Richard Castle
Asphalt der Park Avenue Süd. Machte sie einfach nur der Schlafmangel nervös, oder könnte das tatsächlich noch mal passieren? Solche Fragen beschäftigten einen, wenn man wusste, dass dort draußen jemand herumlief, der einen tot sehen wollte und auf die nächste Gelegenheit wartete. Was hatte sie mitten in der Nacht allein auf der Straße zu suchen? Heat vermisste das beruhigende Gewicht ihrer Waffe an ihrer Hüfte, nachdem Captain Irons sie ihr vorläufig abgenommen hatte. Ihre Ersatzwaffe, eine Beretta 950, lag in einer Schreibtischschublade in ihrer Wohnung und half ihr nicht weiter. Nikki beschleunigte ihre Schritte.
Ohne auf den Verkehr zu achten, überquerte sie die Zwanzigste Straße Ost. Sie hörte eindeutig Schritte, die sich an ihre anglichen, und als sie stehen blieb, taten die Schritte es ebenfalls. Sie wirbelte herum, aber der Bürgersteig war leer. Sie spielte mit dem Gedanken, den Teppich loszuwerden, aber da ihr Wohnhaus auf der andere Seite des Platzes bereits in Sicht war, verfiel Nikki in einen gleichmäßigen Laufschritt und eilte an dem schmiedeeisernen Zaun, der den Gramercy Park umgab, entlang Richtung Westen.
Sie rechnete mit einem möglichen Angriff aus dem Hinterhalt. Wenn dieser Kerl einen Komplizen hatte, der die Treppe zu ihrem Wohnhaus beobachtete, mochte sie direkt in eine Falle laufen. Plötzlich erschien ihr ein direkter Zweikampf als die bessere Alternative. Ihre Chancen dürften nicht schlecht stehen, vor allem wenn sie ihn überraschte, indem sie sich unvermittelt umdrehte. An der Ecke des Parks ging der Zaun nicht in einem scharfen Winkel ab, sondern beschrieb eine sanfte Biegung. Sobald Heat sie umrundet hatte, blieb sie stehen und ging in die Hocke.
In geduckter Haltung wartete sie und lauschte. Wie erwartet näherten sich die laufenden Schritte, verharrten aber gut zehn Meter entfernt. Ihre Sicht wurde von den Büschen des Parks blockiert, die sie beide verbargen, aber sie hörte angestrengtes Keuchen. Und das leise Räuspern eines Mannes. Sie stützte sich mit einer Hand auf der Steinplatte des Gehwegs ab, lehnte sich nach links und entdeckte sein verzerrtes Spiegelbild im Fenster des Restaurants auf der anderen Seite der Straße. Er war nur eine dunkle Gestalt im dämmrigen Licht des Parks, aber sie erkannte seinen Kapuzenpullover und die Baseballmütze. Sie verlor ihn aus den Augen, als er weiterlief und die Verfolgung wieder aufnahm. Heat machte sich bereit.
Er kam um die Ecke des Bürgersteigs getrabt. Im gleichen Moment schoss Nikki hoch, bereit, ihm die ein Meter lange Teppichrolle ins Gesicht zu schleudern. Dann erkannte sie, dass es sich bei ihrem Verfolger um Rook handelte.
Heat schaffte es gerade noch, ihren Schwung zu verlagern, und verfehlte ihn, doch er erschrak trotzdem und rief: „Hey, nein, nein!“ Er riss abwehrend die Arme hoch und verlor das Gleichgewicht. Er kippte nach vorn, taumelte, kämpfte verzweifelt gegen die Schwerkraft an und verlor. Mit einem lauten „Uff!“ landete Rook krachend auf den Schieferplatten, doch wenigstens gelang es ihm, sein Gesicht zu schützen, indem er seinen Unterarm zwischen es und den Bürgersteig brachte, während er fiel.
„Herrgott, Rook, was machst du hier?“
„Ich beschütze dich“, erklang seine gedämpfte Stimme, denn sein Mund war noch gegen seinen Ärmel gepresst. Er drehte sich um und setzte sich auf. Aus beiden Nasenlöchern tropfte Blut.
Als sie ihre Wohnung erreichten, sagte sie: „Bitte blute nicht auf den Fußboden, den habe ich gerade erst gereinigt.“
„Ich liebe dein Mitgefühl. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich komme schon klar.“
Sie setzte ihn auf einen Barhocker, schob ihm eine Schachtel Taschentücher hin und säuberte ihn mit den verbliebenen Reinigungstüchern, die Lauren Parry ihr am Abend zuvor gegeben hatte. Während sie das getrocknete Blut von seiner Oberlippe und Nase tupfte, sagte sie: „Rook, denk mal an das vergangene Jahr. Hast du immer noch nicht gelernt, dass du mich besser nicht heimlich verfolgen solltest?“
„Offensichtlich nicht. Aua.“
„Tut mir leid.“
„Und du hast offensichtlich noch nicht gelernt, dass es sich bei jemandem, der dich heimlich verfolgt, um die Kavallerie handeln könnte. Also um mich.“ Er nahm das Taschentuch von seinem Gesicht, um zu überprüfen, ob frisches Blut darauf war. Zufrieden warf er es in den Mülleimer. „Was stimmt nicht mit uns, Nikki? Warum können wir nicht einfach so sein wie in diesem Film von Woody Allen?
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