Rheinsteigmord - Kriminalroman
nur mütterlicherseits zu den Ackermanns gehört. Und ›mütterlicherseits‹ bedeutet für so jemanden wie Friedhelm Ackermann natürlich gar nichts.«
»Haben Sie das Foto, das der Soldat bei sich hatte, gesehen?«, fragte Hamm.
»Sicher. Es war im Internet, auf der Seite mit den Neuigkeiten für Historiker.«
»Sind Sie auch sicher, dass es sich um Mathilde Ackermann handelt?«
»Aber klar. Es gibt noch mehr Fotos von ihr. In der Firma. Bei Friedhelm Ackermann im Wohnzimmer.« Fred kramte das Handy heraus. »Ich habe es hier auf dem Handy. Wollen Sie es sehen?«
Ihm fiel ein, dass es besser war, das Handy nicht einzuschalten. Andererseits stand er kurz vor der Lösung des Falles. Er konnte jetzt fast schon Steingräber gegenübertreten und ihm alles erklären.
Hamm nahm ihm das Telefon ab.
»Das brauchen Sie nicht mehr«, sagte er.
»Was soll das?«, rief Fred.
Aber Hamm war schon in dem Vorraum verschwunden. Fred hörte ein lautes Rasseln.
»Was machen Sie da?«, rief er. Es klang, als habe Hamm sie beide hier eingeschlossen, aber das konnte ja nicht sein. Er hatte doch gar keinen Schlüssel. Die Tür war offen gewesen, und wieso sollte er überhaupt …?
Hamm erschien wieder in der Tür. »Es hat sich so zugetragen, wie Sie sagen, Herr Bleikamp.« Er bückte sich und nahm das Gewehr, das am nächsten bei ihm lag. »Und diese Sammlung ist wirklich beeindruckend. Allerdings haben Sie einen kleinen Fehler gemacht.« Er packte die Waffe mit beiden Händen. »Oder einen großen. Wie man’s nimmt. Ihre Theorie ist korrekt. Aber der Bastard der Familie ist der Ahn von Gesine, nicht der von Simon. Mathilde Ackermann hatte was mit einem der Arbeiter. Sein Name tut nichts zur Sache. Er fehlt natürlich auch in der Liste der Gefallenen. Er wurde ja nur vermisst, sein Eintrag in das Goldene Buch, das im Ehrenmal liegt, steht noch aus. Aber nun kam dieser hundert Jahre alte Fehltritt wegen einer Mauer in Frankreich ans Licht. Und Gesines Erbe wurde so kurz vor dem Ziel ernsthaft bedroht.«
Hamm machte eine schnelle Bewegung. Es gab ein metallisches Geräusch. Fred wurde bewusst, dass er die Waffe durchgeladen hatte. Er fühlte Übelkeit in sich aufsteigen.
»Wir sind kurz vor dem Ziel, Herr Bleikamp. Der alte Ackermann stirbt praktisch jeden Tag ein bisschen mehr. Und er ist bereit, Gesine das Erbe zu geben. Doch wenn er erfahren hätte, was Professor Friesdorf ihm in seinem akribischen Forscherwahn sagen wollte, dann wäre es aus gewesen.«
Er hob das Gewehr. Die Mündung richtete sich langsam auf Fred. Der flüchtete sich mit einem Hechtsprung hinter die alte Sitzgarnitur. Er schlug hart an der Schulter auf den Betonboden auf, und ein trockener Knall brachte seine Ohren zum Klingeln. Etwas traf ihn, aber es war nur abgeplatzter Beton.
Hamm fluchte und hantierte mit dem Gewehr. Fred überlegte kurz, ob er eine der Waffen an sich reißen sollte, aber er war zu weit weg. Wo gab es Deckung? Hinter der Leinwand wäre er wenigstens außer Sichtweite. Während Hamm noch mit der Mechanik beschäftigt war, rannte Fred los.
Auf der Rückseite der Leinwand atmete er kurz durch. Wohin jetzt? Ihm blieb nicht viel Zeit. Schritte näherten sich.
»Sie kommen hier nicht raus, Bleikamp. Hören Sie auf zu flüchten. Ein Schuss, und alles ist vorbei. So war es bei Professor Friesdorf auch. Er war erst mal sehr interessiert, als ich ihn herführte. Und wie interessiert er erst war, als er die Wirkung einer historischen Waffe am eigenen Leib erleben konnte! Nun ja … Das Interesse währte nicht lang.«
Wieder knallte es. Der Schuss zerfetzte die Leinwand direkt neben Fred. Panisch blickte er um sich. Der Raum hatte kein Fenster und keine Tür. Hier hinten kamen noch drei, vier Meter, auf denen sich altes Zeug auftürmte. Zeitschriften. Bücher. Alte Möbel. Etwas Dunkles, Viereckiges ragte hervor. Fred bückte sich, schob das Zeug zur Seite und legte einen Metalldeckel frei. Eine Falltür!
Du gehst in die Falle, wenn du da runtergehst, dachte er.
Ein zweiter Schuss fetzte durch die Leinwand.
»Hab ich Sie vielleicht schon getroffen, Herr Bleikamp?«, rief Hamm. »Schön wär’s. Ich sehe nicht gern hin, wenn ich jemanden erschieße, verstehen Sie? Das geht mir etwas zu nah … Hallo? Sind Sie noch da? Ich meine, geistig.«
Fred riss die Falltür auf. Eine Betontreppe führte ins Dunkel. Er hörte, wie Hamm das Gewehr erneut durchlud.
Jede Sekunde, die du noch am Leben bist, zählt, dachte Fred.
Er stieg in den
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