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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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vornherein abschmetternd: »Im Grunde stehen wir ausgezeichnet da. Wir wissen, wer der Tote ist, und wir wissen, nach wem wir suchen müssen.«
    »Ja schon«, sagte der Major, unangenehm berührt vom kräftigen Händedruck des anderen, »wenn wir aber diese  … diese Ungarin  …«
    »Gehen wir raus hier«, schlug Lukastik vor und wechselte mit dem Major in den leeren Flur. Dann erklärte er: »Sie heißt Esther Kosáry.«
    »Wenn wir diese Frau hoffentlich lebend finden«, sagte der Major, »dann wird sie überall herumerzählen, wer so freundlich war, sie zusammen mit einem Tatverdächtigen nach Hause zu schicken. Können Sie sich eigentlich vorstellen, was die Presse dazu sagen wird?«
    »Ich halte Frau Kosáry für eine vernünftige Person, die nicht so dumm sein wird, sich mit der Journaille einzulassen.«
    »Vielleicht aber mit einem Anwalt.«
    »Ich werde das alles in Ordnung bringen«, sagte Lukastik. Es klang nicht, als hätte er den leisesten Zweifel an der Erfüllbarkeit seines Versprechens.
    Der Major seufzte und nahm wieder jenen Faden auf, der sich zwischen seinem und Lukastiks Handy gebildet hatte.
    Und letzteres war es auch, welches jetzt markant klingelte. Der Chefinspektor zog das Handy aus der Tasche und drehte sich ein Stück von seinem Vorgesetzten weg. Als er die Stimme der anrufenden Person hörte, hob er seine Brauen an und grinste. »Wir sprachen gerade von Ihnen. Wo sind Sie? Ist Sternbach bei Ihnen?«
    »Nein«, erklärte Esther Kosáry am anderen Ende der Leitung. »Ihr lieber Freund hat mich einfach ausgesetzt.«
    »Also mein lieber Freund ist er nicht unbedingt«, sagte Lukastik, während er dem herbeigesprungenen Major mittels eines Zeichens bestätigte, tatsächlich Esther Kosáry am Telephon zu haben. Unversehrt, wie es schien.
    Auch wurde der Begriff »ausgesetzt« schnell relativiert, indem Kosáry schilderte, daß Sternbach sie eine viertel Stunde zuvor am Rande einer kleinen Ortschaft aus dem Wagen entlassen habe. Und zwar an einem durchaus belebten Rand, da nicht unweit von der Stelle ein Fußballplatz lag, in dessen Bereich soeben eine Festveranstaltung über die Bühne ging.
    »Ist er handgreiflich geworden?« fragte Lukastik.
    »Das nicht. Er hat angehalten, zur Tür hinübergelangt, sie aufgerissen und gemeint, ich solle aussteigen. Es wäre für uns beide weniger gefährlich, sich hier zu trennen. Nicht, daß er mir das erklärt hat. Auch wollte ich ja gar nicht aussteigen. Warum denn auch? Aber dann hat er so ein komisches Gesicht gemacht und auf eine sehr komische Weise bitte! gesagt  … eine ziemlich irre Weise, fand ich. Das hat mich dann doch überzeugt. Und jetzt stehe ich also hier und muß mich angaffen lassen.«
    »Wieso angaffen? Wo sind Sie?«
    »In einem Wirtshaus neben dem Fußballplatz. Da stehen ein paar Typen rum, Sie wissen schon, sympathische Dorfjugend.«
    »Die werden Sie schon nicht auffressen«, sagte Lukastik.
    »Meinen Sie? Von Ihnen stammt ja auch die Idee, mich von einem Verrückten nach Ungarn bringen zu lassen.«
    »Wie heißt das Kaff, wo Sie jetzt sind?«
    Esther Kosáry nannte einen von diesen Ortsnamen, die eigentlich wie Karikaturen auf das Ländliche klingen, wie erfunden, sprechend, nestroyisch. Jedenfalls lag das Dorf oder Städtchen auf halber Strecke zwischen Zwettl und Wien, vielleicht genau dort, wo jene zuvor erwähnte Grenze zwischen dem Denkbaren und dem Undenkbaren verlief. Was dann also bedeutet hätte, daß diese Ansiedlung weder Teil des einen noch des anderen war, sondern einen Raum des Unentschiedenen wie des Ununterscheidbaren bildete.
    Vielleicht aber konnte man einen solchen Ort, um ihn nicht gleich magisch zu nennen, mit dem Zentrum eines Hurrikans vergleichen, jener unbeteiligten Mitte. Einem Auge, aber blind.
    Was Lukastik nun aber verwunderte, war die Aussage, daß Sternbach bis vor einer viertel Stunde, als er nämlich Kosáry aus dem Wagen geekelt hatte, nicht weiter als bis zu dieser Ortschaft gekommen war, welche zu erreichen man bei flotter Fahrweise keine vierzig Minuten benötigte. Weshalb er Kosáry fragte, ob sie und Sternbach auf direktem Wege dorthin gelangt seien.
    »Der Weg war der direkte, glaube ich«, sagte Kosáry. »Aber bald nachdem wir die Tankstelle verlassen hatten, haben wir auch schon wieder angehalten, um ein Frühstück zu nehmen.«
    »Ein Frühstück!?« Lukastik meinte sich verhört zu haben.
    »Sternbach hat darauf bestanden«, schilderte Kosáry. »Er hat behauptet, Sie hätten ihm

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