Rheinsteigmord - Kriminalroman
dem Autos aufbewahrt werden, so riecht.«
Fred fand den Schalter und wollte ihn drücken. Dabei fiel sein Blick auf den nackten Boden, der vom Vorraum her diffus beleuchtet wurde. Er sah schwarze, eingetrocknete Flecken. Sie verteilten sich zu einer Art Schleifspur, die in Richtung Ausgang führte.
Waren das Blutspuren? Er bückte sich, tastete danach. Wenn es Blut war, war es längst getrocknet.
»Worauf warten Sie?«, rief Hamm von hinten.
Fred richtete sich wieder auf und knipste das Licht an. Nach und nach flammten Neonröhren auf, die an der hohen Decke befestigt waren.
Er erwartete eine Lagerhalle mit Autos. Regale mit Werkstattmaterial. Vielleicht eine Grube oder eine Hebebühne, um unter die Fahrzeuge zu gelangen und sie zu inspizieren oder Reparaturen vorzunehmen. Bunt lackierte Karosserien. Doch was die Lampen anstrahlten, war Kriegsmaterial. Als wäre die Vision vom Wohnzimmer mancher Leute, die Jonas Hamm vorhin im Auto beschrieben hatte, wie durch ein Wunder Wirklichkeit geworden.
Links an der Wand lagen Gewehre auf dem Boden. Ordentlich parallel nebeneinander aufgereiht. Es mussten mindestens zwanzig Stück sein. Manche waren komplett aus Metall, andere teilweise aus Holz. Sie alle wirkten wie aus einem Historienfilm. Daneben gab es Vitrinen der Art, wie Hamm sie beschrieben hatte. Irgendwelche Orden und Ehrenzeichen lagen darin – schwarze Kreuze, Sterne, kreisrunde Taler an Stoffhalterungen. Auf der anderen Seite Bücherregale, daneben Plakate, Fotos. Die berühmten Stacheldrahtbilder inmitten verwüsteter Landschaften. Schemenhafte Gestalten in Kampfanzügen und mit Tornistern auf dem Rücken. Und mitten im Raum standen alte Sessel, eine Couch, davor eine Leinwand – als hätte sich ein Junggesellenclub in einer Garage ein Refugium zum Filmgucken gebaut. Dahinter ein Ständer mit technischen Geräten. Kabel steckten in der Wand. Ein Beamer, ein Videorekorder. Ein alter Filmprojektor. Zu Füßen der Aufbauten Filmrollen, ein großer Laptop. Fred drehte sich zu Jonas Hamm um, der in der Tür stehen geblieben war.
»Das ist doch nicht neu für Sie«, sagte er. »Sie haben all das genau so beschrieben. Sie wussten, dass Simon Ackermann diese Dinge besitzt. Dass er hinter allem steckt. Warum haben Sie mir den Quatsch mit den Oldtimern erzählt?« Er deutete auf die verranzten Sesselgarnituren. »Da muss ich gesessen haben. Da hat er mich festgehalten und mir die Filme vorgeführt.«
»Sie meinen, Simon Ackermann ist der Mörder von Professor Friesdorf? Und von Frau Hecht?«
Fred beugte sich über die Waffen, die vor der Wand angeordnet waren. Neben den Gewehren gab es auch eine Reihe von Pistolen. Aber er betrachtete nur die Gewehre. Eines davon musste die Lebel sein, mit der auf Friesdorf und auf ihn geschossen worden war.
»Warum hat er Sie dann verschont?«, fragte Hamm.
»Sehen Sie die dunklen Schleifspuren?« Fred deutete auf den Boden. »Sie beginnen hier hinter der Couch und setzen sich nach draußen fort. Das ist Blut. Es stammt von Friesdorf. Er ist hier getötet worden, und dann wurde seine Leiche in meinem Bulli nach Rheinbrohl gebracht. Der Mörder hat ihn am Limesturm versteckt. Und mich hat er verschont, weil er mir den Mord in die Schuhe schieben wollte. Selbst wenn es mir gelungen wäre, meine Unschuld zu beweisen, so wären die Ermittlungen in ganz andere Richtungen gegangen. Niemand wäre darauf gekommen, dass dieses Lager etwas damit zu tun hat. Obwohl … wieso eigentlich nicht? So was kann doch nicht völlig unbekannt bleiben …«
»Wieso sind Sie so überzeugt, dass Simon Ackermann der Mörder ist?«, fragte Hamm, der immer noch in der Tür stand.
»Das ist doch klar. Eins von seinen Gewehren hier muss die Waffe sein, mit der Friesdorf erschossen wurde. Daniela Hecht und Friesdorf hatten herausgefunden, dass Peter Ackermanns Frau ein Verhältnis gehabt hat. Mit einem Mann, der in den Krieg ziehen musste. In Frankreich wurden seine Überreste gefunden. Im Tornister hatte er ein Foto von Mathilde Ackermann, die vermutlich ein Kind von ihm erwartete. Ein Kind, das durch die Ehe mit Peter Ackermann zwar offiziell dessen Sohn war, aber nach den strengen Vorstellungen der Erbschaftsfolge nicht in die Familie gehörte. Professor Friesdorf erfuhr davon, weil das Regiment, in dem der Soldat diente, Teil seines Forschungsgebiets war, Daniela Hecht stieß bei ihrer Recherche zum Rheinbrohler Ehrenmal darauf. Diese beiden besaßen das Wissen darüber, dass ein Zweig der Familie
Weitere Kostenlose Bücher