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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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»Gut. Aber zuerst...«
    Freydis trat zu Siglind und legte ihr die Hand dicht unter dem Nabel auf den Leib. Ihre Haut war sehr wann, so wann wie das Fell einer Katze. Freydis hob überrascht den Kopf und sah Siglind forschend an. »Hast du diese Wand errichtet?« fragte die Seherin. »Ja. Ich will keine Kinder mehr von Siggeir.« »Drei Eis-Runen... ganz einfach, aber ich vermute bei jemandem, der sie nicht überwinden kann, wirkungsvoll genug. Du kennst also Runen? Hat Kara dir diese Kunst beigebracht?«
    »Nein. Ich habe es von Sigmund gelernt, der es von dem Erulier in der Grabkammer weiß.« Freydis murmelte etwas, das Siglind nicht ganz verstand, dann sagte sie: »Gut, ich möchte, daß du jetzt an Uruz denkst. Das ist eine Wasser-Rune, die das Eis schmilzt, ohne dir zu schaden und deinen Leib für eine neue Schwangerschaft öffnet. Dann sage ich Fehu, und du mußt dich darauf konzentrieren. Das ist eine Rune von Freyjas Feuer. Sie wird deine Fruchtbarkeit wecken, damit du heute nacht die Liebe deines Bruders gewinnst und damit den Sohn, den du haben willst.«
    Siglind nickte. Die Seherin zeichnete mit dem Finger den steigenden und fallenden Strom von Uruz auf Siglinds Leib. Dann stimmten sie beide den Runen-Namen an, und Siglind spürte, wie eine warme Flut in ihren Leib schoß. Der erstarrte Knoten taute wie Eis, das am Ende des Winters auf dem Fluß treibt und löste die Starre, die sie gefesselt hatte. Die Wärme senkte sich prickelnd tiefer. Freydis zeichnete mit dem Finger den geraden Steg und die beiden aufrechten Zweige von Fehu, und sie sangen den Namen der Feuer-Rune. Siglind konnte plötzlich nach innen blicken. Sie sah die leere Bauchhöhle, in der sich ein
    rötlicher Glanz wie flüssiges Gold ausbreitete, und sie empfand als heiße Welle den vertrauten, leidenschaftlichen Genuß, den sie nicht mehr gehofft hatte, noch einmal zu erleben. Ihre Brüste röteten sich, die Warzen schwollen an, als seien sie voll Milch. Die Seherin trat zurück. Schweißtropfen standen ihr auf der erhitzten Stirn.
    »Das sollte genügen«, sagte sie atemlos, »bleib da stehen.« Sie tauchte den Zeigefinger in ihren Topf mit dem roten Ocker, ging zu der Öffnung im Ring und schloß sie. »Wenn du jetzt meine Kleidung anziehst, denke daran, daß du nicht nur ein Kleid wechselst. Du wirst nicht mehr Siglind sein. Du suchst keine Rache, kein Kummer belastet dein Herz und kein kaltes Eisen umschließt dein Rückgrat. Du wirst Freydis sein, die Seherin... Feuer unten und grüne Erde oben. Du wanderst in der Nacht wie Freyja, springst wie eine Ziege zwischen Böcken oder läufst wie eine rollige Katze durch die Nacht und liebst, wenn du willst... und du genießt dabei jeden Augenblick.«
    Die Röte stieg Siglind ins Gesicht, aber sie senkte nicht sittsam die Augen, sondern lachte erregt, als sie den grünen Kittel der Seherin über den Kopf zog und den roten Rock zuhakte. Beide Kleidungsstücke waren viel zu groß für sie; sie kam sich komisch vor, aber sie fühlte sich frei genug, etwas lockerer zu stehen und die schmalen Hüften in dem weiten Rock hin und her zu bewegen. Die Bernsteinkette der Seherin lag leicht und warm um ihren Hals. Freydis schnaufte ein wenig, als sie Siglinds weißes Kleid überstreifte. Es spannte über den Hüften und preßte ihre Brüste zu zwei großen Ovalen zusammen. Siglind hatte breitere Schultern als sie, und deshalb gelang es ihr, die beiden oberen Knöpfe zuzuknöpfen, aber der Rest des Rückens klaffte bis zum Gesäß weit auseinander. Siglinds Gürtel vermochte sie kaum an den beiden Enden zu binden. Der Dolch mit dem Falkenkopf drückte sich schmerzhaft in ihre weiche Seite, und Siglinds Goldkette, die normalerweise zwischen den Brüsten hing, reichte bei Freydis nur bis über den hochgeschlossenen Ausschnitt. In dem engen Kleid stand die Seherin ganz gerade, und sie bewegte sich steif und langsam, als sei sie in Leder geschnürt und trage die Last eines Kettenpanzers. Sie umschritt den Ring dreimal und drehte sich auf einer unsichtbaren Achse, dann sank sie langsam auf die Knie und warf einige Kräuter in den Kessel, andere ins Feuer. Die schwarze Katze neben ihr miaute ängstlich, als sich mit stechendem Rauch der scharfe Geruch von brennendem Fell im Raum verbreitete.
    Freydis streckte über das Feuer hinweg die Arme nach Siglind aus; Siglind ergriff die Hände der Seherin, blickte ihr fest in die Augen und spürte, wie die feingeschwungenen, spitzen Wangenknochen sich rundeten, die

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