Richard Dübell
Diesmal war es Bruce Springsteen: »I’m On Fire«. »Wen interessieren deine persönlichen Anliegen, du aufgeblasener Hornochse?«, stieß Peter hervor. Stefan Naldonus brachte das iPad hastig in Sicherheit.
»Was war das denn?«, fragte Connor.
»Ein verdammter Idiot, der förmlich dazu eingeladen hat …«, begann Peter.
Floras Stimme kam vom Eingang der Taverne her: »… die Pressekonferenz zu überfallen.«
Peter drehte sich um. Flora zuckte mit den Schultern. Sie und Peter starrten sich an. »Ich hab die letzten paar Sätze mitbekommen.« Sie gestikulierte in Richtung Peter. »Ich hab versucht, bei dir zurückzurufen.«
»Hier gibt’s doch keinen Empfang außer Stefans WLAN «, sagte Peter, als ob sie das nicht ebenso gut wüsste wie er. Sie starrten sich weiterhin an.
»Er versucht, Blofeld eine Falle zu stellen, oder?«, fragte Flora.
Peter nickte. »Denkst du, er weiß, was er tut?«, fragte er.
Flora schüttelte den Kopf. Dann nickte sie. Dann schüttelte sie ihn wieder. »Ich hab Harald damals nicht verstanden und verstehe ihn heute noch weniger.«
Peter zückte sein Handy und machte sich auf den Weg zum Taverneneingang. »Ich ruf ihn an und zieh ihn durchs Telefon!«
»Peter, es ist nicht unser Fall!«, sagte Flora. »Wenn er sich die nötige Rückendeckung geholt hat, kannst du nichts unternehmen.«
»Die Ausstellung und alles, was damit zu tun hat, mag Haralds Fall sein«, sagte Peter langsam. »Aber es gibt einen Aspekt, der ganz allein unser Fall ist.«
Flora musterte ihn so lange, dass Peter unwillkürlich an sich herabsah, ob irgendetwas an seiner Kleidung nicht stimmte. »Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Tristan Heigl vor zehn Jahren und der Selbstmord seiner Frau«, sagte sie schließlich.
»Genau«, erklärte Peter, der versuchte, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. »Woher weißt du davon?«
»Die ganze Zeit über in dem Haus und danach klopfte eine Erinnerung bei mir an«, sagte Flora. »Aber erst vorhin ist mir eingefallen, was es war. Der Fall ist eine Weile durch die Landshuter Presse gezerrt worden. Und du? Du warst damals noch gar nicht hier.«
Peter gestikulierte zu den anderen. »Radio Tresen«, sagte er. »Bist du deshalb gekommen?«
Flora nickte. »Deswegen und wegen deiner Anrufe. Zu Hause bei dir hab ich schon geklingelt. Das hier war die nächste mögliche Adresse.« Sie lächelte.
Peter erwiderte ihr Lächeln. »Was ist dein Plan?«, fragte er dann.
»Im Archiv nachsehen, ob sich irgendeine Verbindung zum aktuellen Fall findet. Was hattest du vor?«
»Dich im Archiv nachsehen lassen, ob sich irgendeine Verbindung findet.«
Flora sagte: »Haha! Du wirst nachsehen, während ich in deinem Büro die Füße auf den Tisch lege und darauf warte, dass du mir außerdem einen frischen Kaffee machst.«
»Muss Liebe schön sein«, bemerkte Connor.
Peter und Flora fuhren gleichzeitig zu ihm herum. »Was?«
»Ich sagte Scotland Forever .«
Peter machte eine Verbeugung zur Tür hin. »Nach dir«, sagte er zu Flora.
Er folgte ihr aus der Taverne. Im Hinausgehen hörte er noch, wie Connor ihm nachrief: »Ich zahl dein Radler mit, wenn’s dir nichts ausmacht!«
37 .
»Weißt du, wann genau der Selbstmord war?«, fragte Peter. Er stand hinter seinem Bürostuhl und sah Flora über die Schulter, die die Datenbank aufrief und die Schlagworte Selbstmord, Suizid, Achdorf und Heigl eingab. In der Polizeiinspektion herrschte im Vergleich zur Aufregung am Vormittag eine geradezu kirchliche Ruhe. Es war Freitagabend, das Wetter war herrlich, und jeder der Beamten hatte genügend Überstunden, um ausnahmsweise einmal früher nach Hause zu gehen. Peter hatte die Bürotür offen gelassen; er hörte den Widerhall ihrer Stimmen im Gang. Nur die für den Schichtdienst eingeteilten Kollegen vom Kriminaldauerdienst KDD arbeiteten still in ihren Büros; zwei von ihnen hatten sich in den Innenhof neben dem Springbrunnen ins Gras gesetzt und rauchten und genossen die Kühle des abendlich beschatteten Hofs.
»Das wird uns die Kiste gleich verraten«, sagte Flora und lehnte sich zurück.
»Wenn es doch länger als zehn Jahre her ist, werden die Akten vernichtet sein.«
»Verflucht!«, sagte Flora. »Daran hab ich nicht mehr gedacht. Hoffentlich …«
Genau ein Eintrag wurde aufgezeigt. Sie lasen die Daten gemeinsam. »Hannelore Heigl, geboren 1945 , Todestag 1 . August 2001 . Ziemlich genau elf Jahre«, meinte Flora. »Wenn wir Glück haben, ist der Ordner
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