Richard Castle
lange her.“
„Ah ja, Ihr Artikel hat mir sehr gut gefallen, Mr. Rook. Aufschlussreich. Aber die Zeiten waren nicht so gut, als ich abtrünnig wurde. Damals standen wir noch unter Moskaus Knute.“
„Wann genau war das?“, fragte Detective Heat. Die Erwähnung, dass er einem russischen Satellitenstaat abtrünnig geworden war, und die damit verbundenen potenziell geheimen Verwicklungen erregten ihre Aufmerksamkeit.
„1989. Ich war achtundzwanzig und, ohne prahlen zu wollen, einer der führenden Biochemiker der Sowjetunion. In ihrem damaligen Zustand. Sie wissen sicher, dass es zwischen den Georgiern und den Russen eine Menge böses Blut gibt, oder?“
„Ja“, sagte Rook. „Eine Menge echtes Blut.“
„Hauptsächlich georgisches. Und die Regierung in Moskau wollte mein Talent für den Krieg nutzen, also war es eine doppelte Beleidigung. Ich war jung und hatte keine Familie, um die ich mich kümmern musste, also entschied ich mich für die Freiheit und verließ mein Land. Schon bald hatte ich das Glück, ein Forschungsstipendium am hiesigen Spokes-Institut zu erhalten.“
„Und was genau ist das Spokes-Institut?“, wollte sie wissen.
„Ich glaube, man nennt es eine Denkfabrik. Obwohl dort an den meisten Tagen mehr geredet als gedacht wird.“ Er kicherte. „Aber unsere Mission besteht darin, Möglichkeiten zu finden, die Wissenschaft zu entmilitarisieren. Also ist das für jemanden wie mich genau der richtige Ort. Außerdem gewährt mir das Stipendiumsdarlehen die Zeit, mich meiner Leidenschaft für die Zucht des nächsten preisverdächtigen Schauhundes zu widmen.“ Er lachte wieder und verfiel dann in eine kurze Melancholie, zweifellos aufgrund der Erinnerung an Fred.
Heat hatte einige Fragen bezüglich seiner Abtrünnigkeit, benutzte diesen Vorwand aber, um auf das eigentliche Thema zu kommen. Sie fragte Vaja, ob er die Berichte über die Mordfälle in den Nachrichten mitverfolgt habe, und er erwiderte, dass er in letzter Zeit zu sehr mit dem Verlust seines armen Hundes beschäftigt gewesen sei. Aber Nikoladse hatte von dem Koffermord gehört, weil er so spektakulär war. Heat erzählte ihm, dass sie zusätzlich zu dem Mord an Nicole Bernardin auch noch im Fall ihrer Mutter ermittelte. Dann stellte sie ihm die gleichen grundlegenden Fragen über Cynthia Heats Arbeit als Musiklehrerin in seinem Haus im Jahr 1999, die sie an diesem Morgen auch dem Brauereibesitzer gestellt hatte: Wie war der geistige Zustand ihrer Mutter gewesen? Hatte sie unruhig gewirkt? War sie verfolgt oder belästigt worden? Waren Gegenstände im Haus bewegt oder entwendet worden?
„Ich würde Ihnen wirklich sehr gerne weiterhelfen“, sagte Vaja, „aber leider habe ich nicht genügend Informationen, um sie mit Ihnen zu teilen. Ihre Mutter kam nur zwei Mal hierher, um Musikunterricht zu erteilen.“
„Hat Ihr Kind aufgegeben?“, fragte Rook.
Der Wissenschaftler warf ihm von seiner erhöhten Position auf dem Geländer einen amüsierten Blick zu. „Mein Kind? Ich versichere Ihnen, dass das höchst unwahrscheinlich wäre.“
„Wer dann?“, wollte Nikki wissen.
„Mein Protegé.“
„Ein Protegé aus dem Institut?“
„Nein.“ Nikoladse zögerte, fuhr dann aber fort. „Er war jemand, den ich auf einer Hundeschau in Florida kennenlernte. Er stammte ebenfalls aus Tiflis.“ Heat spürte sein Unbehagen bei dem Thema und verstand den Grund dafür. Doch da sie wusste, dass die Gastfamilie oftmals nicht das Ziel der Spionage ihrer Mutter gewesen war, aber eine Verbindung zu einem Bekannten darstellen konnte, der die Zielperson war, fing sie an, die Schichten abzutragen.
„Führte er ebenfalls Hunde bei Schauen vor?“
Vaja schlug die Augen nieder und sagte: „Nein, er war der Assistent eines Hundetrimmers.“ Dann schien er plötzlich nachgeben zu wollen und ließ alles raus. „Wir hatten viel gemeinsam. Wir verstanden uns auf Anhieb, also lud ich ihn hierher ein, um ihm alles über Hundezucht und -ausbildung beizubringen. Ich verschaffte ihm außerdem die Klavierstunden, aber für ihn war es nichts Ernstes.“
„Das Klavier ist nicht jedermanns Sache“, meinte Rook.
„Das mit mir war für ihn nichts Ernstes.“
Nikki zückte ihren Notizblock. „Dürfte ich den Namen dieses Protegés erfahren?“
„Das muss meine Zeit für alten und neuen emotionalen Schmerz sein“, sagte Vaja seufzend.
Wem erzählen Sie das, Kumpel?
, dachte Nikki. Sie zog die Kappe von ihrem Stift, um ihn zum Weitersprechen zu
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