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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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»Hähähä, an mir verdient ihr nicht viel. Ich bin Selbstversorger.«
    »Vorbildlich«, sagte Peter. »Und Ihre Nachbarn?« Er beschloss einen Schuss ins Blaue. »Die Familie Seitzinger?«
    »Nur Seitz«, sagte der Mann. »Ohne -inger.«
    Peter holte sein Notizbuch heraus und spähte hinein. »Stimmt! Und ich dachte schon, die Kollegen im Callcenter hätten uns einen falschen Namen gegeben.«
    »Seitz mit tezett«, erklärte der hilfreiche Nachbar. »Worum geht’s denn?«
    »Wir dürfen Ihnen das ja eigentlich nicht sagen, aber es geht um den Innovationswettbewerb.«
    »Um was?«
    Peter improvisierte weiter. »Es geht um die effektivsten Stromsparmaßnahmen, die man als Haushalt leisten kann.«
    Der Nachbar blickte zu seinen Solarpaneelen. »Ja, mal wieder typisch«, sagte er, »da hätte ich auch gerne mitgemacht.«
    »Oh, da konnte man sich nicht bewerben«, sagte Flora. »Die Kandidaten wurden aufgrund interner Auswertungen festgelegt.«
    »Bin ich da auch mit ausgesucht worden?«
    »Bedaure«, sagte Flora und strahlte den Mann an. »Laut unseren Unterlagen ist die Familie Seitz in dieser Straße der einzige Kandidat.«
    »So«, sagte der Mann. »Weil, ich habe nämlich die neueste Technik eingebaut. Keine Kosten gescheut. Da hat aber jemand einen Fehler gemacht bei Ihrer internen Auswertung.«
    »Ich kann Ihnen ja verraten, dass die Familie Seitz den zweiten Preis gewonnen hat«, sagte Peter, der die menschliche Natur gut genug kannte, um zu wissen, einen zweiten Platz bekam man von seiner Umgebung eher verziehen als einen ersten.
    »Ja, also – die sind im Urlaub«, verriet der Nachbar. »Ist ja Sommer. Die fahren immer zu so einem Bauernhof nach Italien.«
    »Die ganze Familie?«
    »Nein, nur Albert und Isolde. Die Natalie fährt schon lange nicht mehr mit. Die wohnt ja auch nicht mehr hier.«
    Bingo , dachte Peter. Eines war klar: Natalie Seitz hatte die Polizisten bei der Protokollaufnahme angelogen. Sie hatte die Adresse ihres Elternhauses angegeben. Und da sie sich vermutlich unter ihrer eigentlichen Adresse niemals angemeldet hatte, widersprachen die Daten im Polizeicomputer ihren Angaben nicht. Über Kreditkarten- und sonstige Rechnungsdaten hätte man ihre wahre Adresse innerhalb von Minuten heraussuchen können, aber weder er noch Flora hatten daran gedacht, als sie losgefahren waren. Und die Kollegen heute Morgen hatten Natalies Angaben sicherlich für bare Münze genommen – alles in allem war es in der Regel der Täter, der log, nicht das Opfer.
    Das vermeintliche Opfer, dachte Peter. Mittlerweile hatte er den Verdacht, dass der Überfall alles andere als ein Zufall gewesen war.
    »Das Problem«, sagte Peter, »ist, dass der Gewinn auf den Drittplatzierten übergeht, wenn wir den Zweitplatzierten nicht binnen kürzester Zeit erreichen können. Wenn die Seitz in Urlaub sind, könnten wir ja mit der Tochter sprechen. Kennen Sie ihre Adresse?«
    Der Mann holte Atem, dann stutzte er plötzlich. »Ich hab Ihre Dienstausweise noch gar nicht gesehen.«
    Eine Sekunde lang herrschte Schweigen, dann sagte Peter: »Wir haben keine Dienstausweise. Wir sind ja nicht von der Polizei. Aber Sie können mir Ihre letzte Stromrechnung mitgeben, dann lasse ich die mal von der Buchhaltung prüfen, ob wir Ihnen nicht aus Versehen zu viel berechnet haben.«
    Der Mann strahlte. »Das is ’n Wort!«, rief er. »Bin gleich wieder da!« Er schlappte eifrig zurück ins Haus.
    »Hoffentlich musst du sie ihm nicht auch noch erklären«, sagte Flora.
    »Kennst du jemanden, dem seine Stromrechnung so erklärt wurde, dass er sie nachher verstanden hätte?«, fragte Peter.
    Der Nachbar kam nach kurzer Zeit wieder aus dem Haus, in der Hand mindestens ein halbes Dutzend Rechnungen. In seiner Eile strebte er über die Kiesflächen, statt den gepflasterten Weg außen herum zu nehmen. Die scharfkantigen Steinchen flogen durch die Luft. Der Mann fluchte und hinkte, als sie in seine Schlappen gerieten.
    »Hier«, sagte er und reichte Peter die Dokumente, »vielleicht stimmt in den Vorjahresrechnungen auch was nicht.« Dann zog er noch eine Visitenkarte hervor. »Natalies Freund hat mir die gegeben, als er mal hier war.«
    Die Visitenkarte war geschmacklos und billig gemacht – ein Automatenprodukt, was im Zeitalter des billigen Drucks über Internetanbieter von einer gewissen Ahnungslosigkeit sprach. Oder die Karten waren vor langer Zeit angefertigt worden, und es hatte weniger Gelegenheiten als erhofft gegeben, sie zu verteilen. Ein

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