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Richard Castle

Richard Castle

Titel: Richard Castle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frozen Heat
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die Falle unter der High Line getappt war, wo der Scharfschütze auf sie gewartet hatte. Ungeschützte Gefühle wie diese waren ihr fremd und normalerweise beunruhigend – verstörend genug, um ausgesperrt zu werden.
    Was war jetzt anders?, fragte sie sich. Wurde ihr Urteilsvermögen letztendlich doch durch den posttraumatischen Stress beeinträchtigt? Oder fing sie an, ihre wertvollen emotionalen Kammern, die sie benutzte, um sich von ihren Gefühlen abzuschotten, als Hindernisse statt als Verbündete zu sehen und sich immer mehr auf ihr Bauchgefühl zu verlassen? Oder gab es tatsächlich eine unsichtbare Macht, sie die leitete?
    Oder war sie ganz einfach nur von diesem Fall besessen?
    Was immer es war, Nikki spürte, dass sie in eine bestimmte Richtung gezogen wurde, während sie in dieser Nacht am Broadway entlanglief und nach einem Zugang zur Vergangenheit suchte. Und die Vorsicht hatte ihre Stimme verloren. Aus diesem Grund ging sie einfach weiter, als sie die Stufen zur U-Bahn-Station an der Sechsundneunzigsten Straße hinunterstieg und feststellte, dass sie dort ganz allein war. Sie ging über den Bahnsteig immer weiter nach Süden, um herauszufinden, wie nah sie dadurch an die verlassene Haltestelle an der Einundneunzigsten Straße herankommen würde. Nikki umfasste das Geländer aus rostfreiem Stahl, lehnte sich über die Schienen und starrte in den Tunnel. Abgesehen von zwei roten Lichtern, sie ihr warnend entgegenleuchteten, war er dunkel. Sie konnte die Geisterstation nicht sehen, aber ihr Bahnsteig war vermutlich nur einen Block von dort entfernt, wo sie gerade stand. Sie lauschte, hörte kein Rumpeln und fragte sich, ob sie es zu Fuß bis dorthin schaffen könnte, bevor der nächste Zug kam.
    Und dann hörte Heat auf, sich das zu fragen, und sprang auf die Gleise.
    Sie blieb in der Mitte zwischen den beiden Hauptschienen und hielt gebührenden Abstand zum dritten Gleis ganz rechts, das die Züge mit tödlichen sechshundertfünfzig Volt versorgte. Das Umgebungslicht von der Haltestelle hinter ihr wurde mit jedem Schritt, den sie sich davon entfernte, schwächer, und schon bald befand sich Nikki in vollkommener Dunkelheit. Je weiter sie sich vom Bahnsteig entfernte, desto weniger Müll und zerbrochene Flaschen würden herumliegen, an denen sie sich verletzten konnte, aber sie musste trotzdem etwas sehen können. Besonders um auf Unebenheiten im Boden oder unerwartete Hindernisse achten zu können, über die sie sonst stolpern mochte. An diesem Ort sollte man besser nicht hinfallen oder – noch schlimmer – sich einen Knöchel brechen oder mit dem Fuß irgendwo stecken bleiben. Die Vorstellung jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Die Vernunft riet ihr, aufzugeben und umzukehren, den offiziellen Weg zu wählen und das Verkehrsunternehmen dazu zu bewegen, sie am nächsten Morgen zu dieser Geisterstation zu bringen. Doch der nächste Morgen schien Nikki Ewigkeiten entfernt zu sein. Sie zog ihr Handy aus der Tasche und schaltete die Taschenlampen-App ein. Sie lächelte, denn sie konnte fast hören, wie Rook einen klugscheißerischen Kommentar von sich gab. „U-Bahn-Höhlenforschung? Dafür gibt es eine App.“ Rook. Sie sollte ihn anrufen und ihm mitteilen, wo sie war. Aber damit würde sie noch warten, bis sie ihr Ziel erreicht hatte. Falls sie hier unten überhaupt Empfang hatte.
    Ihr Handy bot genug Licht, um ihr ein Weiterkommen zu ermöglichen, doch sobald sie es eingeschaltet hatte, hörte sie hinter sich auf dem Bahnsteig Stimmen. Schnell machte sie es wieder aus, presste sich gegen die Wand des Tunnels, lauschte und hoffte, dass nicht irgendein guter Samariter auf die Idee kommen würde, sein Leben zu riskieren, um sie zu retten.
    Nikki spürte einen Luftzug im Nacken und reckte den Hals, um nach oben zu schauen. Sie erwartete, ein Belüftungsgitter zu sehen, doch da war keins. Dann wurde ihr klar, dass die Bewegung an ihrem Nacken keine Luft, sondern Fell war. Sie fuhr sich mit der Hand über den Hals, und als sie die Ratte von sich wegschleuderte, spürte sie, dass sie ihre ganze Hand ausfüllte. Das Tier fiel zu Boden. Sie konnte es nicht sehen, hörte aber, wie es davonhuschte. Sie trat von der Wand weg, schaltete die Taschenlampen-App wieder ein und hastete weiter in Richtung Einundneunzigste Straße.
    Nikki bewegte sich so schnell, wie sie es unter den Umständen wagte, sprang über Pfützen und stieg über Bahnschwellen, die höher zu werden schienen, weil das Erdreich zwischen den

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