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Richard Wagner - Werk, Leben, Zeit

Richard Wagner - Werk, Leben, Zeit

Titel: Richard Wagner - Werk, Leben, Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Borchmeyer
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Widerstand seines Kabinetts. Andernfalls wäre Weimar Wagners Bayreuth geworden, wie Bayreuth später Wagners Weimar werden sollte.
    Liszt hat freilich spätestens 1860 sein Wirken in Weimar als gescheitert angesehen. In seinem Testament vom 14. September des Jahres schreibt er: »Zu einer bestimmten Zeit […] hatte ich für Weimar eine neue Kunstperiode erträumt, ähnlich der von Carl August, wo Wagner und ich die Führer gewesen wären, wie einst Goethe und Schiller. Die Engherzigkeit, um nicht zu sagen der schmutzige Geist gewisser örtlicher Verhältnisse, alle Arten von Mißgunst und Dummheit von draußen wie drinnen haben die Verwirklichung dieses Traumes zunichte gemacht …«. Liszt beendete seine Weimarer Kapellmeistertätigkeit im Jahre 1861, doch nach acht Jahren in Rom kehrte er 1869 nach Weimar zurück und lebte hier mit regelmäßigen Unterbrechungen bis kurz vor seinem Tode 1886. Der Anziehungskraft der Goethestadt konnte er sich nicht entziehen, und er wollte es immer noch für möglich halten, dass Wagner hier sein ›Nibelungentheater‹ errichten könnte.
    Der Weimarer Aufenthalt des steckbrieflich gesuchten Wagner in der zweiten Maihälfte 1849 konnte nicht unbemerkt bleiben und von Dauer sein. Mit Unterstützung Liszts, der ihn mit einem Vorschuss auf zukünftige Lohengrin -Einnahmen ausstattet, und einem falschen Pass begibt er sich auf die Reise in die Schweiz. Am 28. Mai tri ff t er in Zürich ein. Liszt hat sein Versprechen, sich zeitlebens für das Werk Wagners einzusetzen, auf beispielhafte Weise gehalten. Das geschah durch die Aufführung seiner Opern, durch seine Schriften über Wagner, zumal die französisch geschriebene zweiteilige Abhandlung Lohengrin et Tannhaüser (1851), welche man als die Initialzündung der französischen, ja der internationalen musikalischen wie literarischen Wagner-Rezeption ansehen darf – auch Baudelaires Tannhäuser- Essay von 1861 hätte ohne sie kaum geschrieben werden können – und als ›Multiplikator‹ schlechthin, auch und vor allem durch seine Klaviertranskriptionen; sie haben zur Bekanntheit und Popularität von Wagners Musikdramen seinerzeit erheblich beigetragen, war doch Liszt der ›Weltstar‹, Wagner hingegen der lange nur Eingeweihten bekannte Tonsetzer aus deutscher Provinz. (Im Hause Wagner wusste man das später freilich wenig zu schätzen, weil Liszt eben auch Bellini, Donizetti, Meyerbeer oder Verdi für Klavier transkribierte.)
    Unermüdlich hat Liszt Wagner im Exil durch Rat und – zumal fi nanzielle – Tat unterstützt, wobei die Langmut des großzügigen Freundes von Wagner nicht selten unzumutbar ausgebeutet wurde. Die häu fi gen persönlichen Begegnungen, Gespräche, gemeinsamen Wanderungen und Reisen sowie die umfangreiche Korrespondenz zwischen den beiden Künstlerfreunden runden das Bild einer unvergleichlichen, wenn auch ungleichgewichtigen Allianz ab, denn der selbstlos Gebende war so gut wie immer Liszt, der selbstbezogen Nehmende Wagner. Dieser hat freilich in einer Rede nach der ersten Aufführung des Ring in Bayreuth 1876 an Liszt gerühmt, dass er bereits zu einem Zeitpunkt an ihn geglaubt habe, »als noch keiner etwas von mir wußte, und ohne den Sie heute vielleicht keine Note von mir gehört haben würden«. Und schon im Liszt-Porträt der Mittheilung an meine Freunde resümiert Wagner: »Als ich zum Schweifen in die Ferne verwiesen wurde [ins Exil], zog sich der Weitumhergeschweifte an einen kleinen Ort [Weimar] dauernd zurück, um diesen mir zur Heimath zu scha ff en. Überall und immer sorgend für mich, stets schnell und entscheidend helfend, wo Hilfe nöthig war, mit weitgeö ff netem Herzen für jeden meiner Wünsche, mit hingebenster Liebe für mein ganzes Wesen, – ward Liszt mir Das, was ich nie zuvor gefunden hatte, und zwar in einem Maaße, dessen Fülle wir nur daraus begreifen, wenn es in seiner vollen Ausdehnung uns wirklich umschließt.« (GS IV, 340)
    Liszts Kompositionen aus seiner Weimarer Periode haben Wagners Orchestersprache und Harmonik vielfach inspiriert. Das gilt besonders für die symphonischen Dichtungen, die er bei Liszts Besuch in Zürich im Herbst 1856 genauer kennengelernt hat und über die er 1857 einen o ff enen Brief Über Franz Liszt’s symphonische Dichtungen (GS V, 182–198) schreibt. Freilich hat er auch seine Skepsis zumal gegenüber den fi nalen Apotheosen von Liszts großen Orchesterwerken nicht verleugnet und kritisiert, dass er den auf den Schluss der Walküre

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