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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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jubelte Humla, und Wolfhart blickte erstaunt auf die Linie, die er übertreten hatte. Gudruns Schwert wirbelte so schnell, daß sie es nicht stoppen konnte. Sie traf seine Rippen so fest, daß er von einer Stahlklinge halbiert worden wäre.
    Wolfhart rang nach Luft, drückte vor Schmerz die Hand auf die Seite und fiel auf den Boden. »Au... ich bin tot...« stöhnte er zum großen Vergnügen von Bleida und Humla. Gudrun ging zu ihm, umfaßte seinen Arm und half ihm beim Aufstehen. »Wo hast du kämpfen gelernt?« fragte er. »Als Mann wärst du der stärkste Krieger weit und breit.«
    Gudrun wußte nicht, ob er sich über sie lustig machte oder ob echte Anerkennung aus seinen Worten sprach. »Ich würde gern öfter mit dir üben. Die meisten Krieger kämpfen nicht richtig mit Holzschwertern, und deshalb macht es eigentlich keinen Spaß.«
    »Du hast dich zurückgehalten, gib es zu.« »Anfangs schon. Ich dachte, du wolltest dir einen Spaß erlauben, als du mich zu diesem Übungskampf herausgefordert hast. Aber dann... du hättest Hackfleisch aus mir gemacht, wenn ich mich nicht richtig gewehrt hätte.«
    Gudrun lächelte ihn an. »Na gut, Frija weiß, an einem solchen Tag mußte ich jemanden haben, um meinen Zorn loszuwerden.«
    »Ach, dieser Römer. Ja, da hast du recht. Sie kommen einfach hierher und tun so, als würde ihnen noch immer die ganze Welt gehören.« Unter den Bäumen und Büschen bewegte sich etwas. Gudrun blickte mißtrauisch zum Wald hinüber und entdeckte den Schamanen im Unterholz. Eigentlich sah sie nur trockene Blätter und ein Gewirr von Zweigen, aber im nächsten Augenblick stand die kleine runzlige und in braune Felle gehüllte Gestalt mit einem dicken Sack vor ihr. Wingi, der blonde junge Mann, der den Schamanen ständig begleitete, tauchte weniger geschickt unter den Bäumen auf. Vielleicht lag es an seiner Größe und der kräftigen Gestalt, daß er sich nicht so geschmeidig bewegen konnte. Aber er war nur zum Teil Hunne, und in seinen Adern floß deshalb nicht nur das Blut der dunklen Geister, die die Ahnen der Hunnen waren, so fiel es ihm nicht leicht, sich die Künste des Schamanen anzueignen.
    Gudrun hob instinktiv das Übungsschwert, als der Schamane und Wingi näherkamen. Sie hörte, wie Wolfhart sich schnell um Schutz an Donar wandte und das Bernsteinamulett an seinem Hals berührte. Der Schamane verzog den zahnlosen Mund zu einem Lächeln, breitete die Hände aus und öffnete den Sack, in dem sich nur rote Pilze mit weißen Punkten befanden. Wingi errötete unter Gudruns Blick und senkte den Kopf.
    »Sei froh, Gudrun«, sagte der alte Schamane, »du wirst bald deine Brüder wiedersehen.«
    »Wie kannst du so etwas behaupten?« fragte Gudrun und staunte über die Wut, die seine Worte in ihr auslösten. Wingi trat neben sie, als wollte er den Schamanen vor ihr schützen, aber der Alte bedeutete ihm, sich nicht einzumischen.
    »Glaubst du mir nicht? Du wirst es bald genug erfahren.«
    »Was redest du da? Hat das etwas mit dem Römer zu tun?« Der Alte lachte wie über einen Scherz und ließ den Sack an einem Lederriemen hin und her schwingen. »Laß dich von dem überraschen, was Attila dir heute abend zu sagen hat. Wenn auf der Botschaft noch Platz ist, dann erinnere Hagen an meine Abschiedsworte. Ich habe ihm damals prophezeit, er werde am Ende doch zu dem Volk seines Vaters zurückkehren müssen.«
    Vor Gudruns Augen schien plötzlich alles zu verschwimmen, sie fühlte sich betäubt, als habe ihr jemand auf den Kopf geschlagen. Der Schamane drehte sich geräuschlos um. Sie schwankte, ließ ihn aber nicht aus den Augen, bis er in seinem Zelt verschwunden war. Wingi folgte seinem Meister.
    »Was hat er da gesagt?« fragte Wolfhart, »ich dachte, Hagens Vater. ..«
    Gudrun packte seinen Arm, starrte ihm wütend in die Augen und zischte: »Hagen ist der Sohn von Gebika und Krimhild. Wenn ich je hören sollte, daß du etwas anderes behauptest, dann zieh ich dir bei lebendigem Leib die Haut ab und werfe dich in Salzwasser. Hast du mich verstanden?«
    »Ja... ja.« Sie ließ ihn los, und er murmelte verlegen: »Ich hab mir nichts dabei gedacht.« »Wie solltest du auch.«
    Gudrun kämpfte gleichzeitig gegen Wut und Tränen.

    *

    Wingi kauerte neben dem Schamanen, der mit gekreuzten Beinen auf dem Boden saß und in die Grube blickte, wo seine Schlangen ruhelos zischend übereinanderglitten. Er leerte den Sack mit den Pilzen auf ein Blech und legte es zum Trocknen über die Kohlepfannen,

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