Richard Castle
Raley, der Mörder der Freude.“
„Haben Sie zwei nur angerufen, um Ihre morgendliche Comedyshow zu proben? Denn für so was habe ich wirklich keine Zeit.“
Ochoa wurde sofort ernst. „Wir rufen an, um Ihnen die Neuigkeiten über das Taxi mitzuteilen, auf das Sie geschossen haben, da wir davon ausgehen, dass wir Sie immer noch auf dem Laufenden halten dürfen. Passt es Ihnen gerade?“
„Klar, ich kaufe gerade nur einen neuen Teppich. Einen Läufer für meinen Eingangsbereich.“
„Hören Sie“, sagte Ochoa, „brauchen Sie Hilfe, um in Ihrer Wohnung sauberzumachen? Denn Raley hat so gut wie kein Leben.“ Beide lachten, und er fuhr fort. „Ernsthaft, wir können nach unserer Schicht vorbeikommen.“
„Danke, ehrlich. Aber ich habe den Rest meines Nachmittags bereits mit Wischen und Schrubben verbracht. Das geht schon in Ordnung. Was haben Sie?“
Die Kollegen von der Spurensicherung hatten soeben den vorläufigen Bericht eingereicht, und Roach wollten sie darüber informieren, dass sie auf eine Menge Fingerabdrücke gestoßen waren, die sie gerade durchs System laufen ließen. Um die Dinge zu beschleunigen, fuhr Feller mit einem tragbaren Identifikationsset zum Haus des Fahrers, damit seine Fingerabdrücke aussortiert werden konnten. Bezüglich der restlichen Fingerabdrücke klangen Roach nicht sehr hoffnungsvoll. „Ich schätze, die meisten werden von den Ersatzteilsammlern sein“, sagte Ochoa. „Mann, die sind über dieses Taxi hergefallen wie ein Schwarm Piranhas.“
„Sie haben sogar die Sicherheitskamera vom Armaturenbrett und die Festplatte mitgenommen, also gibt es auch kein Video von unserem Schützen.“
„Wie viel Blut war auf den Sitzen?“, fragte Heat hoffnungsvoll.
„Welche Sitze?“, erwiderte Raley.
„Er ist immer noch da draußen, Detective. Passen Sie auf sich auf.“
Als sie auflegte, hatte der Kassierer ihren Einkauf bereits abgerechnet, einen ein mal zwei Meter großen Teppich aus türkischer Wolle mit einem ähnlichen Farbmuster wie bei dem alten Exemplar, das sie dadurch ersetzen wollte. Nikki bezahlte, und er fragte: „Sollen wir ihn zu Ihnen nach Hause liefern? Wir schließen gleich, aber wir können den Teppich gleich morgen früh vorbeibringen.“
Sie lächelte und hievte die Rolle auf ihre Schulter. „Es sind nur drei Blocks.“
Es war zwanzig Uhr, und die Spuren des endenden Tages leuchteten im Westen am Himmel über der Dreiundzwanzigsten Straße auf. Die Schaufensterbeleuchtung eines Gebrauchtwarenladens sprang an, und sie blieb stehen, um eine Lampe zu bewundern. Sie beschloss, zurückzukommen, um sie sich genauer anzusehen, wenn der Laden am nächsten Morgen wieder aufmachte. Auf einmal bemerkte sie hinter sich eine Bewegung, die sich in dem polierten Messing des Lampenständers spiegelte. Nikki wirbelte herum.
Niemand zu sehen. Als sie sich wieder umwandte, stieß sie mit der Teppichrolle über ihrer Schulter beinahe einen vorbeigehenden Flugblattverteiler um, der einen Stapel Werbeblättchen für Herrenanzüge in der Hand hielt. Erleichtert darüber, dass sie dieser potenziellen Slapstickeinlage knapp entgangen war, bog Heat um die Ecke, um über die Lexington Avenue nach Hause zu gehen. Es mochte an Ochoas Warnung liegen, dass der Schütze noch auf freiem Fuß war oder vielleicht war auch nur ihre instinktive Wachsamkeit dafür verantwortlich, weil die Geschäfte nach und nach Wohnhäusern wichen, wodurch die Beleuchtung spärlicher wurde, dass Heat schließlich beschloss, sich ein Taxi zu rufen. Sie hob im Gehen ihre freie Hand, doch die einzigen beiden Taxis, die an ihr vorbeifuhren, waren besetzt, also gab sie ihr Vorhaben auf, nachdem sie die Zweiundzwanzigste Straße Ost passiert und somit nur noch zwei Blocks vor sich hatte.
Als sie die Einundzwanzigste Straße zu Hälfte hinter sich gebracht hatte, quietschten hinter ihr Reifen. Dem Geräusch folgte ein wütendes Hupen und die Stimme einer Frau: „Arschloch, bist du etwa farbenblind?“ Nikki drehte sich herum, um den Block hinaufzusehen, doch sie konnte nur die Rücklichter des Autos, das Richtung Westen fuhr, sowie das silbrige Schimmern des einen Kilometer entfernten Chrysler Buildings in Uptown ausmachen. Sie setzte ihren Weg fort, konnte jedoch das Video der vergangenen Nacht, das immer wieder in ihrem Kopf abgespielt wurde, nicht anhalten: die Schritte des Schützen in dem Kapuzenpullover, als er über das Dach lief; seine Schritte auf den Brettern des Gerüsts; seine Schritte auf dem
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