Richard Castle
Unterhose im dunklen Zimmer an ihrem Esstisch. Sein Gesicht war in das unheimliche mondblasse Licht des Laptopbildschirms getaucht.
„Auf meine eigene Weise tue ich das. Schriftstellerpornos.“ Er schaute zu ihr auf. Die zerstrubbelten abstehenden Haare ließen ihn nicht weniger verrückt wirken. „Was macht eine Google-Suche nur so verdammt befriedigend? Es ist ein bisschen wie verbotener Sex. Man fragt sich: Soll ich / Soll ich nicht? Aber man bekommt es einfach nicht mehr aus dem Kopf, also sagt man sich: Zum Teufel damit. Und ehe man sich versieht, ist man ganz verschwitzt und atmet vor Erregung schwer, während man genau das bekommt, was man braucht.“
„Hör mal, wenn du lieber allein wärst …“
Er drehte sein MacBook herum, damit sie die Ergebnisse seiner Suche sehen konnte. „Leonard Frick. Erinnerst du dich an den Cellotyp aus dem Video von deiner Mutter?“
„Auch bekannt als der Cellist.“
„Der in ihrem Kammertrio mit Nicole auch Klarinette spielte. Ein Multitalent.“ Rook deutete mit einem Daumen auf den Bildschirm. „Leonard Frick, Absolvent des New England Conservatory, ist momentan als erster Klarinettist beim Symphonieorchester von Queens beschäftigt.“
„Auch bekannt als die erste Klarinette.“
„Deswegen habe ich das Fagott aufgegeben. Zu viele Regeln.“ Er stand auf. „Dieser Kerl muss sowohl deine Mutter als auch Nicole besser als jeder andere gekannt haben. Wir müssen uns mit ihm treffen.“
„Jetzt?“
„Natürlich nicht. Ich muss mich erst anziehen.“
Sie drückte sich gegen ihn und streichelte mit beiden Händen über seinen Hintern, um ihn dann mit einem plötzlichen festen Ruck noch enger an sich zu pressen. „Jetzt?“
Er knotete ihren Morgenmantel auf und spürte die Wärme ihrer Haut an seiner Brust. „Ich denke, wir könnten wieder ins Bett gehen. Zumindest für eine Weile. Es würde immer noch genug Zeit bleiben, um ihn morgen auf unserem Weg zum Revier aufzusuchen.“
Um halb acht am nächsten Morgen warteten Heat und Rook am Fußgängerüberweg vor dem Starbucks in der Nähe ihrer Wohnung und hielten drei Kaffeebecher in den Händen: einen für jeden von ihnen und den dritten für den Fahrer von Rooks Fahrdienst, der auf der anderen Seite der Dreiundzwanzigsten Straße Ost am Kotflügel der schwarzen Limousine lehnte und auf sie wartete. Der Verkehr hielt inne, und die Ampel sprang um, aber als sie die Straße zur Hälfte überquert hatten, rief ihr Fahrer: „Achtung!“ Sie vernahmen das Dröhnen eines Motors und drehten sich herum, um den Kühlergrill eines rotbraunen Lieferwagens zu sehen, der nur wenige Meter von ihnen entfernt war und drohte, sie beide niederzumähen. Sie sprangen gerade noch rechtzeitig zurück, als der Wagen über die Kreuzung raste und weiterfuhr. Geschockt eilten sie über die Straße, solange die Ampel für die Autos noch rot war.
„Heilige Scheiße, ich hab mich zu Tode erschreckt. Sind Sie in Ordnung?“
Nikki bemerkte, dass sie sich ihren Latte über die Hose gekippt hatte, was für sie jedoch nicht weiter ungewöhnlich war. Sie machte sich mit einer Serviette an dem Fleck zu schaffen. „Was hat der Kerl gemacht“, fragte sie, „eine SMS geschrieben?“
„Nein, der muss betrunken oder high gewesen sein“, sagte der Fahrer. „Er hat Sie direkt angesehen.“ Nikki hörte auf, an dem Fleck herumzuwischen und ging einen Schritt Richtung Bürgersteig, um zu sehen, ob sie einen Blick auf das Nummernschild des Wagens erhaschen konnte. Doch er war schon längst weg.
„Bin ich ein Verdächtiger?“, fragte Leonard Frick. Der ehemals dürre Junge mit dem Frack und dem aufgeplusterten lockigen Haarschopf, war im Laufe der Jahrzehnte breiter geworden. Als er ihnen nun im Probenraum der Aaron-Copland-Schule für Musik am Queens College gegenübersaß, schätzte Heat ihn auf gut hundertzwanzig Kilo, und das einzige Haar an seinem Kopf bestand in einem silbergrauen Bärtchen, das von Grübchen eingerahmt wurde, die wie Klammern wirkten, wenn er lächelte.
„Nein, Sir“, erwiderte Nikki, „es geht uns lediglich um Hintergrundinformationen.“
„Sie haben sie nicht umgebracht, oder?“, fragte Rook.
„Natürlich nicht.“ Dann wandte er sich an Nikki. „Der ist doch kein Polizist, oder?“
„Was hat ihn verraten?“ Die Grübchen kamen wieder zum Vorschein, als Mr. Frick lachte. Er schien sich über ihre Gesellschaft zu freuen und erzählte ihnen, dass seine Musikkarriere seit den Siebzigern Höhen und Tiefen
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