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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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verklebten Mundes festgestellt hatte, dennoch in der Lage gewesen war, mit den Fingerspitzen einer Hand das Handy in seiner Hosentasche zu erreichen, nach oben zu ziehen und jene drei Tasten zu drücken, die es ermöglichten, einen Kontakt zu Lukastik herzustellen, welcher trotz aller Aversion auf der Liste gespeicherter Nummern an erster Stelle stand. In etwa wie man die verhaßte Schwiegermutter in die vorderste Reihe einer Motorsportveranstaltung stellt.
    Jordan hatte natürlich gar nicht wissen können, ob die Verbindung zustande gekommen war und Lukastik abgenommen hatte. Auch war ja bloß die Musik aus dem Rekorder zu hören gewesen, während Sternbach nachdenklich und mit schwermütigem Blick neben dem Tisch gesessen hatte, ohne etwas von sich zu geben, das einem eventuell gerade lauschenden Lukastik einen Hinweis auf die fatale Situation seiner beiden Mitarbeiter geliefert hätte.
    »Ich weiß nicht«, fuhr Jordan fort, »wie der Scheißkerl es trotz der lauten Musik hat bemerken können. Jedenfalls ist er plötzlich aufgesprungen und wie ein Pfeil auf mich zugeschossen, hat mir in die Tasche gegriffen, den Apparat herausgerissen und mir damit auf die Brust geschlagen. Ich hätte ihm gerne gesagt, daß ich ihm das Handy auch so schenke. Aber ich hatte ja noch immer den Mund verklebt. Wenigstens hat er dann aufgehört, mich zu traktieren, um das Handy auf den Boden zu knallen und ein paar Mal draufzusteigen. Man hätte meinen können, er zertrete einen Giftschlange oder einen Giftzwerg. Danach hat er das Handy aufgehoben und erstaunlich ruhig und gelassen überprüft, ob es denn auch so richtig schön kaputt gegangen ist. Dann hat er mich und Boehm angesehen, als überlege er, uns zu töten. Vielleicht hätte er es später auch getan, wäre er noch dazugekommen. Haben Sie ihn denn?«
    »Leider nein«, antwortete Lukastik, »mir ist zu spät klar geworden, was es mit dem Mann auf sich hat. Ich hätte mir seine Ohren genauer ansehen müssen. Nun, da kann man nichts machen. Aber die Fahndung ist draußen. Alles eine Frage der Zeit. Und wenn wir Sternbach dann haben, brauchen wir nicht zu befürchten, daß irgendein gewitzter Anwalt ihn gleich wieder herausholt. Allein wegen dieser Sache hier wird er uns nicht so schnell abhanden kommen. Polizisten fesseln kommt nicht gut.«
    »Was ist mit einem Motiv? Was ist mit dem Opfer?« fragte Boehm und bewies ihren Hang fürs Praktische und Konkrete. Als Spurensucherin klebte sie geradezu an der Materie, am Greifbaren und Beweisbaren.
    »Das Opfer ist bekannt«, sagte Lukastik, »ein gewisser Tobias Oborin, ein Graphologe, aber auch ein Taucher. Er war mit Sternbach befreundet, hat sich zumindest von ihm die Haare schneiden lassen. Sternbach ist der Figaro vor Ort, ein Meister in der Provinz. Aber der eigentliche Bezug ergibt sich offenkundig aus der Taucherei. Welche Rolle dabei der Hai spielt, bleibt leider ein großes Fragezeichen.«
    »Ich würde gerne ein wenig frische Luft atmen«, erinnerte Jordan daran, wo man sich eigentlich befand.
    »Dagegen ist nichts zu sagen«, meinte Lukastik, obgleich er die Abgeschiedenheit dieses Bunkerraums beinahe genoß. Trotz aller Stickigkeit.
    Er drückte nun eine der Tasten des Rekorders, woraufhin das Kassettendeck mit der typischen Wucht der Siebziger Jahre und einem quasi psychedelischen Kling-Klang aufsprang. Lukastik griff in das Fach, zog die Kassette heraus, betrachtete Vorder- und Rückseite, welche beide unbeschriftet waren, und steckte das Band in eine Tasche seines Sakkos.
    Edda Boehm litt Qualen angesichts dieser völlig unprofessionellen Behandlung eines Beweisstücks. Aber sie schwieg. Schließlich waren ihr Lukastiks Methoden nicht fremd. Und die Unverfrorenheit, mit der er selbige durchsetzte.
    »Also! Wir können«, sagte Lukastik.
    Die drei stiegen den kleinen Gang hinauf, traten ins Freie und krümmten sich durch das dornenreiche Gewölbe, das im Niederschlag durchfallenden Lichts zu knistern schien. Als befinde man sich mitten in einem Umspannwerk, umgeben von elektrischem Strom.
    Lukastik stellte sich die Frage, ob Sternbach alleine gewesen war, als er den Transport der beiden betäubten Kriminalisten an diesen Ort bewerkstelligt hatte. Das konnte keine Kleinigkeit gewesen sein. Allerdings mutete der Friseur wie jemand an, der die Dinge lieber ohne fremde Hilfe in den Griff bekam. Er besaß – wie alle Künstler, wenn man Friseure denn als solche ansah – ein autistisches Gehabe. Einen alchemistischen

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