Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
Vom Netzwerk:
viel zu ernst.«
    »Hast du einen Schlüssel für die Agentur?«
    Inga zögerte. »Schon. Aber ich weiß nicht …«
    »Befürchtest du, Bernhard könnte dort sein?«
    »Keine Ahnung. Ich gehe sonntags nie ins Büro.«
    »Dann machst du heute eine Ausnahme. Ich hole dich ab.«
    Um Viertel vor 9 Uhr parkte Norma den Polo vor der Agentur. Der Wind trieb den Regen durch die Eichen, die den Parkplatz säumten. Nur ein weiterer Wagen stand auf dem Parkplatz. Wassertropfen benetzten das graue Blech. Der Kombi gehöre Martin, bestätigte Inga. Das Mädchen ging voraus und schloss die Eingangstür auf. Der Empfangstresen lag verwaist. Zum Raum nebenan stand die Tür offen. Bernhards Büro, meinte Inga.
    »Hoffentlich hat Martin nicht abgesperrt.« Norma flüsterte unwillkürlich, obwohl die Agentur verlassen schien.
    »Das macht hier keiner«, gab Inga ebenso leise zurück.
    Sie behielt recht. Die Tür zu Martins Büro am Ende des Flurs war unverschlossen. Drinnen herrschte eine behagliche Unordnung. Auf dem Schreibtisch und den Regalen stapelten sich Papierausdrucke und Bücher. Ein fröhlicher kleiner Buddha breitete seine Körperfülle auf dem niedrigen Fensterbrett aus und schien sich in der Gesellschaft von allerlei Büroutensilien wohlzufühlen. Auf dem grauen Teppichboden lag ein bunt gestreifter Läufer.
    »Hässliches Ding«, murmelte Inga. »Martin hat Rotwein verschüttet.«
    Norma hörte nur mit halbem Ohr hin. Sie schaltete den Computer ein und machte sich auf ein lästiges Problem gefasst. Ihre Fähigkeiten als Hackerin waren dürftig; im Gegensatz zu den Spezialisten, die sich auch ohne Passwort Zugang verschaffen würden. Nur hätte Norma zu gern selbst einen Blick in die Dateien geworfen. Auf dem Bildschirm öffnete sich das erwartete Eingabefeld.
    Norma seufzte und fragte ohne große Hoffnung: »Du weißt nicht zufällig Martins Passwort?«
    »Na klar!«
    Inga beugte sich herüber und klimperte mit flinken Fingern über die Tastatur. Ihre Eingabe wurde akzeptiert.
    »Ich bin beeindruckt«, lobte Norma erfreut. »Kennt noch jemand den Zugang?«
    »Die halbe Firma, nehme ich an. In solchen Dingen ist Martin schlampig. Der Ordner mit den Fotos heißt ›privat‹.«
    Damit endete die Glückssträhne. Weder ließ sich ein so bezeichneter Ordner finden noch irgendein sonstiger Hinweis auf Martins Radtouren. Alle vorhandenen Dateien bezogen sich auf die Agentur, Drehbücher und Treatments.
    »Ich habe die Dateien mit eigenen Augen gesehen!«, beharrte Inga.
    Normas Fingerspitzen tanzten über die Schreibtischplatte. »Wie es aussieht, ist uns jemand zuvorgekommen und hat diesen Ordner gelöscht.«
    »Wer? Martin selbst?«
    Oder ein anderer, der das Passwort kannte, überlegte Norma. Bernhard?
    Inga ließ sich auf den zweiten Stuhl sinken. »Dann ist alles weg!«
    »So scheint es. Doch nichts geht verloren. Jede Datei, die einmal auf der Festplatte gespeichert war, hinterlässt Spuren und kann rekonstruiert werden.«
    »Sogar wenn sie gelöscht wurde?«, fragte Inga ungläubig.
    Norma nickte. »Selbst dann.«
    »Und du kannst diese Dateien wiederherstellen?«
    Norma lachte. »Dein Vertrauen ehrt mich! Es ist immer gut, jemanden zu kennen, der jemanden kennt, der das kann.«
    Während Norma überlegte, ob sie erst Milano, dann Wolfert oder in umgekehrter Reihenfolge anrufen sollte, fiel ihr Blick auf den Läufer. Inga hatte recht, hübsch war etwas anderes.
    »Was hast du gesagt?«
    Inga schreckte auf. »Ich habe kein Wort gesagt.«
    Norma erhob sich. »Ich meine, was du vorhin gesagt hast: Martin hat Rotwein verschüttet?«
    »Das hat er mir erzählt.«
    Norma klappte den Läufer um. Darunter kam ein breiter Fleck zutage, der sich fest in den Teppichboden hineingefressen hatte. Die Oberfläche war schwärzlich und verkrustet.
    Wolfert zuerst, entschied Norma und zog das Handy aus der Jackentasche. Er meldete sich keine Spur munterer als Inga vor anderthalb Stunden. Norma stellte sich vor, wie er vom Bett aus nach dem Telefon tastete. Oder doch zuerst nach der Brille, ohne die er blind wie ein Maulwurf war.
    Der Klang seiner Stimme änderte sich schlagartig, als sie ihren Fund beschrieb. »Ein Blutfleck? Du meinst, Reber ist in seinem Büro … verletzt worden?«
    »Ich habe gesagt, hier ist ein Fleck, der nach Blut aussieht. Mehr nicht.«
    »Weiß Luigi schon Bescheid?«
    »Du bist meine Nummer eins, Dirk.«
    Er lachte. »Gib zu, du hast dich nur nicht getraut, ihn um diese Zeit anzurufen. Ich werde den Kerl aus

Weitere Kostenlose Bücher