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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Charakter.
    Eine weitere Frage drängte sich für Lukastik auf, als man, aus der Hecke steigend, Selma Beduzzi gegenübertrat, die sich ihren Cowboyhut schräg über den Kopf hielt, so daß ein hellgrauer Schatten ihr Gesicht zu dreiviertel verdeckte.
    »Sie haben behauptet«, wandte sich Lukastik an die Tankstellenpächterin, »keinen von meinen Kollegen letzte Nacht gesehen zu haben. Das ist aber kaum möglich. Die beiden waren bei Sternbach.«
    Bevor Beduzzi eine Antwort geben konnte, erklärte Jordan, die Frau nie gesehen zu haben. Es sei ein kleiner, älterer Mann gewesen, bei dem er sich nach Sternbach erkundigt hatte. Der Mann habe kein Wort gesagt, nicht einmal genickt, ihn und Boehm jedoch unverzüglich zu Sternbachs Zimmer geführt. Danach sei er ebenso unverzüglich wieder fortgegangen.
    »Mein Mann«, konstatierte Selma Beduzzi. »Er macht keine großen Worte. Er macht überhaupt keine Worte.« Und an Lukastik gerichtet: »Ich konnte Ihre Leute nicht sehen. Sie wissen ja selbst, daß vom Eingang her der Weg zu den Zimmern außen an der Bar vorbeiführt. Und nicht mitten durch die Bar, versteht sich.«
    »Und Ihr Mann hat Ihnen nichts erzählt?«
    »Ich sagte doch schon  …«
    »Aber der Wagen meiner Leute«, fiel Lukastik ihr ins Wort, wobei ihm erstaunlicherweise nicht einmal bewußt wurde, daß er ja selbst darauf verzichtet hatte, sich nach Jordans Gefährt umzuschauen. Ganz abgesehen davon, daß er nicht die geringste Kenntnis besaß, welchen Wagen das »Ehepaar« für diese Fahrt eigentlich ausgewählt hatte. Das waren genau die Punkte, in denen er eine unglaubliche Ignoranz an den Tag legte.
    Selma Beduzzi erklärte, daß es nicht ihre Art sei, fremde Autos vor dem Haus zu kontrollieren. Immer wieder würden auch Pilzsucher an dieser Stelle parken. Das gehe in Ordnung. Es kümmere sie nicht.
    »Eine wunderbare Pilzgegend«, meinte Jordan, wobei in seinen Augen eine Begeisterung lag, die Lukastik neu war an seinem Assistenten.
    Lukastik persönlich hielt Pilze für einen sichtbaren Ausdruck des Mystischen, fremd und merkwürdig und eigentlich überflüssig, dabei nicht unschön, dennoch ein wenig grausig, gleich fleischigen Zwergen. Vielleicht Kot von Außerirdischen. Daß manche Leute diesen Kot sammelten und aßen, empfand Lukastik wiederum als pervers.
    Er griff nach seinem Handy und erreichte einen der Mitarbeiter, die sich bereits in Oborins Wohnung versammelt hatten. Im Hintergrund waren die bedeutenden Geräusche polizeilicher Betriebsamkeit zu vernehmen.
    Lukastik gab nun Bescheid, daß ein paar verfügbare Leute sich auf den Weg machen sollten, um sowohl die Sicherung von Spuren in Sternbachs Hotelzimmer als auch im nahegelegenen Bunker vorzunehmen. Von Selma Beduzzi assistiert, beschrieb er den Weg. Nachdem dies geschehen war, wollte er rasch auflegen, doch gemäß seiner Befürchtung war bereits Major Albrich an den Hörer gelangt und wollte wissen, von welchen zwei verschwundenen oder nie eingetroffenen Beamten hier eigentlich dauernd die Rede sei. Prunner habe ihn darauf angesprochen, und er stehe nun wie ein Trottel da.
    Lukastik gab Jordan und Boehm ein Zeichen, entfernte sich außer Hörweite und beschrieb seinem Vorgesetzten in Worten von großer Sparsamkeit, wie sich alles ergeben habe und daß Jordan und Boehm vollkommen unversehrt seien. Er erwähnte jetzt auch – als spreche er von einer Sache, deren Sinn sich nur einem Menschen von großer Intelligenz eröffne –, daß sich die Freundin des Toten in Begleitung Sternbachs befinde. Und daß dieser Umstand auf seine, Lukastiks, Entscheidung zurückgehe. Nämlich auf die Entscheidung, Esther Kosáry aus dem Schußfeld der Ermittlungen zu lösen und sie nach Ungarn bringen zu lassen.
    Der Major schien weder über besagte Intelligenz zu verfügen noch verfügen zu wollen. Nach einem Moment der Sprachlosigkeit, die er wohl genutzt hatte, sich seinerseits aus dem Hörbereich der Zwettler Polizisten zu begeben, fragte er nach, ob Lukastik den Verstand verloren habe. Was sei das für ein verrückter Einfall, eine Zeugin ins Ausland zu expedieren und dafür auch noch den Hauptverdächtigen zu engagieren.
    »Da wußte ich noch nicht, daß Sternbach der Mann ist, den wir suchen«, sagte Lukastik. Geradezu frech meinte er obendrein, seine Entscheidung dennoch für eine richtige zu halten. »Sternbach wird dem Mädchen nichts tun. Er ist kein Idiot, er weiß, daß ein solcher Mord ihn nicht weiterbringen würde. Der Mann ist nicht

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