Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Richter

Richter

Titel: Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Ciancarlo de u Lucarelli Andrea u Cataldo Cammilleri
Vom Netzwerk:
eine Weile so da, dann wandte sie sich zu Sanna um und bedachte ihn mit jenem entschlossenen Blick, dem man einfach gehorchen musste.
    »Nein«, sagte sie.
    »Was nein?«
    »Wir schaffen ihn nicht einfach irgendwie weg.«
    »Hören Sie, wir können ja wohl schlecht die Polizei rufen ...«
    »Können die Ricciutis Autos stehlen?«
    »Wie?«
    »Ich weiß nicht, indem sie ein Fenster einschlagen, das Schloss knacken oder so. Können sie Autos stehlen?«
    »Ja, natürlich ... Natürlich!«
    »Also stehlt ein Auto, packt Allegretti in den Kofferraum und zündet das Ganze an.«
    Sanna stand mit offenem Mund da, derart überrascht, dass er nicht einmal nach dem Portemonnaie griff, das Valentina ihm zuwarf. Es prallte von seiner Brust ab und fiel zu Boden, geöffnet, sodass Allegrettis Dienstausweis zu sehen war.
    »Und sorgt dafür, dass das hier so weit lesbar bleibt und gefunden werden kann.«Dann geschah alles innerhalb von drei Tagen.
    Am ersten Tag wurde der Wagen mit Allegrettis verkohlter Leiche entdeckt. Die Ricciutis hatten ihn etwas außerhalb abgestellt, aber innerhalb des Stadtgebietes von Bologna, sodass man sowohl die Polizei als auch die Carabinieri rufen konnte, erst die einen, dann die anderen. Wie von Valentina vorhergesehen, entbrannte sofort ein Zuständigkeitsstreit, durch den rasch bekannt wurde, dass der Carabiniere Allegretti gar kein richtiger Carabiniere war.
    Sie war sicher, dass sein Tod die Konflikte zwischen den verschiedenen Diensten weiter anheizen würde und in den Zeitungen mit Sicherheit allerlei verschlüsselte Botschaften mit gegenseitigen Anschuldigungen, Friedensangeboten und Kriegserklärungen gedruckt würden, doch sie war nicht imstande, so etwas zwischen den Zeilen zu lesen, und versuchte es auch gar nicht erst.
    Trotzdem gehörte der zweite Tag der Presse. Sanna machte auf ihren Wunsch hin eine Runde durch verschiedene Papierläden und kopierte die aus dem Büro des Buchhalters geraubten Akten, dann wurden sie an sämtliche Zeitungen versandt, die ihr in den Sinn kamen, begleitet von einem anonymen Brief, in dem auf die Verbindungen zwischen einer gewissen Firma und den Geheimdiensten hingewiesen wurde, wodurch die Presse die Unterlagen mit Allegrettis Tod in Verbindung bringen konnte.
    Am dritten Tag gab der Anwalt von Valentinas Freund ein ätzendes Interview, das von allen Fernsehsendern ausgestrahlt wurde und in dem er beklagte, dass seinMandant wegen Mordversuchs aus Leidenschaft verfolgt wurde, während doch offensichtlich sei, dass man auf Valentina geschossen hatte, weil sie bei ihren Ermittlungen den kriminellen Machenschaften von Teilen der Geheimdienste auf die Spur gekommen war.
    Am selben Tag meldete sich der Buchhalter über einen unabhängigen Journalisten aus Spanien mit der Mitteilung zu Wort, er könne sich vorstellen zurückzukommen. Wahrscheinlich war das die Folge des Drucks, den eine Dienststelle auf eine andere ausgeübt hatte, doch aus Valentinas Sicht trug es zu dem Eindruck bei, die Situation könne nunmehr so weit geklärt sein, dass es für sie Zeit war, wieder auf der Bildfläche zu erscheinen.
    Und so ließ sie sich am vierten Tag von Sanna einen Pullover und ein Paar Ballerinas kaufen, dann ging sie los zur nächsten Polizeistation und feierte Auferstehung.
    Sie kannte seinen Namen nicht, hatte ihn nie danach gefragt, und als sie ihn aus einiger Entfernung von hinten sah, unter den Arkaden der Via Indipendenza, konnte sie nichts anderes rufen als: »He!« Und dann: »Dottore!«
    Sanna drehte sich um. Valentina breitete die Arme aus, bedeutete den beiden Polizisten in Zivil, die sie begleiteten, sie sollten Abstand halten, und rannte auf ihn zu, während er dachte: »Verflucht, sie sieht wirklich aus wie ein kleines Mädchen.« Sie trug nicht mehr den Pullover, denn es war gerade August geworden, und es herrschte große Hitze, aber sie hatte sich die Haareschneiden lassen und sah aus, als ob sie keine zwanzig wäre.
    »Sehen Sie«, sagte sie zu ihm, »ich habe mein Versprechen gehalten und bin keine Kriminelle geworden.«
    Der Polizei hatte sie erzählt, sie habe bis zu dem Moment, in dem ihr die Flucht gelungen war, unter starken Beruhigungsmitteln gestanden und wisse nicht, wem sie entkommen sei und von wo. Sie hatte keinerlei verwertbare Hinweise gegeben, und es hatte ihr auch niemand den Kopf in die Toilette gedrückt, um sie zum Reden zu bringen.
    »Aber erwarten Sie keine Vorzugsbehandlung, falls wir uns wieder begegnen sollten, beruflich, meine

Weitere Kostenlose Bücher