Rhosmari - Retterin der Feen
Goldbraun unter seiner vom Winter blassen Haut. Niemand auf den Grünen Inseln sah aus wie er oder sprach wie er. Ihr Herz hatte zu klopfen begonnen und ihre Wangen hatten geglüht. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie sich von jemandem angezogen gefühlt. Und vor Schreck über ihre eigenen Gefühle war sie über Peris Entscheidung nicht mehr schockiert gewesen.
Jetzt schlug ihr das Herz wieder bis zum Hals und sie wandte den Blick ab. »Ein wenig«, sagte sie.
Die Treppe endete an einem runden Absatz. Durch einen Fensterschlitz fiel Licht, der Durchgang vor ihnen war mit einem Samtvorhang verschlossen. Timothy zog an einer Schnur, die an der Wand herunterhing, und hinter dem Vorhang bimmelte leise eine Glocke. Eine Stimme fragte: »Wer ist da?«
»Timothy, Majestät. Und ich bringe Rhosmari mit.«
»Rhosmari!«, rief die Stimme und der Vorhang wurde mit einem Ruck zur Seite gezogen. Vor ihnen stand eine hochgewachsene braunhaarige Fee, die einen brennenden Leuchtzauber in der Hand hielt. Sie hatte ein blasses, ovales Gesicht, das nicht unbedingt schön zu nennen war, dafür aber große Ruhe ausstrahlte, und sie war so schlicht gekleidet, dass Rhosmari sie leicht für eine Dienerin hätte halten können, wäre da nicht der silberne Reif auf ihrem Kopf gewesen.
»Willkommen in der Eiche«, sagte Königin Baldriana. »Kommt herein.«
Sie hatten kaum den Gang hinter dem Vorhang betreten, da flog eine Tür auf und eine weitere Fee eilte heraus. Sie knickste hastig und versuchte gleichzeitig, ihre aufsässigen Locken zu bändigen und die Falten ihres Rocks zu glätten. »Tut mir furchtbar leid, Majestät«, jammerte sie. »Ich wollte wirklich nicht einschlafen …«
»Nein«, sagte Baldriana, »aber du hattest den Schlaf nötig. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Winka. Aber wenn du dich kräftig genug fühlst, uns Gesellschaft zu leisten, freue ich mich darüber.«
»Ja, natürlich.« Sichtlich erleichtert folgte die rothaarige Fee ihnen. Durch einen bogenförmigen Durchgang gelangten sie in ein kleines Audienzzimmer, das aufgrund mehrerer Fenster sehr hell war. An drei Wänden zogen sich Bänke entlang, an der Stirnwand stand auf einem Podium ein Sessel mit niedriger Lehne. Königin Baldriana ging über den leuchtend roten Teppich darauf zu, setzte sich und bedeutete Rhosmari und den anderen, es sich ebenfalls bequem zu machen.
»Ich habe soeben von Garan gehört, dass er und die anderen in Kürze hier eintreffen werden«, sagte sie. »Dann können wir uns gemeinsam anhören, was du uns zu erzählen hast, Rhosmari …«
Im selben Augenblick trat Garan mit einem Sprung mitten ins Zimmer und alle erschraken. Rhosmari wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Es galt bei den Feen gemeinhin als unhöflich, in ein Zimmer zu platzen, in dem sich schon andere aufhielten, es sei denn, es handelte sich um einen Notfall.
»Ich bitte um Verzeihung, Majestät«, sagte Garan mit einer Verbeugung vor der Königin. »Aber Malve sprach mich bei meinem Eintreffen an. Sie will unbedingt bei unserer Besprechung dabei sein. Sollen wir ihr den Zutritt verweigern?«
Die Königin senkte den Blick, als beunruhigte sie die Neuigkeit. Doch als sie wieder aufsah, war sie gefasst und entschlossen. »Nein. Lasst sie herein.«
»Wie Ihr wünscht, Majestät«, sagte Garan und nahm seinen Platz an der Wand neben ihr ein.
»Ach Malve«, seufzte Winka. »Immer muss sie sich über etwas aufregen. Warum kann sie nicht wie Hasenglöckchen einfach mal mit etwas einverstanden sein?«
Es schien um mehr zu gehen als nur um einen Streit darüber, ob man Menschen Zutritt zur Eiche gewähren sollte. Doch schon kamen die anderen Feen und es blieb keine Zeit, Fragen zu stellen.
Sie kamen allein und zu zweit, Rebellen, Eichenfeen und Kinder des Rhys, verbeugten sich vor der Königin oder knicksten und setzten sich. Die Versammlung bot einen seltsamen Anblick – zumal als Linde in ihren selbst genähten Eichenfeenkleidern zusammen mit einem Rebellen mit fuchsroten Haaren eintraf, der wie ein Mensch Sweatshirt und Jeans trug, und dahinter Broch, ein Wissenschaftler wie Rhosmari, mit Lily und der grimmigen Dorna.
Malve kam als eine der Letzten. Sie deutete nur einen Knicks an, nickte widerwillig und blieb mit verschränkten Armen und mürrischem Gesicht an der Rückwand des Zimmers stehen. Die Kaiserin hätte sie für ihr unverschämtes Benehmen sofort bestraft, Lady Celyn hinausgeworfen. Königin Baldriana dagegen tat, als bemerke sie es
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