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Richter

Richter

Titel: Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Ciancarlo de u Lucarelli Andrea u Cataldo Cammilleri
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Dienstausweis wie Allegretti.
    Unvermittelt prasselte ein Regen von Gegenständen neben Valentina auf den Kies, und etwas Hartes landete auf ihrem Kopf, brennend wie ein Schnitt. Eine Zehn-Lire-Münze, sie sah sie über die Stufe kullern, neben einem Schlüsselbund. Dann ertönte von oben ein rauherSchrei, etwas zwischen Blöken und Röcheln. Sie sprang auf, den Kopf zwischen die Schultern gezogen, erst dann blickte sie hoch und sah Allegretti aus dem Fenster hängen, kopfüber, die Arme ausgebreitet wie am Kreuz, und darüber die beiden Ricciutis, die ihn an den Beinen festhielten.
    Rasch ging sie wieder ins Haus, so erschüttert, dass sie den Schmerz in der Seite nicht bemerkte. Unter der Tür blieb sie stehen, perplex, und wagte nicht den Kopf hinauszustrecken, um hinaufzublicken.
    Ja, was dachte sie sich bei alldem? Was auch immer Allegretti unter diesen Umständen erzählte, sie würde es nie verwenden können, mehr noch, bei der bloßen Erwähnung würde sie selbst im Gefängnis landen. Vielleicht bekam sie von ihm aber doch die eine oder andere Information, einen Hinweis zu einem Schlüssel, um die Daten zu deuten, die Namen von ein paar korrupten Beamten, irgendwas, das sie mit ins Amt nehmen konnte, das ihr Vorgehen rechtfertigte und dafür sorgte, dass ihre Ermittlung nicht ignoriert würde. Aber nein, nichts dergleichen.
    Eines aber musste sie sofort tun. Diese Folter beenden. Sie zum Aufhören bewegen, und zwar jetzt gleich.
    Gerade wollte sie hinaustreten, da ließ ein herabstürzender Schatten sie auf der Schwelle innehalten, einen Sekundenbruchteil, bevor Allegretti mit einem dumpfen Geräusch vor ihr auf den Stufen aufprallte, gefolgt von seinem in der Mitte zerrissenen Gürtel und einem Fluch von Sanna.»Noch einmal.«
    »Wie, noch einmal? Ich hab’s doch schon zweimal erzählt!«
    »Dann erzählen Sie es eben noch einmal. Ich will alles wissen, was er gesagt hat.«
    Sanna seufzte.
    »Also, er hat gesagt, es herrscht Krieg und wir haben keine Ahnung, in was für einen Haufen Scheiße wir reingeraten sind.«
    »Hat er es genau so gesagt, ›es herrscht Krieg und ihr habt keine Ahnung, in was für einen Haufen Scheiße ihr reingeraten seid‹?«
    »Nein, erst Haufen Scheiße und dann Krieg. ›Ihr seid mitten in einem Krieg‹, so hat er es gesagt.«
    »Und wann? Kopfunter?«
    »Nein, auf dem Klo, zwischen zweimal Wasserschlucken.«
    Valentina unterdrückte ein Schaudern.
    »Bitte noch einmal ganz von vorn.«
    Sanna seufzte wieder. Ein Verhör wie dieses hatte er nicht einmal über sich ergehen lassen müssen, als sie ihn festgenommen hatten. Doch nach dem, was passiert war, musste er sich ihr beugen. Die Ricciutis hatten vorgeschlagen, auch die Richterin aus dem Fenster zu werfen und dann abzuhauen, aber das wollte er nicht. »Wir lassen die Bambina machen«, hatte er gesagt, genau das, »die Bambina« hatte er gesagt, und die beiden hatten schweigend genickt. Auch, weil er inzwischen die Pistole mit dem Schalldämpfer an sich genommen hatte und sie nicht mehr aus der Hand legte.
    Also schilderte er zum dritten Male, wie sie Allegretti im Erdgeschoss ins Klo geschleift und die Ricciutis ihm den Kopf in die Toilettenschüssel gedrückt hatten, fast eine Minute lang, ohne Erfolg. Also noch einmal rein, eineinhalb Minuten, er hatte gespuckt und gehustet, aber immer noch nichts gesagt. Also wieder rein, fast zwei Minuten lang – Sanna hatte sogar zweimal die Spülung betätigt –, und als sie ihn hochzogen, japste er: »Ihr habt ja keine Ahnung, in was für einen Haufen Scheiße ihr da gegriffen habt.« Sanna antwortete: »Wenn hier einer in der Scheiße sitzt, dann du«, und darauf sagte Allegretti: »Wir sind mitten in einem Krieg.« Da sie dachten, jetzt sei er hinreichend weichgeklopft, brachten sie ihn zurück in den Behandlungsraum.
    Diesen Teil hatte Valentina dann selbst miterlebt. Allegretti auf dem Fußboden kniend, hustend, das nasse Haar in Strähnen bis auf die Hakennase herunterhängend. Sie wie auf einem Thron im Sessel, stocksteif und die Hände flach auf den Armlehnen, um doch möglichst wie ein Richter beim Verhör zu wirken, trotz Sannas Hemd, seiner Hose mit den aufgekrempelten Beinen und dem umgeschlagenen Bund und den Schuhen, die sie trug wie Espadrilles. Wenigstens saß sie nicht im Schlafanzug da.
    »Wissen Sie wirklich nicht, was draußen los ist? Keine Ahnung, was da läuft?«
    »Mit meinen Ermittlungen?«
    »Aber nein. Das ist Routine. Es kommt immer mal vor, dass ein

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