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Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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leider nichts Konkretes ermitteln können. Bielers Spur verliert sich. Ich wäre gern mit genaueren Informationen zu Ihnen gekommen.«
    Ruth verschränkte die Arme. Norma fröstelte, und Ruths versteinerte Miene wärmte die Atmosphäre nicht auf. Sie wirkte für einen Augenblick so unnahbar, dass Norma sich fragte, wie stark Inga von dieser Seite der Großmutter geprägt sein mochte.
    Norma richtete eine Frage an Martin Reber: »Wussten Sie von dem Verhältnis zwischen Marika und Bieler?«
    »Erst seit ein paar Tagen, weil Ruth mir davon erzählte. Damals ist mir nichts dergleichen aufgefallen.«
    Als er von dem Hund abließ und Ruths Hand ergriff, reagierte das Tier blitzschnell, schnappte sich den Schlüssel vom Tisch und rannte davon.
    Reber stieß einen Fluch aus und sprang auf. »Biest! Wenn er den Schlüssel wieder vergräbt!«
    Er pfiff und schrie nach dem Hund, der – angefeuert von dieser Aufmerksamkeit – mit der Beute im Fang über den Rasen jagte.
    Ruth seufzte ergeben. »Arlo ist ein lieber Kerl. Leider zudem ein unverbesserlicher Dieb.«
    Norma unterdrückte ein Lächeln. »Was stellt er mit seinem Diebesgut an?«
    »Das meiste bringt er zurück!«, versicherte Ruth.
    »Fragt sich nur, wann und in welchem Zustand«, knurrte Reber und schrie wieder nach dem Hund. »Arlo! Hierher!«
    Der Hund zog unermüdlich seine Kreise, bis Reber nichts anders übrig blieb, als hinunter auf den Rasen zu gehen, wo es ihm nach einer Weile endlich gelang, dem Hund die Beute abzunehmen. Mit dem hoch erhobenen Schlüsselbund winkte er zur Terrasse herauf und verabschiedete sich.
    Auch Norma erhob sich.
    Ruth begleitete sie zur Treppe. »Marika hat selten über ihre Ehe gesprochen, aber ich habe genügend mitbekommen. Bernhard ist ein schwieriger Mensch. Rechthaberisch und überempfindlich, wenn Sie mich fragen. Es brauchte keinen anderen Mann, um die beiden auseinanderzutreiben. Marika allein konnte die Ehe nicht retten.«
    »Eine gescheiterte Ehe«, sagte Norma bedächtig, »erklärt nicht, warum eine Frau ihre zweijährige Tochter zurücklässt. Und sich nie wieder bei ihrer Mutter meldet.«
    »So ist Marika: Entweder-oder! Dazwischen gibt es für sie nichts. Sie lebt irgendwo auf der Welt. An einem schönen Ort und ist glücklich. Ich lasse mir nicht einreden, sie hätte sich umgebracht! Sie werden doch nicht aufgeben, Frau Tann?«
    »Ich sehe im Augenblick keinen weiteren Anhaltspunkt als Bieler. Aber der Mann scheint unauffindbar.«
    »Bitte suchen Sie weiter.«
    »Was auch immer herauskommt: Das Ergebnis könnte schmerzlich sein.«
    Ruth zögerte nicht. »Wenn es nur die Wahrheit ist. Ich brauche endlich Gewissheit.«
    Sie bat Norma, das Gartentor zu schließen, damit der Hund nicht auf die Straße lief. Im Augenblick zählten für den Labrador nur die Maulwürfe. Bis zum Nacken steckte er in einem frisch ausgehobenen Loch und kümmerte sich nicht um Norma, die mit raschen Schritten den Rasen überquerte.
    Warum hatte Bernhard seine Vorwürfe gegen Bieler so lange für sich behalten? Die Frage gab Anlass zu allerlei Spekulationen. In Normas Vorstellung baute sich ein Spinnennetz auf. Fest gewebt aus Liebe, Hass und Eifersucht.

6
    Für den Rückweg nahm sie die Autobahn, die weniger schöne, aber schnellere Alternative für die Fahrt aus dem Rheingau nach Wiesbaden. Seit der Trennung von Arthur wohnte sie in Biebrich, Wiesbadens südlichem Stadtteil. Sie liebte den Blick auf die Platanen am Rhein und das graziöse Schloss mit seiner ausgewogenen Symmetrie. Die Wohnung mit zwei Zimmern, Küche und Bad, die sich allesamt so eng und schräg zeigten, wie es nur unter dem Dach möglich war, befand sich zwei Stockwerke über dem Büro im Erdgeschoss. Auf der mittleren Etage wohnte die Hausbesitzerin, die Lehrerin Eva Vogtländer. Bei der Suche nach einer Bleibe hatte Norma wenig Auswahl gehabt. Genau genommen war diese Wohnung die einzige, die sie bekommen konnte; mit dem Glücksfall, dass auch der Laden leer stand, nachdem der Blumenhändler in Rente gegangen und ohne Nachfolger geblieben war. Norma hatte nichts anderes vorzuweisen als das ehrgeizige Ziel, ihren Lebensunterhalt als Private Ermittlerin zu verdienen. Von Arthur wollte sie sich keinen Unterhalt bezahlen lassen, obwohl ohne sein Versagen in Kolumbien nicht hätte geschehen können, was geschehen war, und Norma Polizistin geblieben wäre. Eva ließ sich von der Androhung unregelmäßiger Mietzahlungen nicht abschrecken. Sie fand den Gedanken, eine echte

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