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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Menschen!
    Über die blühende Erde / zu einem Haus kam er...
    Schwanhild eilte wie im Traum immer wieder zu ihrem Mann und füllte seinen Pokal. Sie staunte, wieviel Dagabert trank. Immer schwerfälliger setzte seine dicke narbige Hand den römischen Pokal auf den Tisch. Ganz gewiß würde er wie ein Toter schlafen, als hätte sie ihm Mohnsaft zu trinken gegeben oder die gefährlichen schwarzsüßen Beeren der Tollkirsche. Noch einmal füllte sie ihm den Becher, obwohl er ihn ihr nicht mehr entgegenhob. Er schien nicht mehr klar denken zu können, als sei ihm das Bewußtsein von dem Lied und dem Bier entrissen wie ein Blatt, mit dem der Sturmwind sein Spiel treibt. Schwanhild leerte ihren Becher und dann noch einen und überließ sich Herobarts Stimme, die klar den tosenden Wind vor der Halle übertönte.
    Drei lange Nächte / lag er bei ihnen, 
    hochherziger Mannus / mächtig und klug. 
    Diesen Sohn nannten sie / Karl, den er dort bekam. 
    Ein Bauer, Landbesitzer / der erste freie Mensch.
    Rot war sein Gesicht / und flink seine Augen, 
    mit starken Armen stand / aufrecht der Mann. 
    Zähmte den Ochsen und / schmiedete die Pflugschar,
    bestellte die Felder und / pflügte die Erde.
    Er nahm eine Frau / tüchtig und als Ahnfrau wert,
    von ihnen stammen alle / die frei geboren sind. 
    Mannus ging weiter / mächtig und klug,
    Heil Mannus / Vater der Menschen!
    Über die blühende Erde / zu einer Halle kam er...
    Als Herobart schwieg, herrschte eine Weile Stille. Schwanhild kam es vor, als schwebe eine schimmernde Wolke langsam aus der Halle, und zurück blieben die dunklen Schatten des erlöschenden Feuers. Dann schlugen die Männer die Trinkhörner und Becher gegeneinander, brachen begeistert in Beifall aus, und der Bann war gebrochen. Einige riefen: »Mehr! Mehr!« aber Dagabert schlug gegen seinen leeren Bronzepokal. Dann erhob er sich schwankend. »Das... war ein großartiges Lied. Du bist ein großartiger Skalde. Behalte den Pokal, aus dem du getrunken hast, du hast ihn verdient.« Schwanhild hörte erstauntes Raunen. Gold wurde oft gegeben, aber ein Glaspokal war eher ein Geschenk für einen Edelmann, und ein Drichten verschenkte so etwas Kostbares selten als Auszeichnung. Aber Dagabert nickte und fiel dabei fast vornüber. »Ja, behalte ihn.« »Das Geschenk eines Edelmanns und eines Drichten«, erwiderte Herobart. »Meine Lieder werden an dich erinnern, sogar in Walhall.« »Gut, gut...«
    Dagabert wandte sich Schwanhild zu und sagte: »Komm, meine Liebste ... wir gehen zu Bett.«
    Er nahm ihren Arm und ließ sich von ihr durch die rauchige Küche zu ihrer Kammer führen. Die starke Schwanhild hatte Mühe, ihren schweren, muskulösen Mann zu stützen, der von einer Seite zur anderen schwankte.
    Der Alkohol hatte auch sie benommen gemacht und beschwingt, und ihr Atem ging schnell. Erleichtert half sie Dagabert in ihrer dunklen Kammer, sich auf die saubere, mit Federn gestopfte Matratze unter den dicken Felldecken zu legen. Er schlief beinahe auf der Stelle ein. Schwanhild hörte ihn leise schnarchen, noch bevor sie ihm die Stiefel ausgezogen hatte. Langsam löste sie die Bänder ihrer Schuhe, öffnete den Gürtel, an dem die Schlüssel hingen, griff mit den Armen über den Kopf und zog das Kleid aus. Sie tastete sich zu der Eichentruhe an der Wand, zog sich langsam weiter aus und legte ihre Sachen auf den Deckel der Truhe.
    Schwanhild hörte nicht, wie sich die Tür öffnete, sie sah auch den Feuerschein nicht oder den Schatten in der dunklen Kammer, aber sie spürte den Windstoß auf ihrem nackten Leib, der ihre Brustwarzen aufrichtete und ihr einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. Sie wußte, Herobart war gekommen. Er sagte nichts, aber er berührte sanft ihre Haare. Alle Nadeln, Spangen und Bänder lösten sich unter seinen zärtlichen Händen, und ihre Locken lagen in einer silbrigen Welle auf ihre Schultern. Seine Berührung war so kühl wie ein brausender Strom und so warm wie ein Feuer, dessen Hitze glühte, ohne zu verbrennen. Er zog sie an sich und trug sie auf seinen kräftigen Armen zum Bett, wo ihr betrunkener Mann schnarchend schlief. Herobart versetzte sie in einen süßen Taumel wilden Verlangens, drang so sanft in sie ein wie ein Sommerhauch und so wild wie ein Wolf, ein feuriger Hengst, ein Adler, dessen Schwingen sie umfaßten und in höchste Höhen trugen. Wie eine Schlange, die in die Tiefe gleitet, stieß er vor zu ihren Wurzeln mit solch rasender Macht, daß sie sich ihm ganz

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