Richard Dübell
demnächst losheulen. »Und sie sagt mir ins Ohr: ›Ich brauch jetzt was Hartes, wenn du mit rauskommst, kannst du mich haben!‹, und sie schleckt mir mit ihrer Zunge voll die Ohrmuschel ab, Mann.« Seine Stimme überschlug sich. Er war hörbar mit den Nerven am Ende.
»Ja«, sagte Flora. »Und dann?«
»Ich hab euch das alles doch schon gesagt!«
»Nicht uns. Nur den anderen Bullen.«
Dominik machte ein Geräusch wie ein getretener Hund.
Peter begann, Mitleid mit ihm zu empfinden. Zerzaust, verwirrt und eingeschüchtert und mit seiner wunden Mundpartie sah Dominik Wiesner genauso jung aus, wie er war, und nicht wie der Möchtegern-Gangsta-Rapper, in dessen Pose er sich vermutlich sonst gefiel.
»Ich bin aufs Klo, um zu pi …« Dominik sah Flora flehentlich an, und auch sie schien Mitleid zu empfinden, denn sie sagte mit einem zuckenden Mundwinkel: »… Körperhygiene vorzunehmen.«
»Genau, Mann!«, sagte Dominik dankbar. »Körperkyjene!«
»Draußen trafen Sie auf Natalie Seitz …«
»Ja, Mann, sie war ums Eck gegangen, in den Kirchhof. Ich geh ihr also nach …«
»Woher wussten Sie, wo sie hingegangen war?«, fragte Harald.
»Weil alle in den Kirchhof gehen, wenn man mal …«
»… Körperhygiene betreiben will«, sagte Harald trocken.
»Wir machen so ’n bisschen rum, ja, und … Ich meine, muss ich euch denn das alles erzählen? Lest ihr keine Pornos, Mann?«
»Brauchen wir nicht, wir haben ja die Zeugenbefragungen«, sagte Harald.
»Scheiße, Mann, Scheiße … Also gut, wir machen rum, und da zieht sie mir die Hose runter und sich auch und bückt sich und hält sich an dem kleinen Geländer fest, das da hochgeht, und wackelt mit’m Hintern und macht die Beine breit und sagt: ›Steck ihn mir rein!‹, und ich steck ihn ihr rein, und wir fangen an, und sie is schon nass wie ’n Putzeimer und so weit wie ’n Scheunentor, und ich denk mir, Scheiße, die Alte hat’s aber nötig, und ich rammel wie verrückt, und sie stöhnt los wie die letzte Schlampe …« Die Worte überschlugen sich, als Dominik Wiesner versuchte, die peinliche Beschreibung so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Peter fühlte sich versucht zu bemerken, dass diese Detailtiefe nicht nötig gewesen wäre, aber er hielt den Mund, weil der junge Mann plötzlich abbrach und sie alle der Reihe nach hilflos anstarrte.
»Was?«, fragte Flora.
»Da tippt mir der Kerl auf die Schulter und sagt, ich soll Leine ziehen«, erklärte Dominik und wirkte, als könne er es immer noch nicht fassen.
»Was war dann?«
»Also, ich denk mir, Scheiße, Mann, ich bin noch an der Reihe, und ich sag … äh … sag: ›Entschuldigen Sie bitte, aber …‹«
Flora spähte in das Protokoll, das auf ihren Knien lag. »Sie sagten: ›He, Mann, verpiss dich ums Eck und hol dir einen runter, weil gevögelt wird heute nur vom Meister, und der Meister bin ich.‹«
Robert prustete los.
Dominik ließ den Kopf hängen. »Das haben die beim Protokollschreiben falsch verstanden«, murmelte er.
»Und danach?«
»Hat er mich aufgemischt, Mann!«, jaulte Dominik.
»Wie sah der Angreifer aus?«
»Woher soll ich das wissen, ich hab doch gleich so in die Fresse gekriegt!«
»Aber Natalie Seitz ist nichts geschehen?«
»Das habt ihr doch selber gesehen! Ich dachte, das Schwein macht da weiter, wo ich aufgehört hab, aber er sagte nur was zu ihr, und sie sagte auch was, dann fing sie zu flennen an, aber was genau war, weiß ich nich’, weil ich schon das Paketband in der Visage hatte …«
»Gut gemacht«, sagte Flora. »Die Polizei dankt für Ihre Unterstützung.«
»Äh …?«
Flora stand auf. Peter war einen Augenblick eher aufgestanden. Harald und Robert blickten verwirrt, dann erhoben sie sich auch. Flora und Peter wechselten einen Seitenblick.
»Das war’s, Herr Wiesner«, sagte Peter und klopfte dem jungen Mann beim Hinausgehen auf die Schulter. »Schönen Tag noch.«
»Bin ich immer noch verhaftet?«, fragte Dominik.
»Wie hätten Sie’s denn gern?«
»Nicht verhaftet!«
»Richtige Antwort. Tut mir leid für die Zerstörungen …«
»Nichts, was ich mit Moltofill und Holzleim nicht wieder hinkriege«, sagte Dominik und bewies damit sowohl rudimentäre Größe als auch beispiellose Selbstüberschätzung.
Als sie draußen ins Auto stiegen, fragte Harald: »Und was hat das jetzt gebracht?«
Flora wandte sich an Peter. Dieser nickte. Flora erwiderte: »Er sagte, der Angreifer und Natalie Seitz hätten kurz
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