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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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wieder. Ich denke aber, Tristan Heigls Ausfälle sind auch deshalb nicht mehr in der Presse gewesen, weil dies das Jahr von Nine-Eleven war – und danach war alles andere nicht mehr interessant.«
    Connor seufzte: »Was für ein schlimmes Datum.«
    »Ich denke, Heigls Aktionen hörten auf, weil seine Frau sich umgebracht hat«, bemerkte Daniel leise in die Betroffenheit, die sich über die Taverne gesenkt hatte. »Sie hat wohl die Schande nicht verwunden, dass gegen ihren Mann ermittelt wurde, und seine Sturheit, mit der er die ganze Familienexistenz gefährdete.«
    Es wurde still in der ansonsten leeren Taverne. Stefan Naldonus hatte ungefragt drei weitere dunkle Radler gezapft und auf den Tresen gestellt, und die Männer und Doreen tranken nachdenklich. Irgendwie hing noch Connors flapsige Bemerkung im Raum, dass Tristan Heigl ein Verrückter gewesen sei. Jetzt schien sie seltsam roh und unpassend. Schließlich ging Stefan Naldonus nach hinten in die Küche.
    »Ich hab das heute schon weniger detailliert von einem Kollegen gehört«, sagte Peter.
    »Kann sein, dass ich nicht alles richtig wiedergegeben habe, ich habe euch erzählt, was ich an Klatsch gehört habe während meiner Arbeit an den Luthertagen.«
    »Und du, Pa – hast du Heigl gekannt?«
    »Nicht persönlich, und bei dem, was ich von ihm weiß, habe ich auch nicht den Eindruck, dass mir da was entgangen wäre.«
    Erneut hatte Peter das Gefühl, dass sein Vater ihm auswich. Während er überlegte, ob er nachhaken sollte, ertönte plötzlich Stefans Stimme aus der Küche: »O Mann – das darf doch nicht wahr sein!«
    »Was ist?«, rief Connor. »Sind dir die Krummen Krapfen runtergefallen?«
    Stefan Naldonus kam kopfschüttelnd wieder in den Gastraum, sein iPad in der Hand. Der Wirt der Mittelaltertaverne war ein ebenso glühender Verfechter der modernsten Kommunikationsmittel wie Sabrina Hauskeck. »Radio Trausnitz hat wieder ein paar Landshuter auf der Straße dazu befragt, was sie im Moment am meisten ärgert«, sagte Naldonus mit breitem Grinsen. »Den müsst ihr euch anhören!« Er schob einen elektronischen Regler einen Fingerbreit nach links, und der Live Feed des Radiosenders wurde unterbrochen, um die vergangenen Minuten wiederzugeben.
    »… immer bloß für die Großkopferten«, vernahmen sie eine Männerstimme in so breitem Bayerisch, dass selbst Peter und Daniel Bernward aufhorchten. Es war außerdem unschwer zu erkennen, dass der Sprecher an großem Durst gelitten hatte, bevor das Radioteam ihn gestellt hatte. Den Hintergrundgeräuschen nach zu schließen, war dies in einem Biergarten geschehen. »Das ist eine Frechheit. Und uns Kleinen wird gesagt, es ist verboten!«
    »Haben Sie das selbst gesehen?«, fragte der Interviewer.
    »Es geht um den Martinsturm«, erklärte Stefan hastig. »Der Typ behauptet, dass man ihn wieder betreten darf, wenn man nur genügend Beziehungen vorweisen kann.«
    »Wenn sich der Stiftspropst von etwas nicht beeindrucken lässt, dann sind das Beziehungen«, sagte Peter.
    Der Interviewte im Radio gab währenddessen zu, dass seine Informationen aus zweiter Hand stammten. »Mein Schwager«, sagte er.
    »Ihr Schwager hat das Licht oben im Türmerkämmerchen gesehen?«, hakte der Reporter nach.
    »Genau«, bestätigte der Biergartenbesucher. »Und wenn da Licht ist mitten in der Nacht, dann muss jemand oben sein, ja? Oder die Falken haben das Licht angelassen. Hehehehe!«
    »Also, Ihr Schwager sagt, er habe Licht im Türmerkämmerchen des Martinsturms gesehen, und Sie glauben daher, dass es für privilegierte Personen Turmbesichtigungen gibt, obwohl es offiziell verboten ist, den Turm zu betreten, und seit ein paar Jahren kein Besucher mehr oben war«, fasste der Reporter zusammen.
    »Großkopferte«, sagte der Interviewte düster.
    »Hat Ihr Schwager das Licht mehrmals gesehen?«
    »Der schaut doch nicht die ganze Zeit den Turm an!«, platzte der Interviewte heraus. »Nur ab und zu.«
    »Jetzt kommt’s gleich …« Naldonus grinste und stellte die Lautstärke höher.
    »Weshalb beobachtet Ihr Schwager den Turm?«, fragte der Reporter, der offensichtlich fühlte, dass er hier den Fang seines Lebens gemacht hatte.
    »Mein Schwager«, dozierte der Interviewte, und Peter konnte sich förmlich vorstellen, wie er aufmerksamkeitheischend den Finger hob, »ist Oraltheologe.«
    Naldonus platzte fast vor Lachen.
    »Oraltheologe?«, fragte der Reporter.
    »Er schaut Vögel an«, erklärte der Interviewte.
    »Ornithologe?«,

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