Rhosmari - Retterin der Feen
»Das heißt aber, wenn wir sie jetzt angreifen, können wir sie vielleicht besiegen.«
Rhosmari rührte sich nicht und wagte kaum zu atmen. Man durfte gewiss keinen Krieg anfangen, auch nicht gegen den größten Bösewicht, aber wenn sie Rob so reden hörte … wollte sie geradezu glauben, er hätte recht.
Dorna schien dagegen nicht beeindruckt. »Mit einem so dürftigen Köder fängst du keine Fische«, sagte sie. »Ich hätte gern mehr Beweise für die Unterlegenheit der Kaiserin, bevor ich gegen sie ins Feld ziehe, wenn es dir recht ist.«
Brochs Lippen zuckten, als unterdrücke er ein Lächeln, und die Anspannung der anderen Anwesenden ließ ein wenig nach. Der Bann, in den Robs Worte sie versetzt hatten, war gebrochen. »Ich bin derselben Meinung«, sagte Garan. »Es wäre voreilig, die Kaiserin anzugreifen, bevor wir ihre Gründe für einen Überfall auf die Grünen Inseln wirklich kennen. Offenbar hält sie es für leicht, die Kinder des Rhys zu unterwerfen, und glaubt, zusammen mit ihnen wäre sie unbesiegbar. Aber das heißt nicht, dass sie sich nicht vorstellen könnte, uns auch allein zu besiegen.«
»Was sollten wir also deiner Meinung nach tun?«, rief Malve von hinten. »Hier tatenlos herumsitzen, bis alles brennt? Das scheint mir kein guter Plan zu sein.«
»Wir sollten weiterhin tun, was wir auch bisher getan haben«, erwiderte Garan. »Unsere Leute zur Verteidigung ausbilden und die Eiche zur Abwehr eines Angriffs rüsten. Vor allem aber müssen wir weiter nach Feen suchen, die von der Kaiserin loskommen wollen, und ihnen den Namensstein anbieten. Je mehr wir sind, desto länger wird die Kaiserin zögern, uns anzugreifen, und jede Fee, die wir befreien, ist ein Soldat weniger in ihrer Armee.«
»Und wo willst du diese Feen unterbringen?«, fragte Malve. »Die Eiche ist schon jetzt fast voll.«
»Stimmt«, sagte Garan. »Aber unsere Spähtrupps haben ganz in der Nähe die Überreste einer alten Feenwelt entdeckt, die wir notfalls neu besiedeln könnten. Da du allerdings unseren Vorschlägen, wie wir mit der Kaiserin umgehen sollen, offenbar so misstrauisch gegenüberstehst, nehme ich an, du hast einen Vorschlag, den du für besser hältst. Teile ihn uns doch mit.«
»Also gut«, sagte Malve. »Dann schlage ich vor, wir ergeben uns.«
DREIZEHN
Von allen Seiten wurden Protestrufe laut und es entstand ein solcher Lärm, dass Rhosmari zusammenzuckte. Baldriana gebot mit erhobener Hand Schweigen. »Sprich weiter, Malve«, sagte sie. »Warum findest du, wir sollten uns der Kaiserin ergeben?«
Malve wirkte nervös. »Na ja«, brummte sie, »es ist doch nicht so, dass die Kaiserin zum Spaß Leute tötet. Sie will nur, dass die Menschen draußen bleiben und die Feen sich nicht zu eng mit ihnen anfreunden. Was ist daran so schlimm?«
»Du kennst die Kaiserin nicht«, sagte Rob. Er klang ruhig, aber keineswegs freundlich. »Du bist nicht bei ihr aufgewachsen und hast ihr von Kindesbeinen an täglich gedient. Du weißt nicht, was es bedeutet, ein Sklave zu sein, in ständiger Furcht zu leben und nicht selbst deine Freunde auswählen und über dein Leben bestimmen zu können. Du hast nicht erlebt, wie grausam die Kaiserin mit Menschen umgeht, die ihr nichts getan haben, und mit Feen, die es gewagt haben, sich mit Menschen anzufreunden. Ich dagegen schon. Ich habe erlebt, wie sie betrügt, mordet und Dinge zaubert, die so schrecklich sind, wie du sie dir gar nicht vorstellen kannst, und ich schwöre dir, ich würde lieber sterben als ihr noch einmal dienen.«
Genau so ist es, dachte Rhosmari erregt und sie musste sich an der Bank festhalten, um nicht aufzuspringen und es laut hinauszuschreien. Wie konnte Malve so etwas vorschlagen oder auch nur zu denken wagen.
»Das ist sehr tapfer von dir«, sagte Malve. »Aber nicht alle von uns glauben, dass ein solches Schicksal schlimmer wäre als der Tod. Ich schlage vor, wir tun, was wir können, um uns selber zu retten, und überlassen die Menschen sich selbst. Vielleicht überlegt die Kaiserin es sich ja anders, wenn wir ihr ein gutes Angebot machen?«
Auf diese Worte hin brach Chaos im Zimmer aus. Verschiedene Feen sprangen auf, um Malve zu widersprechen. Der Streit wurde immer lauter und heftiger. Einige unterstützten Robs Plan, die Kaiserin anzugreifen, einige Garans vorsichtigere Haltung und einige wenige schienen auch an Malves Vorschlag Gefallen zu finden. Timothy beobachtete das Treiben mit zusammengepressten Lippen. Seine Augen blitzten. Rhosmari
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