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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Jugendlichen, die Sharks Pool als eine Art kultischen Freizeitort benutzt hatten, nicht nur einer eingehenden Befragung unterzog, sondern ihnen auch ein Stillschweigen ob der Geschehnisse und der Tatsache heimischer Haie abverlangte. Eindrücklich abverlangte. Denn es gab nun mal Dinge, über die in der Öffentlichkeit beim besten Willen nicht diskutiert werden konnte. Schon gar nicht darüber, daß einige hohe Beamte von der Existenz des Sees gewußt hatten, allerdings erst nach Errichtung aller drei Blöcke zu dieser unerfreulichen Kenntnis gelangt waren. Wobei sie weniger aus Berechnung, denn in Folge ihrer Hilflosigkeit geschwiegen hatten. Ein solcher See war nicht einfach wegzuzaubern. Noch eignete er sich, politisch verantwortet zu werden. Dann eher kirchlich, wenn man den Umstand romanischer Baukunst bedachte. Aber wer wollte die katholische Kirche ausgerechnet wegen ihrer Baukunst anklagen?
    Von diesen paar Beamten, einigen wenigen Mietern wie den Barwicks und der Gruppe der Jugendlichen jedoch abgesehen, war das unterirdische Gewässer eine Terra incognita geblieben. Und das, obwohl tatsächlich ein beinahe achtzigjähriger Dokumentarfilmer aus der Reihe des Werk-Stadt-Teams eine automatische Übertragungskamera installiert hatte, die in schönster Ordnung an der Stromversorgung der Wohnhaustürme gehangen war.
    Der See, die Haie, das romanische Gewölbe und sämtliche Umtriebe waren somit – wenn auch bloß schemenhaft – öffentlich gewesen. Öffentlich, aber unbeachtet. Was erneut beweist, wie gering die Bedeutung des Realen ist, wenn selbiges ins Internet gestellt wird, um dort als nie geschautes Bild zu verkümmern.
    Bezeichnenderweise war ja auch Sternbach keineswegs über die Livecam auf Sharks Pool gestoßen, sondern über Tobias Oborin, der wiederum von Hans Barwick auf diesen sagenhaften Umstand hingewiesen worden war. Oborin und Sternbach, bis zuletzt Tauchfreunde, hatten beschlossen gehabt, der Sache auf die Spur zu gehen, vor allem der Frage nach den Haien, deren Existenz zu diesem Zeitpunkt wohl eher ein Gerücht gewesen war.
    Es gab nun keinen Grund, an der Aussage Sternbachs zu zweifeln, daß er auf Grund der Wem-sonst-als-Dir-Geschichte zwar auf Rache aus gewesen war, jedoch über keinen genauen Plan verfügt habe. Und schon gar nicht in der Lage gewesen sei, die Möglichkeiten eines Haiangriffs vorauszusehen.
    Vielmehr schien es, als wären Oborin und Sternbach während ihres Tauchganges in höchste Bedrängnis geraten, und Sternbachs ganze Teufelei hatte darin bestanden, seinen sogenannten Freund im Stich gelassen zu haben. Jedenfalls war Sternbach unverletzt entkommen und hatte anschließend die von einem Hai verstümmelte Leiche Oborins aus dem Wasser gezogen. Beim Anblick des übel zugerichteten Körpers war ihm wohl die Idee gekommen, diesem Unfall den Anstrich eines durchdachten Verbrechens zu verleihen. Und also etwas Dramatisches und Skurriles zu tun. Weshalb er den Leichnam bis auf die Badehose entkleidet, in einen der vielen herumliegenden Müllsäcke gestopft und mit dem Lift an den entgegengesetzten Endpunkt des Schauplatzes verfrachtet hatte. From Sharks Pool to Our Pool.
    Offenkundig war Sternbach von seiner Inszenierung – dieser Erhöhung des Todes in etwas ungleich Schillernderes – derart beeindruckt gewesen, daß er sich entschlossen hatte, auch seinen eigenen Tod so rasch als möglich in dem unterirdischen Gewässer stattfinden zu lassen. Nun aber im Rahmen genauer Regieanweisungen, für deren Umsetzung er den Bestatter Barwick in Kenntnis setzte.
    Natürlich war Sternbach bereits längere Zeit mit Barwick in Kontakt gestanden und der Selbstmord eine längst beschlossene Sache gewesen. Sternbachs Lebensüberdruß bestand vermutlich seit dem Tag, da er Oborins Buch aufgeschlagen und seiner für originär gehaltenen Widmung ansichtig geworden war.
    Was soll man tun? Manche Menschen sind Mimosen. 2
    Unglücklicherweise war Sternbach nicht mehr dazu gekommen, seinen Plan zu verwirklichen, obgleich er sich alles andere als Zeit gelassen hatte und gleich am Tage nach Oborins Tod darangegangen war, sein eigenes Ende in Auftrag zu geben. Doch ein Scheitern hatte sich angekündigt, als überraschenderweise die Polizisten Boehm und Jordan in seinem Zimmer aufgetaucht waren.
    Es war ihm durchaus zuwider gewesen, die beiden ausschalten zu müssen. Ganz abgesehen von deren komplizierter Verwahrung. Spätestens aber mit dem Auftritt Lukastiks in Rolands Teich hatte sich Sternbach

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