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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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lösten sich die verkrampften Muskeln langsam wieder. Schwanhild lag regungslos und ließ den Schmerz abklingen wie eine große Welle, die langsam am Ufer ausrollt, während die winzigen Lippen ihres Sohnes in der mit Milch gefüllten Brust feine Stiche auslösten. Als der Kleine nicht mehr trinken wollte, hob ihn Sigrun behutsam hoch, und Audrid setzte Schwanhild einen dampfenden, honigsüßen Becher Bier an den Mund. Schwanhild trank dankbar. Die Wärme des Biers breitete sich schnell in ihrem leeren Magen aus, und sie sank in einen tiefen, ruhigen Schlaf. Als letztes hörte sie noch Dagabert triumphierend rufen: »Ein Sohn! Die Götter haben mir zur Sommersonnenwende einen Sohn geschenkt!«

    *

    Am neunten Tag nach der Geburt ihres Sohnes war Schwanhild noch immer schwach und wund, aber sie konnte bereits stehen und sogar ein paar Schritte gehen, ohne sich auf ihren Mann oder die Kammermägde stützen zu müssen. Ein leichter hellblauer Umhang schützte sie vor dem kühlen Wind der klaren Sommernacht, als sie langsam das blonde, gewickelte Kind zu dem Runenstein in der Mitte des heiligen Hains neben der Halle trug.
    Audrid stand an ihrer rechten Seite und Sigrun an ihrer linken, um sie zu stützen, falls es notwendig sein sollte. Die Anwesenheit der alten Berchton, die dicht hinter ihr ging, empfand sie als tröstlich, auch wenn sie die Hebamme nicht sehen konnte.
    Dagabert und alle seine Gefolgsleute standen im Halbkreis um den großen Stein. Der sanfte Wind raschelte in den Blättern von Eschen, Eichen und Birken. Die Sterne funkelten hell am wolkenlosen Himmel. Der neue Mond versilberte den heiligen Stein und den Lauch, der darauf lag. Schwanhild blickte auf das hübsche kleine Gesicht ihres Sohnes, das im Mondschein so zart aussah. Sie lächelte ihn glücklich an und kitzelte ihm durch die wollenen Tücher die kräftigen Beinchen.
    »Ga«, stieß er zufrieden hervor, und ihr Herz quoll über vor Liebe. Sie drückte ihn fest an sich, richtete sich auf und trat neben ihren Mann vor den Runenstein.
    »Hört mich, ihr hohen Götter in diesem heiligen Hain«, rief Dagabert. »Hört mich, Tius, Wotan und Thor! Hört mich, Fro Ingwe und Frowe Hulda, Nerthus und alle Wesen der lebenspendenden Erde. Ich, Dagabert, der Sohn des Wigabercht, erkenne dieses Kind als meinen Sohn an. Er ist von mir gezeugt, und geboren in mein Geschlecht. Und so gebe ich ihm den Namen Sigbert für alle Siege, die er erringen wird.«
    Dagabert tauchte die Finger in das uralte Ritualhorn eines Auerochsen, das ihm Arnuwulf hielt, und benetzte den Kopf des Kindes mit dem heiligen Wasser, das im Morgengrauen von einer heiligen Quelle geschöpft worden war. Er legte Sigberts Fingerchen um den kräftigen hellen Lauchstengel, dessen dunkelgrüne flache Blätter sich vor dem Köpfchen wie ein Fächer öffneten, und hob ihn dem Himmel entgegen: »Sigbert, Dagaberts Sohn!« rief er. Aber Schwanhild dachte an die stürmische Nacht, als der Wanderer Herobart sie in der Kammer aufgesucht hatte, während ihr Mann wie tot im Bett neben ihnen lag, und lächelte. Dann flüsterte sie: »Sigbert, Sohn des Wotan«, aber so leise, daß nur sie und die unsichtbaren Kräfte um den heiligen Runenstein sie hören konnten.

7
DAS SCHWERT
    Der weiße Glanz von Mond und Sternen auf dem Runenstein wurde rot wie Glut. Vor Sigfrids verschwommenem Blick wirkte der Stein wie schmelzendes Gold. Er versuchte mit aller Kraft, die Augen zu öffnen - war das Windhalfs dunkler, gebückter Schatten vor der glühenden Esse seiner Schmiede? Entstand unter seinen schwieligen Händen ein Schwert, um den Drachen zu töten... nein, Fafnir hob den Kopf über den metallischen Flammen des geraubten Goldes. Der Drache lag zusammengerollt auf dem Körper eines toten Mannes und um ihn herum der kostbare Schatz.
    Ein leises rauhes Geräusch drang an Sigfrids Ohren - die Schuppen des Drachens auf dem kalten Stein? Eine Feile beim Schärfen des Schwerts? Sigfrid glaubte, auch Worte zu hören, aber die Dunkelheit schloß sich bereits wieder um ihn, und nur aus weiter Ferne hallten noch Schwanhilds Adlerschrei: »Sigbert, Sohn des Wotan... Sigbert... Sig...«
    Der Schrei verhallte und entzog sich seinem Gehör, aber er vibrierte durch sein Blut, durch seine Knochen und zog ihn wie ein Seil vorwärts. Er leistete keinen Widerstand und ließ sich mitziehen, suchte nach Bildern, die sich mit dem undeutlichen Klang verbanden,
    bis der Wind ihn wieder erfaßte und ihn im dumpfen Heulen des Sturms zu

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