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Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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besorgt. Die Männer der Gartenbaufirma hatten das Arbeitsgerät zu leichtsinnig am Hang abgestellt.«
    Auch was er im Folgenden sagte, stimmte beinahe wortwörtlich mit Ruths Aussage und seinen Angaben in den Akten überein. Norma hatte nichts anderes erwartet.
    »Sie sind zum Gartenhaus hinaufgegangen, um Holzbohlen zu holen?«
    »Ich suchte etwas zum Abstützen, fand aber nichts. Es gab dort kein Holz, das noch zu etwas taugte. Ruth wusste das nicht. Sie war nicht dort oben, seit ihr Mann starb. Zu viele Erinnerungen, sagt sie.«
    »Und Sie selbst kannten sich dort auch nicht aus. Waren Sie so selten oben in der Hütte?«
    »Wozu? An diesem Abend war ich zum ersten und letzten Mal dort.«
    Er verschränkte die Arme. Der Tweed war an den Ellenbogen abgewetzt. Die abgetragene Jacke milderte seine Arroganz und schien eine fehlbare und menschliche Seite zum Vorschein zu bringen, die Inga vertrauter sein musste als jedem anderen. Das Mädchen liebt diesen Mann, der für sie all die Jahre trotz aller Bedenken ihr Vater war, fuhr es Norma durch den Kopf. Ingas Zorn ist nichts anderes als die trotzige Reaktion einer Tochter auf die unerfüllte Liebe des Vaters.
    »Und Marika? Hielt sich Ihre Frau öfter im Gartenhaus auf?«
    »Wozu?«, fragte er leichthin. »Was sollte sie dort?«
    »Besaß Marika ein Handy?«
    »Ich hatte für mich selbst, für Marika und für jeden wichtigen Mitarbeiter ein mobiles Telefon besorgt. Obwohl die Geräte damals noch sehr teuer und unhandlich waren.«
    »Dann besaß auch Martin Reber ein Mobiltelefon?«
    »Als meinem Lektor stand ihm das zu.«
    Lambert wanderte in der Nähe auf und ab. Inken gab ihm ein Zeichen. »Kai hat mich um eine Aussprache gebeten. Erst wollte ich nicht – so wie er und Marika mich hintergangen haben. Andererseits, nach all der Zeit will ich mich dem Gespräch nicht verweigern. Entschuldigen Sie mich bitte.«
    Norma begab sich zurück zu den Bildern, ohne die Männer aus dem Blick zu lassen. Als diese den Raum gemeinsam verließen, wollte sie ihnen nach, wurde jedoch von einer Frau aufgehalten, die sie flüchtig kannte. Als Norma sich endlich loseisen konnte und ins Foyer eilte, waren Inken und Lambert außer Sicht. Auf gut Glück lief sie zum Haupteingang und schlüpfte durch die Drehtür ins Freie. Vielleicht hatten die Männer in der Tiefgarage unter dem ›Bowling Green‹ geparkt? Norma rannte die Stufen hinunter und wäre auf halber Strecke beinahe gestürzt. Ein hässliches Knacken begleitete das Straucheln. Sie bückte sich und hob den Absatz auf.
    Sie hätte es besser wissen müssen: Stiefeletten waren nicht das geeignete Schuhwerk einer Privatdetektivin.

21
    Sonntag, der 20. April
     
    »Was willst du mitten in der Nacht?« Inga klang wie aus dem Tiefschlaf hochgeschreckt.
    Es war kurz nach 8 Uhr. Auch Norma war eben erst aufgestanden und machte sich Kaffee. Draußen zwitscherten die Vögel unverdrossen gegen den Regen an. Der Wind wehte die Tropfen durch das offene Küchenfenster.
    Norma schloss den Flügel mit einem schnellen Griff. »Hoffentlich habe ich Ruth nicht aufgeweckt.«
    »Warte. Hier liegt ein Zettel.« Es entstand eine kurze Pause, in der das Rascheln von Papier zu hören war. »Ruth ist mit dem Hund raus. Sie konnte nicht schlafen, weil sie sich um Martin Sorgen macht. Sandra hat sehr früh angerufen, schreibt sie. Er ist noch immer nicht zu Hause.« Eine zweite Pause. Norma vernahm ein Quietschen, als würde ein Stuhl über den Fliesenboden gezogen. Dann wieder Ingas nörgelnde Stimme: »Was gibts denn?«
    »Mir ist heute Morgen etwas eingefallen. Eine Bemerkung von Ruth, die sie auf der Terrasse machte. Sie sagte, Martin würde sich beim Radfahren strikt an seine Routen halten.«
    »Das stimmt. Aber lass mich mit dem in Frieden.«
    »Inga, er ist vermutlich dein Vater!«
    »Das sagt ein anderer auch!«
    Bei aller Kratzbürstigkeit, das Mädchen litt schmerzlich.
    »Sind dir Zweifel gekommen?«, fragte Norma mitfühlend.
    Inga schluchzte. »Wie soll ich sicher sein, dass Martin mich nicht wieder anlügt? Ich weiß nicht, wem ich trauen kann.«
    »Du wirst Gewissheit bekommen, sobald der DNA-Vergleich vorliegt. Nur noch ein wenig Geduld. Weißt du, ob Martin im Büro Wanderkarten oder Streckenbeschreibungen aufbewahrt? In der Wohnung ist laut Sandra nichts zu finden.«
    Inga erzählte von der Computerdatei. »Manchmal zeigt er mir die Bilder, die er unterwegs gemacht hat. Dort gibt es außerdem einen Trainingsplan. Martin nimmt seinen Sport

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