Richard Castle
Vaja nachgedacht. Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, Mamuka war ein Spion.“
„Mag sein“, erwiderte sie.
„Das ist echt seltsam. Müsstest du jetzt nicht eigentlich sagen, dass ich meinen Alufolienhut aufsetzen soll? Und dass ich jeden für einen Spion halte?“
„Ja. Aber heute Abend hast du Narrenfreiheit, weil du dich geopfert hast, um Irons abzulenken.“
„Das war wirklich ein Opfer. Fünf Minuten im selben Raum mit Wally Irons und ich will mein eigenes Fleisch essen, nur um mich abzulenken. Dank dir muss ich jetzt auch noch mit ihm zu Abend essen, um über seine Sicht auf die moderne städtische Strafverfolgung zu diskutieren. Kannst du nicht wenigstens mitkommen und mir unter dem Tisch in den Hintern kneifen?“
„Das klingt verlockend, aber ich muss mich mit Damon auf einen Kaffee treffen.“
„Schön, dann mach eben deine seriöse Polizeiarbeit, während ich so tue, als würde ich mir Notizen zum Geschwafel dieses Windbeutels machen.“
„Hör auf zu jammern, Rook. Das kann schließlich nicht das erste Mal sein, dass du so getan hast, als würdest du jemanden interviewen, über den du nie einen Artikel schreiben wolltest.“
„Stimmt, aber das waren Supermodels oder verdammt heiße Schauspielerinnen, und es bestand die Möglichkeit, später Sex mit ihnen zu haben. Nicht dass ich mich bei einer von ihnen je darauf eingelassen hätte.“ Und dann grinste er. „Bei zwei von ihnen, ja. Aber nicht bei einer.“
Nikki schüttelte den Kopf, legte dann das Armband an und hielt es ins Licht. Sie betrachtete es noch ein wenig länger und nahm es schließlich wieder ab. Als sie nach dem Beutel griff, sagte er: „Tu mir noch einen Gefallen, bevor du es wieder wegsteckst. Ist dir aufgefallen, ob deine Mom oder Nicole oder sonst jemand dieses Armband auf den alten Fotos trug?“ Sie warf ihm einen bewundernden Blick zu, doch er wirkte skeptisch. „Bedeutet diese Reaktion, dass meine Narrenfreiheit immer noch gilt und du mir nur nach dem Mund reden willst, oder hatte ich gerade tatsächlich eine gute Idee?“
„Ich hole jetzt die Schachtel mit den Fotos, also was meinst du?“ Sie verschwand durch den Flur, kehrte dann jedoch mit leeren Händen zurück. „Sie ist weg.“
„Was ist weg?“ Er folgte ihr in sein Büro. Sie deutete auf den Aktenschrank.
„Ich habe die Schachtel da reingestellt. Sie ist weg.“ Er streckte eine Hand nach dem Griff aus, doch sie hielt ihn auf. „Nicht. Falls wir nach Fingerabdrücken suchen lassen müssen.“
„Und du bist dir sicher, dass sie nirgendwo anders ist?“
„Diese Fotos bedeuten mir viel, ich weiß genau, wo ich sie hingeräumt habe. Und in dieser Schublade ist eine große leere Stelle, wo heute Morgen noch die Schachtel stand, als ich die Schublade geschlossen habe.“
Ohne etwas zu berühren, führten sie eine schnelle Durchsuchung des Lofts durch. Alles schien noch an seinem Platz zu sein, und es gab keine Anzeichen für ein gewaltsames Eindringen durch die Tür oder die Fenster. „Vielleicht sollte ich mein Abendessen mit Wally absagen.“
„Netter Versuch. Wir haben beide etwas zu erledigen. Lass uns hier abschließen und der Beweissicherungseinheit Bescheid geben, dass sie die Wohnung morgen früh untersuchen sollen. Wir können heute Nacht bei mir schlafen.“
Rook dachte einen Augenblick lang darüber nach. „Okay, aber wenn es an der Tür klopft, dann gehst du hin.“
Heat traf als Erste am Café Gretchen ein, und obwohl die kalte Aprilluft, die an diesem Abend durch Chelsea wehte, recht frostig war, entschied sie sich in Erinnerung an Paris trotzig für einen der Tische auf dem Bürgersteig und bestellte einen Latte, während sie auf Carter Damon wartete. Nikki war für die paar Momente der Einsamkeit dankbar, aber sie waren keineswegs entspannend. Der Diebstahl der Fotos hatte sie beunruhigt. Außerdem fragte sie sich, warum Damon sie so kurzfristig treffen wollte. Vielleicht hatten ihn die Schuldgefühle überwältigt, weil er die Ermittlung damals eingestellt hatte, und nun wollte er es auf diese Weise wiedergutmachen. Sie versuchte ihre Anspannung loszuwerden, indem sie die abendlichen Spaziergänger beobachtete, die ihr gegenüber über die High Line gingen, die über die Tenth Avenue verlief.
Die High Line stellte alles dar, was Heat an New York liebte: eine kühne Idee, die groß und richtig ausgeführt wurde und jedem offenstand. Die gut zwei Kilometer ungenutzter erhöhter Bahntrasse waren jahrelang ein rostender
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