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Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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liegt allerdings auf Rebers Strecke. Bist du unter die Hellseher gegangen?«
    »Ich arbeite daran. Hier ist ein junger Mann, der dich sprechen möchte.«
    Stockend beichtete Max sein Vergehen ins Telefon, unterbrochen von reumütigen Beteuerungen. Inga hielt sich an seiner Seite und betrachtete ihn hingebungsvoll.
    Als er fertig war, gab er das Handy zurück. »Danke. Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe. Das Rad wird abgeholt. Ich soll hier warten.«
    »Ich muss in die Agentur!«, rief Inga. »Ich bin schon viel zu spät.«
    »Du kannst mit mir fahren«, bot Norma an.
    Sie setzte das Mädchen ›Unter den Eichen‹ ab, fuhr weiter nach Frauenstein, durchquerte den Obstbauernort und folgte der gewundenen Hauptstraße. Die Zufahrt zum Schloss Sommerberg lag an der Straße nach Georgenborn. Ein Streifenwagen blockierte das überhöhte Gittertor. Sie rollte im zweiten Gang vorbei und wendete auf einem Waldparkplatz. Auf der Rückfahrt bog sie in den Feldweg ein, auf dem sie am Samstag gewandert war, und hielt den Wagen dicht neben der Schlossmauer an. Eilig schnürte sie die Wanderschuhe und zog die Jacke über. Der Sonne zum Trotz strich ein kalter Wind den Abhang hinauf. Sie wich den Pfützen aus und marschierte den Stimmen entgegen, die, von Megafonen verzerrt, über die Obstgärten schallten und von Hundegebell übertönt wurden. Über dem Schlossgelände kreiste ein Hubschrauber.
    Ein junger Polizist verstellte ihr den Weg. »Hier ist Schluss mit dem Spaziergang. Eine polizeiliche Maßnahme.«
    Norma lächelte. »Deswegen bin ich hier. Ich habe dringende Informationen für die Kommissare Wolfert und Milano.«
    »Sind Sie von der Zeitung?«, fragte er misstrauisch.
    »Lassen Sie mich durch! Die beiden erwarten mich. Sie wollen bestimmt keinen Ärger mit dem Kollegen Milano.«
    Der junge Mann blickte sich unsicher um, als stünde der Kommissar bereits hinter ihm. »Ich habe die strikte Anweisung …«
    Norma verlor die Geduld. »Ich rufe Luigi selbst an.«
    Es hätte schiefgehen können. Doch Milano zeigte sich großzügig und wies den Kollegen an, für Norma den Weg freizugeben. Sie erspähte ihn durch das Geäst. Wie ein behäbiger Bär trottete er in seinem Regenzelt voran. Bald hatte sie ihn eingeholt und erntete einen neidischen Blick auf ihre robusten Stiefel. Den italienischen Schuhen bekam der nasse Boden gar nicht. Das Leder schien in Auflösung begriffen. Norma verkniff sich eine Bemerkung und erkundigte sich nach dem Kollegen.
    Milano rieb sich die kalten Hände. »Dirk leitet die Suche drüben im Naturschutzgebiet. Vielleicht findet sich dort der Inhalt aus den Satteltaschen. Wir nehmen uns die Strecke vor. Wie bist du an den Fahrraddieb herangekommen?«
    »Berufsgeheimnis. Habt ihr mit Lambert gesprochen?«
    Milano lächelte grimmig und zog die buschigen Augenbrauen zusammen. »Berufsgeheimnis.«
    Ein Hundeführer hob den Arm. »Luigi! Hier!«
    Norma folgte Milano, der mit ungleichen Schritten vorauseilte. Sie überquerten die Stelle, an der sie Ruth begegnet war. Gleich darauf verengte sich der Pfad, auf beiden Seiten flankiert von einer dichten Hecke.
    Der Polizist begrüßte Norma wie eine gute Bekannte und strich dem Schäferhund an seiner Seite über den Kopf. »Don hat etwas angezeigt! Seht mal hier!«
    Er beugte sich vor und deutete auf den Stamm einer jungen Buche. Die zarte Rinde war auf Fingerbreite abgerieben.
    »Was sagt mir das?«, fragte Milano unbeeindruckt.
    Der Blick des Polizisten streifte Milanos Füße. »Deine Schuhe, Luigi!«
    »Was soll damit sein? Zeig mir lieber, was du entdeckt hast!«
    »Seht euch den Baum gegenüber an!«
    Er trat an ein dünnes Eichenstämmchen heran, an dem sich bei genauem Hinsehen eine ebensolche Verletzung entdecken ließ. »Wenn ihr mich fragt, hat jemand quer über den Weg ein Seil gespannt. Eine Falle für einen Radfahrer! Davon stammen die Schrammen im Holz. Was meinst du, Luigi?«
    »Du könntest einem indianischen Spurenleser Konkurrenz machen.« Er streckte den Arm aus und wies auf den Abhang unterhalb, auf dem Brombeerhecken und Buschgruppen um Platz und Licht rangen. »Dort unten suchen wir weiter!«
    Der Hundeführer riss erschrocken die Augen auf. »Ich soll Don in die Dornen schicken?«
    Milano grinste. »Wer A sagt, muss auch B sagen.«

24
    Dienstag, der 22. April
     
    Die Telefone schwiegen unerbittlich, der Festanschluss im Büro ebenso wie das Handy. Milano hatte zum Dienstagvormittag erste Ergebnisse der Obduktion versprochen,

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