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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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der Rolle hat sie unterschrieben. Darunter steht noch etwas. Kannst du die Runen lesen?«
    Gunter gab Hagen das Pergament. Die Runen waren etwas verwischt und über ihnen war ein Fleck, so als habe Gudrun etwas falsch Geschriebenes löschen wollen. Hagen sah eine Raidho-Rune; sie bedeutete eine Reise. Dahinter stand eine größere Wunjo-Rune, die Freude verhieß. Die obere Hälfte durchbohrte die Raidho-Rune: »Sie scheint uns zum Kommen aufzufordern«, sagte er. Hagen schwieg, aber dann fügte er langsam hinzu: »Es ist seltsam, daß sie diesen Ring schickt, wenn es um ein frohes Ereignis geht.«
    »Jetzt fällt es mir wieder ein«, unterbrach ihn Wingi, »Attila hat mir erklärt, daß sie euch mit diesem Ring auffordert, ihn ihr zurückzubringen, sonst trifft euch ihr Fluch.« Das Feuer tanzte um den Ring, der Drache schien sich im Schein der Flammen zu bewegen und über das Schicksal zu wachen. Hagen fühlte die Verführung des rotgoldenen Feuers, aber er hütete sich, den Ring in die Hand zu nehmen.
    »Sie hätte sich nicht von dem Ring getrennt, wenn wir ihn nicht zurückbringen sollen«, murmelte Gunter und dachte: Wenn sie noch am Leben ist. Der Ring ist ein unheimliches Zeichen. Aber laut sagte er: »Ich glaube, er ist ihr das Kostbarste, nach ...«
    Nach Sigfrids Tod, aber das brachte er nicht über die Lippen - nicht in Gegenwart von Hagen. Auch dieser umheimliche Hunne sollte nicht das Eingeständnis seiner großen Schuld hören, die ihm niemand von der Seele nehmen konnte.
    Gunter sah, wie Wingi ein Lächeln unterdrückte, und entschloß sich, das Thema zu wechseln. »Ist Gudrun bei Attila glücklich?« fragte Gunter. »Ist sie zufrieden, Königin der Hunnen zu sein?«
    »Sie hat ein gutes Leben. Attila ist ihr gegenüber sehr nachsichtig und behandelt sie nicht wie andere Frauen. Sie kann in allen Dingen, die sie angehen, nach ihrem Gutdünken frei entscheiden. Auch die Söhne des Königs sind gesund und stark. Sein Volk sieht darin die Zustimmung der Götter und Geister, die seine Wahl billigen und ihn als König stützen.«
    Zu Hagens großem Erstaunen erschien nicht Gladis, um Wein zu bringen, sondern Costbera. »Wieso hast du bei diesem Wetter das Haus verlassen?« fragte er seine Frau. »Du solltest doch zu Hause bei den Kindern bleiben. Hat Alfarik noch Fieber?«
    »Nein«, erwiderte Costbera leise, »es geht ihm besser.« Sie senkte den Kopf. »Ich habe mir Sorgen gemacht und bin gekommen, um zu sehen, warum du so lange mit Nibel wegbleibst.«
    »Es wird noch eine Weile dauern, bis wir die Halle verlassen. Du mußt dir keine Sorgen machen.«
    Als Costbera dem Burgunderkönig den Becher füllte, fragte er sie: »Kannst du Latein lesen?« »Ja, warum?«
    »Sieh dir dies an und sag mir, ob ich es richtig verstanden habe.«
    Costbera stellte den Krug ab und griff nach dem Pergament. Sie überflog die Worte, blickte dann etwas länger auf die Unterschriften und danach wieder auf das Schreiben. Hagen sah, wie sie die Stirn runzelte und überlegte.
    Dann sagte sie: »Attila läßt dich grüßen und möchte, daß du zum Winterfest kommst... er muß das Julfest meinen. Es sieht so aus, als habe das ein Römer für ihn geschrieben, denn seine Unterschrift unterscheidet sich deutlich von den anderen Buchstaben.« Sie legte die Pergamentrolle neben den Ring.
    »Oh!« rief Gunter erfreut. »Ich habe also die römischen Runen richtig gelesen.«
    Hagen wurde sein wachsendes Unbehagen nicht los. »Warum sollte ein Römer zu Attila gekommen sein, um diese Nachricht zu schreiben? Warum ist es für einen Römer wichtig, ob wir zu einem Fest reiten oder nicht?«
    »Viele Fremde kommen durch Attilas Land, und unser König ist wie ihr durch einen Vertrag an Valentinian gebunden. Was ist dabei, wenn ein Reisender oder ein Gast dem König einen Gefallen tut und dies für ihn geschrieben hat?«
    »Soll ich noch mehr Wein bringen?« fragte Costbera, als sie die Gläser gefüllt hatte.
    Das blaugrüne Glas gab dem dunkelroten Wein eine seltsam unnatürliche Farbe, als seien die Trauben vergiftet worden. In Gunters Keller gab es besseren Wein. Als er das Glas hob, mußte er an Krimhild denken - an die Tränke, die sie gemischt hatte. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Er stellte das Glas in plötzlichem Unwillen auf den Tisch. »Bring uns den besten Wein, den wir haben«, sagte Gunter, »ich glaube, heute sollten wir ihn trinken.«
    Die drei Männer tranken und unterhielten sich eine Weile. Gunter wurde vom schweren

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