwelle hob. Er hörte Brünhild schmerzlich stöhnen, als Gunter sie auf den Boden setzte, sie falsch auftrat und sich den Knöchel stauchte. Ihr Mann stützte sie sofort, so daß es niemand außer Sigfrid sah, wie sie stolperte. Doch Sigfrid hatte es gesehen, und er wußte, daß Gunter dieses schlechte Omen verheimlichen mußte.
    Geistesgegenwärtig trug der Burgunderkönig seine Frau zu den Ehrenplätzen am Ende der Halle und küßte sie, bevor er sie wieder absetzte.
    Sigfrid drehte sich um und wartete niedergeschlagen auf die Frauen, die bald im Garten erschienen. Gudrun lief an ihrer Spitze. Die dichten Haare hingen ihr naß um den Kopf, die Wangen glühten nach dem Rennen, und Sigfrid fand, er habe sie selten so voller Leben gesehen. In diesem Augenblick sehnte er sich nach der Verzauberung, die ihn bisher jedesmal bei ihrem Anblick erfaßt hatte. Sie lief lachend auf ihn zu, und er lächelte, als sie vor seinem Schwert stehenblieb. Er schob ihr mit der freien Hand zärtlich die Haare aus der Stirn, dann nahm er ihre kleine Hand in die seine. Er spürte sie kaum, als er sie über die Schwelle trug.
    Als Gudrun glücklich in der Halle stand, ließ Sigfrid ihre Hand los, aber Gudrun legte ihm fest beide Arme um den Oberkörper. Er beugte sich über sie, strich ihr behutsam über die nassen Haare und richtete den goldenen
    Stirnreif. Aber noch immer fassungslos über den unglaublichen Betrug wanderte sein Blick unwillkürlich zu Brünhild, die Gudrun unglücklich anstarrte. Sigfrid überlegte verzweifelt, wie er Brünhild alles sagen konnte. Er wollte ihr gestehen, daß er sie betrogen hatte, ihr aber auch von seiner Täuschung erzählen. Doch gerade das war ihm versperrt. Das Hochzeitsfest nahm seinen Lauf.
    Sigfrid führte Gudrun zu ihren Plätzen. Als sie saß, entschuldigte er sich und lief hinaus in den Garten. Draußen umrundete er unbemerkt die Halle. Es regnete noch immer in Strömen, und er schüttelte sich vor Nässe, als er durch die

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