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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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»aber jetzt wäre ich imstande, dich zu töten.« Noch ehe Gunter etwas tun konnte, sprang Brünhild auf und hielt einen Dolch in der Hand. Es gelang ihm, ihr Handgelenk zu fassen, bevor sie ihm den Dolch in die Kehle stoßen konnte. In ihrer wahnsinnigen Wut bekam Brünhild übermenschliche Kräfte. Langsam schob sie Gunter rückwärts und setzte ihm wieder den Dolch auf die Kehle. Gunter ließ sie blitzschnell los und trat zur Seite. Sie wäre beinahe gefallen, aber sie faßte sich, drehte sich um und wollte sich wieder auf ihn stürzen. In diesem Augenblick erschien Hagen, legte von hinten die Arme um sie und fesselte sie mit seiner Kraft. Augenblicklich wurde sie schwach und sank keuchend in sich zusammen. »Du solltest sie in Ketten legen«, sagte Hagen, »sie hätte dich töten können, und sie wird es noch einmal versuchen. Stell dir vor, sie greift deine Schwester an ...«
    Gunter schüttelte den Kopf. »Nein, laß sie los. Ich will sie nicht in Ketten legen.«
    Hagen ließ Brünhild zögernd los. Sie richtete sich auf, ging zu ihrem Stickrahmen und setzte sich. »Freut euch nicht zu früh«, sagte sie leise und blickte erst Hagen und dann Gunter an. »Gunter, du wirst mich nie mehr in deiner Halle sehen. Ich werde weder trinken noch an deinem Tisch sitzen, keine freundlichen Worte sprechen, keinen Stoff mit Gold besticken oder dir einen Rat geben. Aber alle Welt soll es wissen: Mein größter Kummer ist, daß ich nicht mit Sigfrid verheiratet bin.«
    Brünhild schlug auf den Wandteppich und zerriß ihn in Fetzen. Sie lief zu der Tür, die in die Halle führte, und stieß einen lauten Klageruf aus.
    Hagen folgte ihr und schloß energisch die Tür. Er blickte sie durchdringend an. »Denkst du nicht an die Ehre deines Mannes oder an deine eigene?« fragte er. »Es wäre besser für dich, du würdest schweigen oder in den Wald laufen. Dort könntest du dir ein Wolfsfell überwerfen und heulen, solange du willst.«
    Gunter sah nicht, wie Brünhild seinen Bruder schlug, aber er sah, wie Hagen zurückwich und den Kopf zur Seite drehte. Blut floß aus einem Mundwinkel. Hagen leckte es ab und blickte sie mit dem einen Auge ruhig an. »Hast du nun genug?«
    »Du bist kein Mensch«, flüsterte sie, »warum quält ihr mich?«
    »Warum benimmst du dich nicht so, wie es sich für eine Frau wie dich gehört?«
    »Habe ich nicht schon genug gelitten? Wäre es besser, wenn ich verlogen lächeln würde und hinter dem Rücken meines Mannes seinen Untergang betriebe? Nein, jetzt soll alles so enden, wie es enden muß. Ich schrecke nicht vor dem zurück, was getan werden muß.« Sie blickte Gunter an. »Und du, geh! Du wirst mich nicht wiedersehen noch einen Anteil an dem haben, was mir gehört.«
    Bevor Gunter etwas erwidern konnte, sagte Hagen zu Brünhild: »Hast du nicht schon genug gelitten? Du könntest, wenn du nur wolltest, mit einem König als Mann zufrieden sein und ihm sein Kind zur Welt bringen. Du könntest froh sein zu wissen, daß Sigfrid lebt und glücklich ist. Vergiß nicht, noch sind nicht alle Wälsungen tot.«
    »Was für ein Wesen bist du?« flüsterte Brünhild. »Sagen dir die Toten diese Dinge, wenn du nachts am Fluß sitzt?«
    »Eine Walküre sollte nicht abfällig über die Toten reden. Aber du hast keinen Grund, mir Vorwürfe zu machen, denn du hast bereits mehr gesagt, als gesagt werden dürfte.«
    Brünhild ging zu ihrem Bett, legte sich nieder, drehte das Gesicht zur Wand und zog die Decken über den Kopf. Gunter und Hagen sahen sich stumm an. Dann wußte Gunter, daß er nicht länger in diesem Zimmer bleiben konnte. Er bedeutete seinem Bruder, ihm in den Garten zu folgen. Hagen schloß hinter sich die Tür.

    *

    Niemand erwähnte Brünhild, als Sigfrid abends mit den beiden Jungen zurückkam. Man sagte ihm nur, sie sei krank, und er schien sich damit zufriedenzugeben. Aber am nächsten Tag ging Gudrun wieder zu Gunter. Sie sagte: »Ich muß mit dir unter vier Augen sprechen.«
    Gunter seufzte, verließ seinen Platz an der Tafel und folgte seiner Schwester in die Kammer, die sie mit Sigfrid teilte. Das Bett nahm die Hälfte des Zimmers ein und war noch nicht gemacht. Decken und Laken lagen zerwühlt durcheinander. Er wußte, wie leidenschaftlich sich Gudrun und Sigfrid liebten. Gunter wußte auch, daß Sigfrids Manneskraft der Stärke entsprach, mit der sich niemand messen konnte. Gegen seinen Willen stellte er sich vor, wie Brünhild nichts anderes wollte, als sich Sigfrid mit der ganzen Liebe

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